BZÄK-Bundesversammlung

Auftakt zur Qualitätsoffensive

Die Rolle der Kammern im Spannungsfeld zwischen Freiheit und Gemeinwohlinteresse und ein klares Bekenntnis zur Kernaufgabe als Verantwortlicher der Berufsaufsicht – diese Themen prägten die Diskussionen auf der diesjährigen Bundesversammlung. Die Delegierten erteilten dem Vorstand das „Go“ für eine neue Qualitätsoffensive der BZÄK.

„Die Selbstverpflichtung zur Qualität ist für Zahnärzte die Grundlage ihres Heilberufs. Und die zahnärztliche Selbstverwaltung als Organisationsprinzip ist untrennbar damit verbunden“, unterstrich BZÄK-Präsident Dr. Peter Engel in seinem Bericht an die Delegierten. Im Juli habe der BZÄK-Vorstand auf seiner Klausurtagung die Themen Qualitätsförderung, Qualitätsmanagement, Qualitätssicherung, Patientenschutz und Fehlermanagement zu den Kernpfeilern der Arbeit der Zahnärztekammern erklärt. Mit der Bundesversammlung erfolge jetzt der Startschuss für eine neue Qualitätsoffensive der BZÄK. Engel: „Wir entwickeln im Moment eine große Anzahl an Aktivitäten, um die Qualität zahnärztlichen Handelns einerseits zu dokumentieren, andererseits zu erhalten, zu fördern und auszubauen.“ Als augenfälligstes Zeichen dafür liege jetzt die Informationsbroschüre zu der Qualitätsinitiative der Kammern und der BZÄK vor, die nun auch zeitnah aktiv in die Politik weitergeleitet wird.

Im Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) sei die BZÄK schon länger in Maßnahmen der Qualitätssicherung und -förderung involviert. Ziel sei, ein vom Berufsstand getragenes Gegengewicht zu den zunehmenden Kompetenzen des G-BA beim Erlass von Richtlinien in der zahnärztlichen Berufsausübung zu setzen. Auch in das neue Qualitätsinstitut IQTiG werde die BZÄK involviert sein und zusammen mit den anderen Spitzenverbänden der Heilberufekammern einen Sitz im Kuratorium erhalten. Dem IQTiG-Qualitätsbericht wolle die BZÄK einen eigenen jährlichen Qualitätsbericht entgegenstellen, in enger Abstimmung mit den Länderkammern.

Kammern als Compliance-Manager

Engel betonte, dass die Kammern die Berufsaufsicht betreiben und bei Verstößen gegen die beruflichen und ethischen Standards und Normen vermitteln, schlichten und ahnden. Damit können sie als Compliance-Manager angesehen werden. Der Gesetzgeber beschränke sich auf die Rechtsaufsicht, die Kammern hätten die Fachaufsicht inne, daraus erwachse aber auch ein Mehr an Selbstverpflichtung des Berufsstands. Problematisch sei, dass der Staat immer mehr in in die Selbstverwaltungsstrukturen eingreife. Die Folge seien eine zunehmende gesetzliche Regelungsdichte, Dokumentationszwänge und Überbürokratisierung.

Jüngstes Beispiel hierfür sei der Plan des Gesetzgebers, eine neue Strafrechtsnorm zur Korruption im Gesundheitswesen im Strafgesetzbuch zu schaffen. Hier zeige sich eine teilweise hysterische Diskussion über die angebliche Korrumpierbarkeit von Ärzten und Zahnärzten. Doch anders als in der öffentlichen Diskussion vielfach behauptet, sei den Heilberuflern die Annahme von Vergünstigungen ohnehin nicht erlaubt. „Es gibt keine Regelungslücke“, machte der Präsident deutlich. „Die Zahnärztekammern überwachen die Einhaltung von Berufspflichten. Und das von staatlicher Seite ermächtigt!“ (mehr dazu im Beitrag "Klare Position|_blank" in diesem Heft).

Um die Rolle als Compliance-Manager ausfüllen zu können, sollten sich die Kammern Engel zufolge zukunftsfest aufstellen. Engel: „Wir müssen effizienter, schneller und moderner werden.“ Gearbeitet werde derzeit an einem neuen Berufsbild des Zahnarztes, einem fact sheet zum Verhältnis zwischen Zahnarzt und Zahntechniker und an einer Satzungsänderung.

Als gemeinsamen standespolitischen Erfolg von BZÄK und KZBV wertete Engel den neuen § 22a im SGB V, der im Entwurf zum GKV-Versorgungsstärkungsgesetz vorgesehen ist. Demnach ist geplant, Pflegebedürftigen und Menschen mit Behinderungen ein eigenes zahnmedizinisches Präventionsmanagement zukommen zu lassen. Handlungsbedarf sieht Engel im Rahmen des geplanten Präventionsgesetzes. Hier fordere die Zahnärzteschaft eine bessere Versorgung der Null- bis Dreijährigen, zahnärztliche Früherkennungsuntersuchungen sollten in den GKV-Katalog aufgenommen werden.

Kritik übte Engel an der Transparenzinitiative der EU-Kommission. Unter dem Stichwort Deregulierung wolle Brüssel die Berufszugangsregeln für regulierte Berufe überprüfen, das betreffe auch die verkammerten Heilberufe. Hier werde unter dem Deckmantel von Liberalisierung europäischer Regelwut Vorschub geleistet.

Erfahrungen aus dem Versorgungsalltag

Vizepräsident Prof. Dr. Dietmar Oesterreich unterstrich die Rolle der Kammern. Deren ordnungspolitische Aufgabe werde in der Politik nicht genügend wahrgenommen. Die Arbeit in den Kammern sei getragen von den Erfahrungen aus dem Versorgungsalltag. Die Rolle der Zahnmedizin wachse und es gelte, zahnmedizinische Belange bei allen gesetzlichen Aktivitäten mit einzubringen.

Oesterreich verwies beispielhaft auf das soziale und gesellschaftliche Engagement des Berufsstands, das Statistische Jahrbuch der BZÄK oder die Mitwirkung beim IADH-Kongress in Berlin. Sich um die Belange vulnerabler Bevölkerungsgruppen zu kümmern, gehöre zu den Hauptaufgaben der BZÄK. Dazu zähle die Weiterentwicklung des ECC-Konzepts und des AuB-Konzepts. Schnittstellen zu anderen Berufsgruppen (Pflege, Gynäkologen, Hebammen, Kinderärzte) müssten ausgebaut werden. Trends wie die Wünsche der jungen Generation, die Feminisierung des Berufsstands, die zahnmedizinische Versorgung im ländlichen Raum und das Thema Work-Life-Balance müssten beobachtet und Konzepte dafür erarbeitet werden.

Kommunikation bildet Vertrauen

Qualitätsförderung nehme in der Gesundheitspolitik einen wachsenden Stellenwert ein, unterstrich Vizepräsident Prof. Dr. Christoph Benz in seinem Bericht an die Delegierten. Mit ihren unzähligen Maßnahmen der Qualitätssicherung und des Qualitätsmanagements sei die Zahnmedizin bereits gut aufgestellt. Benz verwies auf die Qualitätsinitiative der BZÄK, mit einem strukturierten Konzept sei das Thema in der standespolitischen Arbeit an zentraler Stelle platziert. So liste beispielsweise eine neue Broschüre die große Maßnahmenpalette in der BZÄK wie auch in den Kammern auf. „Kommunikation ist das Leitmedium für Vertrauen“, unterstrich der Vizepräsident. Benz verwies auf weitere Handlungsfelder der BZÄK, wie die postgraduale modulare Fortbildung, das Konzept werde weiterentwickelt. Auch in Sachen Berufskunde sei die BZÄK aktiv, hier sei eine Koordinierungskonferenz für Berufskundedozenten geplant. Dringenden Handlungsbedarf gebe es bei der Novellierung der Approbationsordnung, appellierte er an die Politik. Schließlich betonte Benz die solide Haushaltssituation, die sich auch durch die gute Zusammenarbeit mit dem Finanz- und dem Rechnungsprüfungsausschuss ergeben habe.

Große Erfolge in der Prävention

Mit Spannung erwartet wurde der Auftritt von Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe, der erstmals vor der Bundesversammlung sprach. Er attestierte den Zahnärzten große Erfolge in der Prävention, der Berufsstand habe sich hier vorbildlich gezeigt und einen Paradigmenwechsel eingeleitet. Mit Bezug auf die Belange von Pflegebedürftigen und Menschen mit Behinderungen betonte Gröhe deren Anspruch auf menschenwürdige Versorgung und Begleitung. Die bereits umgesetzten Verbesserungen wolle man noch vorantreiben. So sehe der neue Entwurf des Versorgungsstärkungsgesetzes ein zahnärztliches Präventionsmanagement vor. Der neue Entwurf des Präventionsgesetzes ziele auf Verbesserungen in allen Lebensbereichen ab. In Zeiten des demografischen Wandels müsse Prävention verstärkt werden.

Gröhe machte sich ferner stark für die dringend anstehende Novellierung der Approbationsordnung für Zahnärzte. Handlungsbedarf sah er auch bei der Versorgung von Kleinkindern unter drei Jahren und verwies auf den G-BA, der an einer zahnärztlichen Früherkennung für diesen Patientenkreis arbeite. Was das geplante Antikorruptionsgesetz angeht, wünsche er sich, geeignete Lösungen zu finden. Es gehe nicht darum, eine ganze Berufsgruppe unter Generalverdacht zu stellen. Gröhe: „Das haben Sie nicht verdient!“

Spannungsfeld Berufsausübung

Aus den Fachreferaten des BZÄK-Vorstands wurden aktuelle berufspolitische Themen in die Delegiertenschaft getragen. Über die komplexen Zusammenhänge im Bereich der zahnärztlichen Berufsausübung referierte Dr. Mathias Wunsch, Vorsitzender des BZÄK-Ausschusses Praxisführung. Durch die gut vernetzte Arbeit der Ausschussmitglieder in den Gremien konnten viele Änderungen in gesetzlichen und untergesetzlichen Regelwerken erreicht und damit der Berufsstand entlastet werden. Die Schaffung eines adäquaten finanziellen Ausgleichs für gesellschaftlich und politisch gewollte Kostensteigerungen in Zahnarztpraxen bleibe berufspolitisch einzufordern. Die Möglichkeiten zur Einflussnahme der BZÄK auf das Vorgehen von Länderbehörden seien begrenzt. Der Wunsch vieler Kollegen nach radikaler Vereinfachung und Entlastung sei jedoch unrealistisch.

Evaluation der GOZ auf der Agenda

Ein wichtiger Teil der Arbeit der BZÄK bleibt die GOZ. Mitte 2015 steht die Prüfung der Auswirkungen der GOZ-Novelle von 2012 durch die Bundesregierung auf der Agenda.

Die BZÄK werde diesen Prozess aktiv begleiten, hierbei spiele die GOZ-Analyse eine wichtige Rolle, berichtete der Vorsitzende des BZÄK-Ausschusses GOZ-Analyse, Sanitätsrat Dr. Hans Joachim Lellig vor den Delegierten. Aus dem neuen Statistischen Jahrbuch der BZÄK (2013/2014) gehe hervor, dass insgesamt 50 Prozent des Honorars auf 14 Gebührenpositionen entfielen, von denen neun von der Novellierung betroffen waren.

Seit 2012 arbeite die BZÄK an der Evaluation, dazu gehörten Strategien und politische Gespräche genauso wie die GOZ-Analyse. Ein Evaluationsmodell sei erarbeitet worden, es erfolge eine kontinuierliche Abstimmung mit der KZBV, in Kürze werde die Firma BASYS mit der Planung der weiteren Evaluierung beauftragt. Der Prozess sei im Fluss.

Ein weiterer berufspolitischer Schwerpunkt auf der Bundesversammlung war die Novellierung der BZÄK-Musterberufsordnung. Dr. Michael Rumpf, Kammerpräsident von Rheinland-Pfalz, betonte: „Die Musterberufsordnung ist die Visitenkarte des Berufsstands nach außen.“ Rumpf stellte die Novellierung des Papiers vor. Dem vorangestellt war ein langer Prozess der Abstimmung, gefolgt von einem Konsens auf breiter Basis unter Einbindung der Kammern. Die Delegierten verabschiedeten das Papier nach ausführlicher Diskussion einstimmig.

Beschlüsse

Den Debatten auf der Versammlung, die durch den Versammlungsleiter Dr. Thomas Breyer moderiert wurde, folgten eine Reihe von politischen Beschlüssen (gestraffte Form, in Auswahl):

• Die Regierung wird aufgefordert, die GOZ weiter zu novellieren. In der GOZ soll ein Hygienezuschlag für jeden Patientenkontakt eingeführt werden, GOZ-Honorare sollen nicht unter die Kassensätze fallen.

• Für Pflegebedürftige und Menschen mit Behinderungen soll der Zugang zu einer bedarfsgerechten vertragszahnärztlichen Parodontitisbehandlung durch die Änderung der Richtlinien ermöglicht werden.

• Die BZÄK verurteil jede Form von korruptem Verhalten im Gesundheitswesen. Die Zahnärztekammern haben, flankiert durch die Heilberufekammergesetze der Länder, verbindliche Berufsordnungen erlassen. Alle Formen korrupten Verhaltens seien demnach nicht nur untersagt, sondern werden auch durch die Kammern konsequent geahndet.

Deshalb appelliert die BZÄK an den Gesetzgeber, auf die Einführung einer speziellen Strafnorm der Bestechung und Bestechlichkeit im Gesundheitswesen zu verzichten.

• Die verbesserte Versorgung von unter Dreijährigen soll im Präventionsgesetz berücksichtigt werden, die BZÄK sollte an dem geplanten Präventionsforum beteiligt werden.

Im Rahmen der Beratungen über den Haushalt wurde dieser als ausgeglichen festgestellt und dem Vorstand Entlastung erteilt. Für die reibungslose Organisation der Versammlung sorgte das Team der BZÄK-Verwaltung unter der Leitung von Haupt-geschäftsführer Florian Lemor.

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