Die Lepra lebt noch immer
Bei der Lepra handelt es sich um eine durch das Mycobacterium leprae hervorgerufene Infektionskrankheit. Der Erreger wurde erstmals 1873 durch den norwegischen Mediziner Gerhard Armauer beschrieben. Er zerstört die Haut und die Schleimhäute und befällt das Nervensystem. Klinisch findet die Lepra aber bereits vor Jahrtausenden in den alten Schriften Erwähnung und gehört damit zu den ältesten bekannten Krankheiten. Einen klaren Beleg für die Erkrankung fand sich in ägyptischen Skeletten, datiert auf das zweite Jahrhundert vor Christus. Vermutet wird, dass Soldaten von Alexander dem Großen die Viren in den Mittelmeerraum eingeschleppt haben. Die Krankheit breitete sich sehr langsam über das Abendland aus. Sie hatte ihren Höhepunkt im 12. und im 13. Jahrhundert und bildet sich seitdem zurück. Die Lepra war wegen ihrer Infektiosität vor allem im Mittelalter gefürchtet. Sie wurde als Aussatz bezeichnet, der Kontakt mit betroffenen Menschen wurde vermieden und diese wurden aus Furcht vor einer Ansteckung aus der Gemeinschaft verstoßen. Sie lebten in speziellen Lepraspitälern oder Leprakolonoien. Dank der inzwischen guten Behandlungsmöglichkeiten ist die Prävalenz weiterhin rückläufig. Die Bakterienstämme haben sich dabei über die Jahrhunderte kaum verändert.
Krankheit der Armut
Der Erreger hat als Mykobakterium Ähn-lichkeit mit dem Erreger der Tuberkulose (Mycobacterium tuberculosis). Er ist jedoch bislang weder in Nährmedien noch in der Zellkultur anzuzüchten. Es handelt sich um ein säurefestes Stäbchenbakterium, wobei Mycobacterium leprae weit weniger virulent ist als oft angenommen. Der Übertragungsweg ist nicht genau geklärt, es kommt aber nur bei intensivem Kontakt mit infizierten Personen zur Ansteckung – vermutlich über eine verletzte Haut oder Schleimhaut sowie als Tröpfcheninfektion über infektiöses, blutiges Nasensekret. Das Infektionsrisiko ist entsprechend hoch, wenn viele Personen auf engem Raum und unter schlechten hygienischen Verhältnissen leben. Eine Unter- oder Fehlernährung begünstigt die Infektion offenbar ebenso wie das Vorliegen einer Abwehrschwäche. Das erklärt, warum die Lepra vor allem in den Ländern der Dritten Welt weiterhin ein Gesundheitsproblem darstellt.
In Europa gilt die Lepra bereits seit dem 16. Jahrhundert als weitgehend ausgerottet. Als Ursache hierfür diskutiert wird das vermehrte Auftreten der Tuberkulose, die möglicherweise die Lepra zurückgedrängt hat. Die Erkrankung tritt hierzulande nur noch vereinzelt als Folge der Einschleppung aus Ländern der Dritten Welt auf. Problematisch ist dabei allerdings die lange Inkubationszeit von wenigen Monaten bis hin zu vielen Jahren. Meist liegt die Inkubationszeit bei vier bis fünf Jahren, beschrieben sind jedoch auch Krankheitsfälle mit einer rund 30-jährigen Inkubationsdauer. Dabei erkrankt längst nicht jeder Träger von Mycobacterium leprae. Literaturangaben zufolge manifestiert sich die Erkrankung lediglich bei jedem 20. Träger des Bakteriums. Es kommt bei den Betroffenen zum Teil Jahre nach der Ansteckung zum Auftreten von kleinen Hautflecken, die oft längere Zeit unbemerkt bleiben und sich auch wieder zurückbilden können.
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Meist sind Kinder betroffen
Die Bedeutung der Lepra wird hierzulande noch oft unterschätzt. Immerhin erkranken nach Angaben der Deutschen Lepra- und Tuberkulosehilfe e.V. (DAHW) jährlich nach wie vor mehrere Hundertausend Menschen neu an der Lepra. „Jeder zweite Patient ist ein Kind“, teilt die Gesellschaft mit. Ihren Angaben zufolge leben aktuell zwei bis vier Millionen Menschen mit leprabedingten Behinderungen. Betroffen sind in erster Linie Menschen in Indien, Indonesien, Brasilien und Myanmar, dem früheren Burma. In diesen Ländern leben laut DAHW 70 Prozent der Lepra-kranken. Die Erkrankung ist ferner in Ländern wie Nigeria, Kongo, Tansania und Bangladesh, aber auch auf den Philippinen, auf Sri Lanka, in China sowie auf Madagaskar verbreitet. Insgesamt ist die Lepra nach wie vor in 91 Nationen präsent.
Verschiedene Krankheitsformen wie die interdeterminierte Lepra als mögliches Anfangsstadium, die tuberkuloide und die lepromatöse Lepra sowie die Borderline-Lepra als Zwischenform werden klassifi-ziert. Am häufigsten dabei ist die tuberkuloide Lepra, auch „Nervenlepra“ genannt. Bei der Erkrankung kommt es zu einer Verdickung der Nerven und zu flachen oder leicht erhabenen Hautflecken von rötlicher bis rötlich violetter Färbung auf heller Haut und eher heller Färbung auf dunkler Haut. Im Bereich dieser Hautläsionen bestehen Sensibilitätsstörungen, wobei zunächst meist eine Hyperästhesie vorherrscht. Im weiteren Verlauf aber bildet sich das Temperaturempfinden zurück, schließlich geht auch die Berührungs-und Schmerzempfindlichkeit verloren und es kommt zu Taubheitsgefühlen. Außerdem fallen in der betroffenen Hautregion die Haare aus und die Haut verliert die Fähigkeit, Schweiß zu bilden. Schließlich nimmt der Tastsinn immer weiter ab, der Patient spürt praktisch nichts mehr, was ein hohes Risiko für Verletzungen und Verstümmelungen mit sich bringt. Kommt es zum Befall der motorischen Nerven, so sind Muskelschwäche, eine Muskelatrophie und Lähmungserscheinungen die Folge. Üblicherweise weisen die Patienten eine gute Abwehrlage auf und die Erkrankung verläuft entsprechend langsam. Sie heilt nicht selten spontan aus.
Lepromatöse Krankheit als schwerste Form der Lepra
Deutlich gravierender ist die lepromatöse Lepra, bei der sich die Bakterien über die Nervenbahnen, über die Blutbahn sowie über das Lymphsystem im gesamten Organismus ausbreiten. Es kommt zu massiven Hautläsionen, den knotigen Lepromen, die sich vor allem im Gesicht, aber auch in weiteren Körperregionen entwickeln. Die Läsionen können zum sogenannten „Löwengesicht“, dem Facies leonina, verschmelzen. Es können sich massive Geschwüre bilden und Knochen, Muskeln, Sehnen und auch innere Organe zerstören. Die lepromatöse Lepra kann ohne Behandlung letal verlaufen Neben den beiden Formen der tuberkuloiden und der lepromatösen Lepra gibt es als Zwischenstufe auch die sogenannte Borderline-Lepra, eine Mischform, deren Verlauf im Wesentlichen vom Immunstatus des Patienten abhängig ist. Zwischen der tuberkuloiden und der lepromatösen Krankheitsform ist mit dem sogenannten Lepromintest zu differenzieren. Dabei werden abgetötete Leprabakterien intrakutan injiziert. Kommt es zu der charakteristischen Hautreaktion, gilt dies als Nachweis einer tuberkuloiden Lepra.
###more### ###title### Grundsätzlich heilbar ###title### ###more###
Grundsätzlich heilbar
Die Lepra stellt eine grundsätzlich heilbare Erkrankung dar. Wird sie jedoch zu spät therapiert, drohen irreversible Schäden bis hin zum Verlust von Gliedmaßen. Seit den 40er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts gibt es mit den Sulfonamiden eine wirksame Therapie, seit den 80er-Jahren wird von der Weltgesundheitsorganisation eine Polychemotherapie propagiert mit je nach Krankheitsform verschiedenen Wirkstoffkombinationen bis hin zu einer Dreifachkombination aus den Wirkstoffen Rifampicin, Dapson und Clofazimin für mindestens zwei Jahre bei der lepromatösen Lepra. Außerdem sind auch Chinolonantibiotika wie Ofloxacin sowie das Thalidomid bei der Lepra wirksam. Die Leprakranken sind dabei schon nach kurzer Zeit nicht mehr ansteckend.
Christine VetterMerkenicher Str. 22450735 Kölninfo@christine-vetter.de