Editorial

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Liebe Leserinnen und Leser,

nutze sie, aber trau ihnen nicht! Zu dieser verkürzten Formel neigen immer mehr Menschen, sobald es um virtuelle Welten geht. Das Mißtrauen wächst.

Aber das ist typisch für jede rasante technologische Entwicklung. Das Netz und Dienste wie das mit zehn Jahren gerade adoleszente „facebook“ oder seine Spielkameraden haben unser informelles Leben vollkommen auf den Kopf gestellt. Leider haben sie das Rezept für eine wohltuende Einbindung in unsere Realwelt nicht mitgeliefert.

Nichtsdestotrotz scheinen sich viele Menschen inzwischen zu arrangieren: Zur Not wird Privates einfach anders definiert oder aufgegeben. NSA und internationale Banden kümmern sich um unser Geheimstes, Konzerne setzen uns in Form von Persönlichkeitsprofilen ins rechte Licht. All das – so lehrt uns die Diskussion – hat dunkle Schattenseiten, aber – so wird eifrig behauptet – immer auch prospektierte Vorteile.

Also bewegen wir uns scheinbar unbekümmert auf diesem milliardenschweren internationalen Marktplatz der Ideen, Konsumgüter und Treffs für ein ausschweifendes elektronisches Sozialleben.

Manchem ersetzt dann das Leben mit tausenden von „likes“ den besten Freund, viele verlernen, wie man in der „alten“ Welt überhaupt Menschen kennen lernt. Minister purzeln über Staatsaffären, die erst mit dem Netz der Netze möglich wurden.

Der Ärger über Pleiten, Pech und Pannen im Rahmen des Internets kommt und geht. Aber Achtung: Dass er bleibt, ist unwahrscheinlich. Pauschalurteile für oder gegen etwas sind nie reell.

Auch für Ärzte und Zahnärzte gibt es hier keinen Halt. IT-gestütztes informelles Arbeiten, digitales Abrechnen und vieles mehr sind Fakt, selbst eigene Homepages alles andere als per Werbeverbot deklariertes „No Go“. Elektronische Kommunikation mit „Gott und der Welt“, ja sogar den Krankenkassen tut längst das ihre, reale und virtuelle Welt weiter zu verschmelzen.

Doch geht es nach den Visionen findiger Existenzgründer, ist auch das nicht mehr das Limit. Ärztliche Hilfe in Form von Diagnose und Therapie aus dem Netz war – bis dato – zumindest in deutschen Landen und Rechtskreisen kein Thema. Für real existierende Ärzte gilt grundsätzlich, dass sie ihren Heilberuf ganz direkt mit real existierenden Patienten ausüben.

Aber auch hier steht Bewährtes in Frage: Künftig wollen Anbieter zusammen mit einem Hautarzt per App auf Basis von Patientenfotos ihre Diagnose und Therapieempfehlungen abgeben. Die zuständige Kammer wehrt sich. Sie will die Berufsordnung aufrecht erhalten. Sonst würde gelten: Ob Sonnenbrand, Pilz oder Melanom entscheidet der Mensch per Foto am anderen Ende der Kette am Bildschirm. Schöne neue Welt!

Befragt, ob sie das wollen, dürften die meisten Patienten antworten, das soll für den gelten, der mag – aber nicht für sie und ihren Arzt. Hoffentlich denkt jeder so!

Mit freundlichem Gruß

Egbert Maibach-Nagelzm-Chefredakteur

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