PID bleibt politische Baustelle
„Das ist natürlich hochgradig problematisch. Was nützt die schönste Behandlungstechnik, wenn sie nur für Menschen in Frage kommt, die es sich leisten können?“ fragt Prof. Dr. Georg Griesinger vom Universitären Kinderwunschzentrum Lübeck (UKL). Seine Einrichtung hat beim zuständigen Landesamt den Antrag gestellt, eine der ersten zugelassenen PID-Kliniken zu werden.
Teuer wie ein Kleinwagen
Für die aufwendigen Voruntersuchungen, bei denen der Vererbungsweg der Gen-Mutation verfolgt wird, berechnet das UKL 4 000 Euro, die eigentliche Durchführung der Testung an embryonalen Zellen kostet zusätzlich 2 000 Euro pro Behandlungszyklus, wobei die meisten Paare zwei bis vier Zyklen unternehmen. Hinzu kommen noch einmal 4 300 Euro für die Reagenzglasbefruchtung, Zell-Entnahme und Embryonenübertragung. Selbst ohne Berücksichtigung der anfallenden Medikamente für die Hormonbehandlung entsteht so eine Rechnung von deutlich mehr als 10.000 Euro. „Und die sind nur eine Abmilderung unserer tatsächlichen Kosten, die weitaus höher liegen“, erklärt Griesinger. „Die können wir nicht an den Patienten weitergegeben. Das würde jeden Rahmen sprengen.“
Wer soll die Kosten also übernehmen? Der GKV-Spitzenverband gibt mit seiner Stellungnahme indirekt einen Handlungsauftrag an die Bundesregierung: „Unsere Einschätzung besagt, dass es nach wie vor keine Rechtsgrundlage zur Kostenübernahme nach dem SGB V gibt“, teilt die zuständigePressestelle knapp mit. Letztlich berufe man sich auf ein Urteil des Landessozialgerichts (LSG) Baden-Württemberg vom 19. April vergangenen Jahres (AZ L 4 KR 5058/12). Die Richter bestätigten seinerzeit ein Urteil des Sozialgerichts Mannheim und verwehrten einem Paar mit Gen-Mutation und Kinderwunsch die Erstattung der in diesem Fall 9 000 Euro teuren PID-Behandlung.
Auch beim Verband der privaten Krankenversicherung gibt man sich wortkarg zum Thema Kostenerstattung der PID. „Was zählt, ist die medizinische Notwendigkeit – wenn die gegeben ist, dann wird sie auch erstattet“, orakelt ein Sprecher, wohlwissend, dass ohne eine medizinische Notwendigkeit eine PID nach dem Embryonenschutzgesetz in Deutschland illegal wäre.
Ob eine solche Notwendigkeit vorliegt, sollen laut der am 1. Februar in Kraft getretenen PID-Verordnung nun für jeden Einzelfall Ethikkommissionen entscheiden. Diese müssen nach Vorgabe des Gesetzgebers auf Länderebene entstehen und jeweils aus vier Medizinern, einem Experten für Ethik und Recht sowie einem Patientenvertreter bestehen.
Nordländer sind Vorreiter
Am weitesten sind die Planungen dazu in Norddeutschland vorangeschritten. Die sechs Bundesländer Brandenburg, Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Schleswig-Holstein haben einen Staatsvertrag geschlossen, um eine gemeinsame Ethikkommission zu bilden. „Wir sind aktuell noch im Berufungsverfahren“, teilt dazu die Pressestelle der Landesärztekammer Hamburg mit, wo die Kommission angesiedelt sein wird. In anderen Ländern befindet sich das Verfahren ebenfalls noch im politischen Prozess: In Nordrhein-Westfalen soll nach dem Karneval darüber im Landtag abgestimmt werden. Ähnlich weit ist man in Berlin und Sachsen. Bei den übrigen Landesministerien schweigt man sich aus.
Auch auf Bundesebene stockt der Informationsfluss zum Thema PID und ihrer Finanzierung: Bei der Bundesärztekammer mag man sich lieber nicht äußern und auch die KBV verweigert eine Stellungnahme solange nicht geklärt ist, ob es sich um eine Kassenleistung handelt. Gesetzlich geklärt ist bisher auch nicht, wer die Kosten für die einzelnen, durch die Ethikkommissionen vorgenommenen Begutachtungen tragen soll. In der PID-Verordnung heißt es dazu: „Die Ethikkommissionen erheben für ihre (...) Tätigkeit Gebühren und Auslagen.“ Und: „Das Nähere (...) zur Finanzierung der Ethikkommissionen wird durch Landesrecht bestimmt“.
Auf genau diese Textpassage verweist auch die Stellungnahme aus dem Bundesgesundheitsministerium (BMG), wo in Orientierung an Fallzahlen europäischer Nachbarländern für Deutschland mit 200 bis 300 PID-Anträgen pro Jahr gerechnet wird. Zur Frage der Finanzierung dieser Behandlungen verweist das BMG an den Bundestag. „Es ist dem Gesetzgeber vorbehalten, darüber zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Kosten für eine PID durch die GKV übernommen werden sollen“, heißt es. Und: Das BMG prüfe derzeit inwieweit im SGB V „gesetzlicher Anpassungsbedarf“ bestehe.