Hildegard-von-Bingen-Preis an Denis Scheck

Globetrotter der Literatur

Zum 20. Mal wurde in Mainz der Hildegard-von-Bingen-Preis vergeben. Das renommierte Kuratorium zeichnete vor Gästen aus Wirtschaft, Politik, Medien und Zahnärzteschaft in diesem Jahr den Literaturkritiker, Publizisten und Moderator der ZDF-Büchersendung „Druckfrisch“, Denis Scheck, aus. Entertainer Harald Schmidt übergab als Kuratoriumsmitglied den Preis.

„Ein freier Beruf braucht das freie Wort“ – so eröffnete Sanitätsrat Dr. Michael Rumpf, Präsident der Landeszahnärztekammer Rheinland Pfalz, die Verleihung und schlug den Bogen von der Zahnärzteschaft hin zum Ausgezeichneten. Rumpf gleich tat es Hermann S. Keller, Vorsitzender des Aufsichtsrats der Deutschen Apotheker- und Ärztebank, der betonte, dass keine offene Gesellschaft auf eine freie Presse verzichten könne, dies sei die Gemeinsamkeit innerhalb der freien Berufe.

Die Laudatio hielt traditionsgemäß der Vorsitzende des Kuratoriums, Helmut Ahrens, der betonte, dass die Sendung „Druckfrisch“ Scheck „wie auf den Leib geschneidert“ sei. „Dass er Bücher liebt, genießt, verschlingt, zum Atmen braucht, der Zuschauer lernt es schnell“, so Ahrens. Er würdigte Scheck, den gebürtigen Stuttgarter, der mit 13 sein erstes selbst gebasteltes Magazin herausgab, als „Mensch mit Witz und Gewitztheit“, als „Vielleser“, als „Lesehungrigen“, der seit seinem 15. Lebensjahr von den Erzeugnissen seiner Schreibmaschine lebe. Bereits als Schüler, mit einer besonderen Vorliebe für Science-Fiction-Romane arbeitete Scheck für die Verlage Rowohlt, Heine und Bastei. Über die Jahrzehnte entwickelte er sich zu einem „Globetrotter der Literatur“. Ahrens verwies auf ein Markenzeichen Schecks, die Launenhaftigkeit seiner Kritik, und gab eine Kostprobe: „Wenn dies Buch ein Pferd wäre, müsste man es erschießen“, habe Scheck einmal rezensiert.

Versessen auf Geschichten

In seiner Dankesrede, in der Scheck seine von Ahrens gepriesene Gewitztheit unter Beweis stellte, offenbarte er: „Ich weiß von keinem Erweckungserleben.“ Wie er zur Literatur gekommen sei, das sei halt so passiert. „Ich lese, um der narzisstischen Nabelschau zu entkommen“, so Scheck. Er bekannte: „Ich bin eben versessen auf Geschichten.“ Eine seiner Lieblingsgeschichten – von dem Science-Fiction-Autor Frederick Brown – gehe so: „Der letzte Mensch sitzt zu Hause an seinem Tisch. Es klopft.“ Auch könne er, Scheck, sich unendlich begeistern für Sätze wie „Und die Sonne ging im Westen auf.“, der ebenfalls von Brown stammt.

Scheck pries in Mainz die Reichhaltigkeit deutscher Gegenwartsliteratur, rügte allerdings auch die hohe Zahl der „Zombie- Bücher“. Damit meinte er Werke von (meist gewesenen) Halb-Prominenten, „Memoiren“ gar, die nur den einen Zweck hätten, nämlich „deren Bekanntheit zu versilbern“. Solche Bücher, die häufig auf den Bestsellerlisten ganz oben stünden, sollten „mit einem Mehrwertsteuersatz von 38 Prozent belegt werden“. Stattdessen pries er passionierte Leser, die auch Nischen-Schriftsteller wie etwa Chuck Vance nicht in Vergessenheit geraten ließen.

Zuvor hatte der Mainzer Oberbürgermeister Michael Ebling in Anwesenheit der rheinland-pfälzischen Bildungsministerin Doris Ahnen unterstrichen, dass keine Stadt besser geeignet sei für die Preisvergabe – schließlich sei Mainz der Geburtsort vom Erfinder des Buchdrucks, Johannes Gutenberg, und „führende Medienstadt Deutschlands“.

In einer kleinen Ansprache würdigte die frühere Preisträgerin Antonia Rados den ebenfalls mit der Auszeichnung bedachten Publizisten Peter Scholl-Latour und bedauerte dessen Tod. Noch 2012 habe Scholl- Latour in Mainz bei der Preisverleihung vor der Benachteiligung von Christen im Nahen Osten gewarnt. Rados: „Wie recht er doch hatte. So einer wird uns fehlen.“

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