8. Niedersächsischer Zahnärztetag

Höchstes Niveau im flachen Land

Dr. Michael Sereny, Präsident der Zahnärztekammer Niedersachsen, eröffnete den Zahnärztetag. In einem Flächenland ist es ihm ein Kernanliegen, ein ausgewogenes Fortbildungsangebot nicht nur in Hannover zu verorten. Mit der verkehrsgünstigen Ortswahl Oldenburg bewies er, dass in einer engagierten Kammer durchaus auch der Berg zum Propheten, hier zum Zahnarzt, kommen kann.

Einem ambitionierten Referenten-Quartett gelang es in diesem Jahr, Licht in diverse restaurative Themenschwerpunkte zu bringen:

Prof. Dr. Thomas Attin, Zürich, diskutierte in seinem Vortrag „Ätiologie, Prävention und restaurative Therapie von Erosionen“ die Frage nach Sekt oder Selters aus Sicht des Zahnschmelzes. Erosionen sind durch an Kalziumphosphat untersättigte Lösungen hervorgerufene Zahnschäden. Tatsache sei, so Attin, dass Zahnhartsubstanzverlust per se nicht unphysiologisch ist und immer im Verhältnis zum Lebensalter gesehen werden muss. Mit Bildmotiven von natürlichen Bezahnungen, die sich durch 90 Lebensjahre „gebissen haben“, machte Attin klar, dass der verlorene Schmelz hier anders als bei der Soft- und Lightgetränke konsumierenden Jugend keiner therapeutischen Intervention bedürfe. Er klärte auch über nicht diätetische Ursachen des vorzeitigen Substanzverlusts auf und lenkte die zentrale Aufmerksamkeit auf die gastro-ösophageale Refluxerkrankung. Eine mediane Prävalenz von 33 Prozent bei den von Zahnerosion betroffenen Patienten könne die Überweisung zum Gastroentereologen zur lebensrettenden Maßnahme machen, bevor die Metaplasie sauer aufstoße.

Viele Babyboomer mit großen Ansprüchen

Prof. Dr. Walter Lückerath aus Bonn bietet nach eigener Aussage einer „babygeboomten“ Flut teilbezahnter Menschen hoch ästhetische, teleskopierende Versorgungen auf Zähnen und Implantaten.

Für diese mitunter sehr anspruchsvolle Patientengruppe zähle neben Aspekten der Langlebigkeit vor allem eine Kompromisslosigkeit in Bezug auf ihr äußeres Erscheinungsbild. Für ihn als Experten und Gutachter sei deswegen entscheidend, das ganze prothetische Klavier spielen zu können. Virtuose Stücke seien für ihn hochgoldhaltig und keramisch. Vorhersagbare Ergebnisse erziele er mit einem sogenannten „Hüllkurvenkonzept“, einer Rückwärtsplanung der Prothetik, deren planerischer Ausgang das Ergebnis ist. Nicht unkritisch beobachte er, wie Therapiekosten sich dank „Inno-Pipeline“ über die Jahre anteilig vom Zahnarzt über den Zahntechniker hin zur Industrie verschieben würden.

Zu einer Übersicht über Entwicklung und Einteilung der verschiedenen den Knochen respektive das Implantat-Bett augmentierenden Verfahren holte Dr. Dr. Georg Arentowicz aus Köln in seinem Vortrag über „Defektabhängige Augmentationsverfahren“ aus. Kritisch sieht der Facharzt demnach die Erhebung des präoperativen DVTs zum Standard. Eine Praxis, die sich „Klinik“ nennt, sei nicht zwangsläufig dank des DVTs einem erfahrenen Praktiker überlegen, der den Begriff digital im Sinne der Palpation wörtlich nimmt und wisse, dass sich nicht nur die Linea mylohyoidea ganz ohne DVT ertasten lässt.

Dr. Wolfram Bücking aus Lindau erntete Applaus für seinen Vortrag über „Metallfreie Restaurationen mit glasfaserverstärkter Verbundtechnologie“. Selbst raffinierte Lösungen für die „Großmutter mit der kleinen Rente“ zog Bücking aus seiner therapeutischen Trickkiste und rundete „als Referent der Herzen“ den Zahnärztetag charmant und praxisnah ab.

Dr. Dagmar NordenDonnerschweer Str. 29626123 Oldenburg

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