Für ein Klima des Vertrauens
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
die Wertevorstellungen des zahnärztlichen Berufsstands basieren auf Gemeinwohlverpflichtung, Patientenorientierung, Qualitätsförderung und Freiberuflichkeit. Zahnärzte werden von gesetzlicher Seite aber immer mehr mit Regeln und Pflichten belegt, unser Selbstverständnis gerät dadurch zunehmend in den Hintergrund. Diese Aspekte standen im Fokus des Deutschen Zahnärztetages in Frankfurt.
Jüngstes Beispiel dafür, wie unsere eigenen Werte ins Off gedrängt werden, sind die in der Öffentlichkeit polemisch geführten Debatten rund ums Thema Korruption. Die Bundesregierung plant jetzt, einen Korrup-tionstatbestand im Strafrecht speziell für das Gesundheitswesen zu schaffen. Ein solches Vorhaben bringt einen unverhohlenen Populismus zum Ausdruck, alle Heilberufler werden pauschal an den Pranger gestellt und einem Generalverdacht unterzogen. Und mehr noch: Das suggeriert, dass speziell im Bereich der Heilberufe Strafnormen nötig seien, in anderen Wirtschaftsbereichen aber nicht. Das kann es nicht sein!
Die Haltung der verfassten Zahnärzteschaft dazu ist unmissverständlich: Wir stehen seit Jahren geschlossen zum Prinzip „Null Toleranz bei korruptivem Verhalten“. Jeder Fall ist einer zu viel, leistet einer Kultur des Misstrauens Vorschub und gehört aus unserer Sicht bestraft. Es gibt sie zwar, die wenigen schwarzen Schafe, aber nicht nur bei den Heilberuflern, sondern in allen Schichten der Gesellschaft, in der Wirtschaft, in der Verwaltung oder in der Politik.
Berufsrechtliche Sanktionen sind aus Sicht von BZÄK und KZBV völlig ausreichend. Hüterinnen des Berufsrechts und der Berufsaufsicht – also Compliance-Manager – sind die Kammern. Sie haben – flankiert durch die Heilberufe-Kammergesetze der Länder – verbindliche Berufsordnungen erlassen. Alle Formen korrupten Verhaltens sind demnach nicht nur untersagt, sondern werden durch die Kammern konsequent geahndet. Diese Pflichten gelten selbstverständlich auch im Bereich der vertragszahnärztlichen Versorgung, was durch entsprechende disziplinarrechtliche Bestimmungen im SGB V unterstrichen wird.
Die Sanktionsmaßnahmen sind hart, gehen über die Gesetzespläne hinaus und reichen bis zum Entzug der Zulassung. Die Einhaltung all dieser Pflichten wird von den jeweils zuständigen Körperschaften (Kammern/KZVen) engmaschig überwacht.
Auf dem Deutschen Zahnärztetag haben sich die Standesorganisationen zum Thema Korruption eindeutig positioniert. Ein Beschluss der BZÄK-Bundesversammlung unterstreicht die berufs- und sozialrechtliche Verpflichtung der Zahnärzteschaft, die umfassende Zuständigkeit der Kammern für die Berufsaufsicht und die Überwachung der Normen. Eine auf der KZBV-Vertreterversammlung verabschiedete Resolution zielt in die gleiche Richtung. Darüber hinaus hat die KZBV – als Hilfestellung und zur rechtssicheren Einschätzung für den vertragszahnärztlichen Bereich– eine Compliance-Leitlinie beschlossen, die die bereits bestehenden Verpflichtungen aus dem Bereich des Vertragszahnarztrechts für den Vertragszahnarzt wie auch für die Öffentlichkeit bewusst und transparent macht. Eine ständige Compliance-Kommission soll diese Aktivitäten fortentwickeln.
Was das geplante Anti-Korruptionsgesetz angeht, versprach Bundesgesundheitsminister Herrmann Gröhe bei seinem Vortrag in Frankfurt, nach geeigneten Lösungen zu suchen. Es gehe nicht darum, eine ganze Berufsgruppe unter Generalverdacht zu stellen. Gröhe sagte wörtlich: „Das haben Sie nicht verdient!“ Wir fordern den Gesetzgeber dazu auf, sich eindeutig von diesem Vorhaben zu distanzieren. Und werden die Politik und wie auch die Kollegenschaft von den Werten des Zahnarztberufs überzeugen: weg vom Mainstream der Ökonomisierung und wieder hin zu einem Klima des Vertrauens. Daran arbeiten wir gemeinsam.