Editorial
Liebe Leserinnen und Leser,
wenig wird in Deutschland intensiver diskutiert als die Zukunft von Qualität und internationaler Wettbewerbsfähigkeit in Forschung und Lehre. Kaum jemand stellt infrage, dass wir gerade in Sachen Bildung in den kommenden Jahren einiges zu tun haben, wenn Deutschlands Universitäten im Spitzenranking der Industrienationen weiterhin mitspielen wollen.
Insbesondere im Bereich von Medizin und Zahnmedizin drängt die Aufgabe, dass die alternde Gesellschaft und die mit ihr verbundene Multimorbidität, andererseits aber auch strukturelle Themen wie die „Work- Life-Balance“ in akademischen Berufen zusätzlichen Input verlangen.
Unterm Strich: Die Argumente sind bekannt, die Nöte absehbar, die Herausforderungen mehr als plastisch ausgemalt.
Trotzdem verläuft diese Argumentation strikt getrennt von der aus volkswirtschaftlicher Warte. Der Widerspruch zwischen Rotstift-Agitation und der Erkenntnis für künftig notwendigen Mehreinsatz wird nicht aufgelöst. Man argumentiert in Parallelwelten – ohne Einsicht und Querkommunikation.
Sicherlich ist die Feststellung mangelnder Stringenz in der Politik alles andere als neu. Dennoch erstaunt, mit welcher Selbstverständlichkeit Rotstifte auch in der zahnmedizinischen Forschung und Lehre immer wieder angesetzt werden können.
Die Begehrlichkeiten sind klar: Wer wissenschaftliche Spitzenleistungen erwartet, muss ein selbstverständlich nicht gerade geringes Mindestmaß an Finanzen vorhalten. Quer zu kalkulieren, was die Vernachlässigung solcher Kapazitäten letztlich an volkswirtschaftlichen Kosten schafft, ließe manchen Ökonomen sicherlich nachdenklich werden.
In der Regel konnte, bundeslandauf, -landab, bisher meist Einsicht geschaffen werden. Soll das langfristig so bleiben, muss politisch konsequenter gehandelt werden. Sich zwecks Optimierung unserer Volksgesundheit bis in die Nischen unserer Gesellschaft stark zu machen und nachhaltig für eine möglichst exzellente Ausbildung der Jüngeren zu sorgen, damit die Versorgung der Älteren keinesfalls vernachlässigt wird, gehört immer wieder zum Inhalt politischer Sonntagsreden. Strukturell wurde aber in den meisten Fällen allenfalls der Status quo erhalten. Mehr war meist nicht drin.
Ob und wann sich diese Vorgehensweise rächen wird, hängt auch davon ab, inwieweit sich die Sachverständigen – regional wie überregional – in die jeweiligen Diskussionen einmischen und nicht müde werden, auf die immanenten Widersprüche zwischen kurzfristiger Einsparbilanz und langfristiger Auswirkung hinzuweisen und gegen finanzpolitische Kurzschlüsse anzugehen.
Dass das Sinn macht, hat der Weg Mitteleuropas in den letzten Jahrhunderten bewiesen. Zurück in die Zeiten davor will keiner.
Mit freundlichem Gruß
Egbert Maibach-Nagelzm-Chefredakteur