Osteoporose
Etwa jede vierte Frau und jeder fünfte Mann jenseits des 50. Lebensjahres weisen eine Osteoporose auf. Das ist das Ergebnis einer retrospektiven Analyse von Daten der Techniker Krankenkasse. Der Knochenschwund, so die Krankheitsbezeichnung im Volksmund, geht mit einem deutlich erhöhten Frakturrisiko einher mit allen damit verbundenen Folgen wie Schmerzen, Arbeitsunfähigkeit sowie eingeschränkter Mobilität und verminderter Lebensqualität.
Ursache des erhöhten Frakturrisikos sind ein verstärkter Knochenabbau und eine nicht zuletzt dadurch bedingte veränderte Knochenarchitektur. Auffällig sind vor allem eine Verminderung der Knochenbälkchen in der Spongiosa und eine dünnere Kortikalis als beim Gesunden. Definiert ist die Osteoporose als „systemische Skeletterkrankung, die durch eine niedrige Knochenmasse und mikroarchitektonische Verschlechterung des Knochengewebes charakterisiert ist und mit einem konsekutiven Anstieg der Knochenfragilität und der Neigung zu Frakturen einhergeht“.
Unter- und Fehlversorgung
Obwohl die pathogenetischen Zusammenhänge klar sind, Risikogruppen gut zu definieren sind und trotz einer Reihe guter therapeutischer Möglichkeiten, gibt es hinsichtlich der Diagnostik und Therapie noch erhebliche Defizite: Denn es besteht eine deutliche Unter- und auch Fehlversorgung. Auch dies belegen Krankenkassendaten, die lediglich bei 20 Prozent der Osteoporose-patienten eine auf die Erkrankung bezogene Arzneimittel-Verordnung ausweisen. Nach Angaben des Bundesverbands für Osteoporose (BfO) wird derzeit nur bei jedem zweiten Erkrankten tatsächlich die Diagnose Osteoporose gestellt.
Auch in den Leitlinien des Dachverbands Osteologie (DVO) wird hervorgehoben, dass die Versorgung von Risikopatienten und ganz besonders von Menschen im höheren Lebensalter mit bereits einer initialen Fraktur unzureichend ist.
Häufigkeit von Frakturen und Osteoporose
Die Zahl der Menschen hierzulande, die an einer behandlungsbedürftigen Osteoporose leiden, wird auf etwa sieben bis acht Millionen geschätzt, die durch die Therapie bedingten Kosten auf rund fünf Milliarden Euro jährlich. Der Hauptanteil der hohen Krankheitskosten entfällt auf die Behandlung der durch die Osteoporose verursachten Frakturen.
Den Betroffenen drohen in erster Linie Wirbelkörperbrüche sowie Oberschenkelhalsfrakturen. Die Inzidenz vertebraler Frakturen, die in aller Regel bei Alltagstätigkeiten auftreten, wird für Deutschland auf ein Prozent der Frauen und 0,6 Prozent der Männer im Alter von 50 bis 79 Jahren geschätzt. Die Rate nichtvertebraler, meist sturzbedingter Frakturen liegt in dieser Altersgruppe bei 1,9 Prozent bei den Frauen und 0,7 Prozent bei den Männern. Das Risiko nimmt mit dem Lebensalter exponentiell zu.
Allein die Zahl der hüftgelenknahen Knochenbrüche aufgrund einer Osteoporose wird in Deutschland auf insgesamt rund 130 000 pro Jahr geschätzt. Jeder dritte Patient ist der Statistik zufolge anschließend nicht mehr dazu in der Lage, selbstständig zu Hause zu leben. Und jeder fünfte Patient verstirbt innerhalb eines Jahres nach der Fraktur.
Risikofaktoren
Ein deutlich erhöhtes Risiko für die Entwicklung einer Osteoporose besteht bei Frauen in der Postmenopause und generell bei Menschen jenseits des 60. Lebensjahres. Als Risikofaktor gut dokumentiert ist ferner eine längerfristige oder wiederholte Kortisonbehandlung, was das erhöhte Osteoporoserisiko beispielsweise bei Patienten mit rheumatoider Arthritis oder chronisch entzündlichen Darmerkrankungen, die häufig Kortikoide erhalten, erklärt. Es gibt weitere Medikamente, die das Osteoporoserisiko steigern. Dazu gehört eine Langzeittherapie mit Heparinen sowie mit Vitamin-K-Antagonisten, mit Schilddrüsenhormonen und mit Wirkstoffen, die die Magensäurebildung blockieren. Weitere Risikofaktoren sind eine hohe familiäre Belastung, Untergewicht und Rauchen.
Risikofaktoren für Frakturen bei manifester Osteoporose sind eine erhöhte Sturzgefährdung sowie Knochenbrüche in der Anamnese. Das Frakturrisiko wird dabei wesentlich durch das Lebensalter bestimmt. Es verdoppelt sich laut DVO bei Männern und Frauen mit jeder Lebensdekade – und das unabhängig von der Knochendichte. Eine manifeste Osteoporose erhöht die Gefahr für Wirbelkörperfrakturen und auch für Knochenbrüche in anderen Körperbereichen erheblich.
Auch das Geschlecht spielt offensichtlich eine Rolle. So sind laut einer Mitteilung des DVO Frauen insgesamt gefährdeter als Männer, sich Knochen zu brechen. Bei vergleichbarem Lebensalter und vergleichbarer Knochendichte haben Frauen ein etwa zweifach höheres Risiko für das Auftreten einer osteoporotischen Fraktur. Das Frakturrisiko nimmt außerdem kontinuierlich mit der Zahl und dem Schweregrad von bereits abgelaufenen Wirbelkörperfrakturen zu. Mit anderen Worten: Wer bereits einen Wirbelkörperbruch erlitten hat, trägt ein überproportional hohes Risiko für weitere osteoporotisch bedingte Knochenbrüche. Das gilt auch für vertebrale Frakturen, die im Nachhinein bei einer radiologischen Untersuchung als Zufallsbefund diagnostiziert werden.
Folgen der Erkrankung
Die Osteoporose allein verursacht keine Beschwerden. Das ändert sich, wenn als Komplikation ein Knochenbruch auftritt. Dann kommt es zum Teil zu massiven, nicht selten opiatpflichtigen akuten wie auch chronischen Schmerzen, zur Arbeitsunfähigkeit, zu einer erhöhten Mortalität und auch zu einer erheblichen Minderung der Lebensqualität. Das erhöhte Mortalitätsrisiko wie auch die eingeschränkte Lebensqualität sind im ersten Jahr nach dem Ereignis am stärksten ausgeprägt. Zudem besteht ein erhöhtes kardiovaskuläres Risiko, wobei die Ursachen hierfür bislang noch unklar sind.
Diagnostik
Die Diagnose einer Osteoporose basiert auf der Anamnese, der Erhebung von Risikofaktoren, den klinischen Befunden sowie auf einer Knochendichtemessung (Osteodensitometrie) mittels der Dual-X-Ray-Absorptiometrie (DXA-Methode) an der Lendenwirbelsäule und an der Hüfte. Bei dem Verfahren werden niedrig dosierte Röntgenstrahlen eingesetzt, und es wird bestimmt, wie sie den Knochen durchdringen. Die ermittelte Intensität wird mit dem festgesetzten Standard – den charakteristischen Werten eines knochengesunden 30-Jährigen – verglichen.
Von einer pathologischen Knochendichte ist nach Definition der Weltgesundheitsorganisation auszugehen bei einem T-Wert (Standardabweichung) der Untersuchung von – 2,5 und darunter.
Zur Diagnostik gehören ferner Laboruntersuchungen vor allem zur Erfassung einer sekundären Osteoporose oder fassbarer Risikofaktoren wie beispielsweise einem auffällig niedrigen Vitamin-D-Spiegel. Auch sollen andere mögliche Osteopathien differenzialdiagnostisch abgeklärt werden.
Nicht generell erforderlich zur Diagnosestellung sind bildgebende Verfahren wie eine Computer- oder Kernspintomografie. Entsprechende Untersuchungen können dennoch sinnvoll sein, zum Beispiel, um bereits abgelaufene Frakturen zu erfassen.
Indikationen zum Screening
Nach den Empfehlungen des DVO sollte aufgrund des hohen Frakturrisikos generell eine Osteoporose abgeklärt werden:
• bei Frauen ab 70 Jahren
• bei Männern ab 80 Jahren
• bei Frauen und Männern, bei denen es in alltäglichen Situationen bereits zu einem Knochenbruch gekommen ist
• bei einem Body-Mass-Index unter 20
• bei Nikotinkonsum
• bei familiärer Belastung
• bei mehr als zwei Stürzen ohne äußeren Anlass in einem Jahr
• bei einer eingeschränkten Gehfähigkeit (unter 100 m) oder bei Immobilität
Zu einer entsprechenden Untersuchung rät die DVO in ihren Leitlinien außerdem bei Erwachsenen jedweden Alters, bei denen länger als drei Monate eine hoch dosierte Kortisonbehandlung erfolgte oder bei denen eine Überfunktion der Nebenschilddrüsen besteht.
Bei Frauen ab 50 und bei Männern ab 60 Jahren ist eine gezielte Untersuchung demnach angezeigt, wenn eine niedrig-dosierte Kortisonbehandlung erfolgte oder wenn ein Wachstumshormonmangel besteht.
Bei Frauen ab 60 und bei Männern ab 70 Jahren ist die Untersuchung indiziert nach einer weitgehenden oder kompletten Entfernung des Magens, bei manifester Epilepsie, bei rheumatoider Arthritis, bei einem Typ-1-Diabetes, bei einer Hyperthyreose, bei einem Mammakarzinom und Behandlung mit Aromatasehemmern, bei einem Prostatakarzinom und bei antihormoneller Therapie sowie bei der Einnahme sturz- begünstigender Medikamente wie Schlafmittel und Antidepressiva.
Lebenslange Prophylaxe
Unabhängig von der Behandlung der ma-nifesten Osteoporose und ihrer Komplikationen ist selbstverständlich eine am besten lebenslange Osteoporoseprophylaxe ratsam.
Empfehlenswert ist, so die DVO-Leitlinien, regelmäßige körperliche Aktivität zur Stärkung der Muskelkraft und Förderung der Koordination. Eine Immobilisation sollte möglichst vermieden werden, und auf das Rauchen sollte auch im Hinblick auf die Knochengesundheit verzichtet werden. Sind Medikamente, die den Knochen beeinträchtigen (wie Kortikoide) indiziert, sollten diese nur möglichst kurz und in möglichst niedriger Dosierung verabreicht werden.
Da Untergewicht ein starker Risikofaktor für osteoporotische Frakturen darstellt, sind entsprechend der Empfehlungen in den Leitlinien unklares Untergewicht und bei älteren Patienten auch eine unklare Gewichtsabnahme entsprechend abzuklären. Ferner sollte für eine ausreichende kalorische Ernährung gesorgt werden, um die Muskelmasse zu erhalten.
Kalzium- und Vitamin-D- Versorgung
Eine zentrale Rolle bei der Osteoporose spielt die Kalziumversorgung. Ausreichend ist laut DVA die Aufnahme von etwa 1 000 mg Kalzium mit der Nahrung. Besonders kalziumreich sind übrigens Milch- und Milchprodukte, aber auch Gemüse wie Brokkoli, Fenchel und Lauch und entsprechend kalziumhaltige Mineralwässer.
Wird eine ausreichende Kalziumaufnahme mit der Nahrung nicht gewährleistet, sollte eine Supplementierung erfolgen, die jedoch auf 1 500 mg Kalzium (Nahrungskalzium plus Supplementierung) pro Tag zu begrenzen ist. Darüber hinaus gibt es keinen dokumentierten Nutzen, allerdings Hinweise auf ein erhöhtes kardiovaskuläres Risiko bei Patienten mit Niereninsuffizienz.
Ein zweites Problem im Hinblick auf die Osteoporose ist der weit verbreitete Vitamin-D-Mangel. Eine ausreichende Vitamin-D-Versorgung ist jedoch wichtig, damit Kalzium in den Knochen eingebaut werden kann. Dem Vitamin-D-Mangel lässt sich am besten durch regelmäßige Aufenthalte im Freien entgegenwirken. Denn die Vitamin-D- Bildung in der Haut wird durch Sonnenlicht induziert, wobei eine rund 30-minütige Lichtexposition von Gesicht und Armen ausreichend ist. Die Frage, wann und in welcher Höhe bei welchen Vitamin-D-Spiegeln eine Supplementierung angezeigt ist, wird derzeit kontrovers diskutiert. In diese Diskus-sionen geht zudem nicht nur der Effekt von Vitamin D auf die Knochen ein. Vielmehr spielt Vitamin D auch in anderen Bereichen eine Rolle. So gibt es beispielsweise Hinweise auf ein erhöhtes kardiovaskuläres Risiko bei bestehendem Vitamin-D-Mangel.
Effektive Sturzprophylaxe vor allem im Alter
Ab einem Alter von 70 Jahren raten Experten zur jährlichen Sturzanamnese. Einfache Tests können dabei helfen, das Sturzrisiko zu ermitteln. Hierzu gehören zum Beispiel der „Chair-Rising-Test“, bei dem der Patient gebeten wird, mit verschränkten Armen fünfmal hintereinander von einem Stuhl aufzustehen. Die Zeit, die hierzu benötigt wird, gibt Hinweise auf das Sturzrisiko.
Besteht eine erhöhte Sturzgefahr, sind geeignete Maßnahmen der Sturzprophylaxe zu ergreifen. Diese reichen vom Entfernen möglicher Stolperfallen in der Wohnung bis hin zum Tragen von Hüftprotektoren, wenngleich laut DVO die Studienlage für den Nutzen von Hüftprotektoren nicht schlüssig ist. Multimodale Maßnahmen zur Sturzprophylaxe sind dennoch ohne Zweifel in der Lage, die Sturz- und auch die Frakturrate zu mindern. Dazu gehört auch das Beheben eines Vitamin-D-Defizits, da auch ein Vitamin-D-Mangel Stürze begünstigt.
Therapie
Zur Behandlung der Osteoporose werden in den Leitlinien zunächst Basismaßnahmen empfohlen. Sie zielen primär darauf ab, Risikofaktoren zu minimieren. Empfohlen werden entsprechend:
• eine ausreichende Versorgung mit Kalzium
und Vitamin D,
• die Vermeidung von Untergewicht,
• ein konsequenter Nikotinverzicht sowie
• ein Training der Muskelkraft und des Gleichgewichts, um die Stand- und Gangsicherheit zu verbessern,
• eine allgemeine Sturzprophylaxe und
• die Überprüfung der Medikamenteneinnahme speziell im Hinblick auf knochenschädigende Substanzen.
Besteht ein erhöhtes Frakturrisiko, so ist auch eine medikamentöse Therapie zu erwägen. Eine eindeutige Indikation besteht, wenn ein T-Wert von –2 oder weniger ge-geben ist und bereits eine osteoporotische Fraktur abgelaufen ist. Hat sich noch kein Knochenbruch ereignet, orientiert sich die Therapieindikation am Lebensalter, am Geschlecht und am T-Wert.
Für Frauen ab 75 und für Männer ab 85 Jahren wird bei einem T-Wert von –2 eine medikamentöse Therapie als notwendig erachtet. Bei Frauen zwischen 60 und 65 Jahren (Männer 70 bis 75 Jahre) gilt ein Schwellenwert von –3,5 und bei Frauen vor dem 50. Lebensjahr (Männer vor dem 60. Lebensjahr) ein T-Wert von –4,0 als grenzwertig.
Goldstandard ist die Behandlung mit Bisphosphonaten mit jedoch dem bekannten Risiko der Entwicklung von Kieferknochennekrosen. Die Bisphosphonate bewirken den Untergang der für den Knochenabbau verantwortlichen Osteoklasten, was jedoch zur Folge hat, dass deren positive Rück-kopplung auf die knochenbildenden Osteoblasten entfällt.
Neben den Bisphosphonaten kommen auch Calcitonin, Parathormon, Strontiumranelat sowie der selektive Östrogen-Rezeptor-Modulator (SERM) Raloxifen zum Einsatz. Eine weitere Behandlungsmöglichkeit bietet Denosumab, ein Antikörper gegen den RANK-Liganden, einen Aktivator der Osteoklasten. Durch die Hemmung des RANK-Liganden wird die Bildung und Funktion der Osteoklasten inhibiert.
Mit einer neuen Substanzgruppe, die sich derzeit noch in Entwicklung befindet, und die eine selektive Hemmung von Cathepsie K vermittelt, soll ebenfalls die Funktion der Osteoklasten gehemmt werden, die Signalgebung auf die für die Knochenbildung verantwortlichen Osteoblasten jedoch unbeeinträchtigt erhalten bleiben. Das nährt Hoffnungen auf ein weiter reduziertes Frakturrisiko bei manifester Osteoporose.
Therapie der Komplikationen
Selbstverständlich beschränkt sich eine Therapie nicht allein auf die Osteoporose. Vielmehr kann auch eine Behandlung der Komplikationen notwendig sein, also eine Behandlung der Frakturen und gegebenenfalls eine adäquate Schmerztherapie, wie sie praktisch immer bei Wirbelkörpereinbrüchen erforderlich ist. Zur Schmerzbehandlung gehören die medikamentöse Therapie, aber auch die Krankengymnastik, allgemeine physikalische Maßnahmen und eventuell das Tragen von Orthesen. In gravierenden Fällen können zudem operative Eingriffe wie eine Kyphoplastie oder eine Vertebroplastie zur Aufrichtung und Stabilisierung der zusammengebrochenen Wirbelkörper notwendig werden.
Info
Weiterführende Informationen
• Dachverband Osteologie e.V. (DVO):
• Bundesselbsthilfeverband für Osteoporose (BfO):
www.osteoporose-deutschland.de
• Kuratorium Knochengesundheit:
Aus Sicht der Zahnmedizin
Bei der Osteoporose handelt es sich um die häufigste metabolische Knochenerkrankung, die sich durch eine kompromittierte Knochenstärke auszeichnet. Neben den bekannten Komplikationen wie Frakturen von Wirbelkörpern, der Hüfte und der Armknochen wurde in der jüngeren Vergangenheit von potenziellen Assoziationen zwischen dem Vorliegen einer Osteoporose und einzelnen Parametern der Mundgesundheit berichtet. Vor allem wird davon ausgegangen, dass – sollte es zu einem systemischen Verlust an Knochendichte kommen – der Alveolarknochen in gleicher Art und Weise betroffen ist; eine gesteigerte Resorption im Kieferbereich mit ausgeprägtem Verlust an krestaler Höhe bei osteoporotischen Patientinnen wurde bereits beschrieben. Dies wiederum hat negative Folgen für die Zahnstabilität.
Eine derartige Assoziation zwischen einer Osteoporose und Zahnverlust konnte bereits nachgewiesen werden. Postmenopausale Frauen unter Hormonersatztherapie zeigten analog dazu im Vergleich zu einer nicht substituierten Kontrollgruppe ein geringeres relatives Risiko, Zahnverluste zu erleiden. Passend scheint auch eine positive Korrelation zwischen Osteoporose bei Frauen und der Inzidenz einer Parodontitis vorzuliegen. Für die Insertion eines Implantats bei nachgewiesener Osteoporose gibt es nach umfangreicher Literaturanalyse keine Kontraindikation. Auch die Verwendung von Miniimplantaten bringt – allerdings bei noch unsicherer Datenlage – zumindest für den Oberkiefer keine Vorteile. Eine iatrogene Fraktur, ausgelöst durch eine Zahnextraktion, ist auch bei diagnostizierter Osteoporose aus eigener Erfahrung so gut wie unwahrscheinlich.
Osteoporosetherapie und orale Gesundheit: Zur Behandlung einer Osteoporose ist eine Vielzahl an Medikamenten erhältlich, die das erwiesene Potenzial besitzen, sowohl den systemischen als auch speziell den Knochenverlust im Kieferbereich zu reduzieren. Bisphosphonate inhibieren beispielsweise die durch Osteoklasten mediierte Knochenresorption. Orale Bisphosphonate werden gewöhnlicherweise zur Behandlung von Osteoporose, einem Morbus Paget und der Osteogenesis imperfecta eingesetzt, während die intravenösen Medikamente vor allem bei Vorliegen von osteolytischen und in den Knochen metastasierenden Tumoren ihre Verwendung finden. Je nach der Wirkstärke sowie der Dauer und der Art der Gabe von Bisphosphonaten ist die Wahrscheinlichkeit abhängig, eine Bisphosphonat-abhängige Osteonekrose des Kiefers in der Folge zu entwickeln.
Zur Diagnose führt die Trias:
1) Einnahme von Bisphosphonaten in der Vergangenheit,
2) keine Bestrahlung im Kopf-/Halsbereich und
3) Vorhandensein von freiliegendem Knochen über einen Zeitraum von mindestens acht Wochen.
Da dem Auftreten einer solchen avaskulären Nekrose häufig ein zahnärztlich chirurgischer Eingriff vorausgeht, ist vor allem die Aufklärung von Patient und behandelnden Ärzten von herausragender Bedeutung. Bereits im Vorfeld einer Bisphosphonattherapie ist eine überdurchschnittliche Mundhygiene zu etablieren. Sollte es trotz aller Vorsichtsmaßnahmen zu einer Nekrose kommen, ist im Initialstadium eine antiinfektiöse Therapie mittels Antibiotika und Mundspüllösung indiziert. Bei fortgeschrittener Erkrankung liegt der Fokus in der vorsichtigen Entfernung der Nekrose und der plastischen spannungsfreien Schleimhautdeckung.
Schlussfolgerung:
Eine Assoziation zwischen der Osteoporose als resorptiver Erkrankung und der Entwicklung einer Parodontitis sowie einem erhöhten Zahnverlust bei gesteigertem Knochenabbau erscheint biologisch plausibel. Allerdings wurde ein solcher Zusammenhang bisher nur bei postmenopausalen Frauen nachgewiesen. Osteoporotische Patienten unter Medikation mit Bisphosphonaten bedürfen einer besonderen zahnärztlichen Sorgfalt bei chirurgischen Eingriffen. Die Einnahme von Bisphosphonaten wird in der Literatur größtenteils als Kontraindikation zu einer enossalen Implantation gewertet.
Univ.-Prof. Dr. Dr. Monika Daubländer
Leitende Oberärztin der Poliklinik für Zahnärztliche Chirurgie
Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Poliklinik für Zahnärztliche Chirurgie
Augustusplatz 2
55131 Mainz
Dr. Dr. Peer W. Kämmerer
Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie
Augustusplatz 2
55131 Mainz