Mit starker Stimme sprechen
Auf Einladung des Bündnisses heilen und helfen versammelten sich rund 170 Gäste aus Parteien, Gesundheitswesen, Wissenschaft und Wirtschaft in der hessischen Landeshauptstadt. Das Thema des zentralen Impulsreferats „Nimmt die Politik das Gesundheitssystem ernst?“, für das der Präsident der Bundesärztekammer und Ehrenvorsitzende des Marburger Bundes, Prof. Dr. Frank Ulrich Montgomery, ge- wonnen werden konnte, stand gleichsam als Motto über dem gesamten Abend.
Als Vertreter des gastgebenden Bündnisses begrüßte der Präsident der Landesärztekammer Hessen, Dr. Gottfried von Knoblauch zu Hatzbach, das Auditorium und die Referenten. Er hinterfragte das Gespür und den Ernst der politischen Entscheider für die Anliegen der heilenden Berufsstände. Seine zentralen Schlagworte waren unter anderem die zunehmende Bedeutung der Qualitätssicherung im Gesundheitssystem und die elektronische Gesundheitskarte. Die Gefahr der derzeitigen nationalen und europäischen Regelungsbestrebungen liege darin, den Heilern und Helfern noch mehr Bürokratie aufzuzwingen. Qualitätssicherung sei ein zentrales Anliegen aller Gesundheitsberufe; man dürfe jedoch dabei nicht vergessen, so von Knoblauch mit einem Augenzwinkern, dass „allein vom Wiegen keine Sau fett“ wird. Das Problem bei vielen Entscheidungen sei, dass in der Gesundheitspolitik wohl noch immer die Regel gelte: „Wer auf diesem Felde etwas bewegen will, darf nicht auf die Ärzte hören.“
Freude am Heilen
Der hessische Minister für Soziales und Integration, Stefan Grüttner, formulierte einen konstruktiv-kritischen Appell. In allen Dialogen mit Vertretern der heilenden Stände vermisse er den inhaltlichen Impetus, den man dem Nachwuchs in jedem Fall mit- geben müsse, nämlich die Freude am Heilen und Helfen. Sicher mache es keinen großen Spaß, in einem System zu arbeiten, das strikter reglementiert ist als eine sozialistische Planwirtschaft. Dennoch müsse die Freude am Heilen im Zentrum der kommenden Diskurse aller Beteiligten stehen.
Montgomery betonte, dass Gesundheitspolitik heute zu den zentralen Politikfeldern gehöre. In kaum einem anderen Bereich würden die Vorhaben der Koalition so detailliert beschrieben wie hier. Die Ärzte stünden hinter der angekündigten „Qualitätsoffensive“ im Gesundheitswesen. Qualität aber sei ein Wert an sich, der nicht als Mittel zum Zweck, etwa zur Kosten- oder zur Kapazitätsreduktion, missbraucht werden dürfe. Die Politik solle deshalb sehr genau darauf achten, dass die Kostenträger unter dem Deckmantel der Qualitätssicherung ihren Einfluss auf die Versorgungsabläufe in Klinik und Praxis nicht weiter auszubauen versuchten. Und sie sollte bei ihren Bemühungen immer auch das Urteil der im Gesundheitswesen Tätigen einbeziehen, auch wenn deren Positionen mitunter unbequem seien.
Die Diskussion, die durch den Vorsitzenden des Vorstands der KZV Hessen, Stephan Allroggen, eröffnet wurde, widmete sich weiteren zentralen Anliegen, wie dem Erhalt der Freiberuflichkeit in den heilenden Berufen.
Auch der Wandel der Erwartungen junger Heilberufler an ihre Berufsausübung wurde thematisiert. Einigkeit bestand vor allem darin, dass die Akteure im Gesundheits- wesen zwar zunächst die untereinander bestehenden Differenzen ausfechten, danach aber dann gemeinsam mit Lösungsansätzen auf die Politik zugehen müssten. Dr. Michael Frank, Präsident der Landeszahnärztekammer Hessen, brachte dies auf den Punkt: „Wir müssen mit einer Stimme sprechen, dann nimmt uns auch die Politik ernst!“
Das Bündnis „heilen helfen“ war vor rund sechs Jahren durch alle hessischen Körperschaften der Heilberufe ins Leben gerufen worden. Ziel des Zusammenschlusses der Ärzte, Zahnärzte, Apotheker, Psychotherapeuten und Tierärzte ist es, die Anliegen der Heilberufe und ihrer Patienten stärker in die gesellschaftliche Diskussion einzubringen und mit gemeinsamer Stimme diesen Anliegen auch gegenüber der Politik Gehör zu verschaffen.
Veit Justus RollmannLandeszahnärztekammer HessenRhonestr. 460528 Frankfurt/Main