Gewerbemietrecht

Fallen meiden, Spielräume nutzen

Der Schutz der Mieterrechte ist hierzulande ein hohes Gut. Doch es ist Vorsicht geboten: Die allermeisten mieterfreundlichen Regeln sind nur auf Wohnraummietverhältnisse anwendbar. Wer hingegen Praxisräume anmietet, fällt unter das Gewerbemietrecht. Hier ist fast alles erlaubt, was nicht illegal oder sittenwidrig ist. Der bedarfsgerechten Vertragsgestaltung kommt daher in diesem Bereich besondere Bedeutung zu.

Da Mietverträge für Praxisräume in der Regel entsprechend der individuellen Berufsplanung für längere Zeiträume abgeschlossen werden, muss unbedingt auf die Einhaltung der Schriftform geachtet werden. Das bedeutet, dass alle Vereinbarungen schriftlich getroffen werden und dass sämtliche Vertragspartner den Vertrag entweder eigenhändig unterschreiben oder aber einen anderen Unterzeichner zur Unterschrift bevollmächtigen müssen. Die Vollmacht ist dem Vertrag beizufügen.

Wenn also z. B. aufseiten des Vermieters eine Eigentümergemeinschaft steht, bedarf es der Unterschrift jedes einzelnen Miteigentümers. Andernfalls gilt die Schriftform als nicht eingehalten! Ähnliches gilt, wenn einer der Vertragsparteien eine juristische Person, also z. B. eine GmbH, ist. Auch hier ist Vorsicht geboten: Der (gesetzliche) Vertreter der Gesellschaft ist anzugeben und muss auch unterzeichnen. Im Zweifel sollte man sich daher die Vertretungsbefugnisse durch einen aktuellen Handelsregisterauszug nachweisen lassen.

Alles schriftlich fixieren

Ist die Form nicht eingehalten, so treten ungewollt die gesetzlichen Kündigungsregeln an die Stelle der ursprünglich vereinbarten Klauseln – dies mit der Folge, dass der Mietvertrag gegebenenfalls bereits nach einer Laufzeit von einem Jahr und mit einer Frist von sechs Monaten zum Quartalsende gekündigt werden kann. Damit steht das Mietverhältnis ständig unter dem Damoklesschwert einer vorzeitigen und ungeplanten Kündigung durch den Vermieter! Das gilt auch für spätere Vertragserklärungen: Wollen Sie den Vertrag kündigen oder eine Option ausüben, ist dieses Schreiben von sämtlichen, im Vertrag angegebenen Mietern zu unterzeichnen.

Die Kosten penibel listen

Die Schriftform sollte aber auch aus Beweisgründen eingehalten werden. Das bedeutet, dass tatsächlich sämtliche Absprachen einschließlich aller Nachträge zum Vertrag und aller Vertragserklärungen schriftlich festgehalten werden. Soweit der Vertragstext dennoch Regelungslücken enthält, gelten hierfür die gesetzlichen Vorschriften. Diese sind jedoch auf die Besonderheiten eines Praxisbetriebs nicht zugeschnitten. Achten Sie also darauf, dass Sie alle Punkte, die Ihnen wichtig erscheinen, in den Vertrag aufnehmen. Später lassen sich Zugeständnisse oft nur noch schwer erzielen.

In den Vertrag gehören zunächst die Grundmiete (ausgewiesen als Euro pro Quadratmeter und als Summe), alle geschuldeten Betriebskostenvorauszahlungen sowie etwaige Stellplatzkosten. Im Vertrag enthaltene Wertsicherungsklauseln sollten bei Bedarf auf Zulässigkeit überprüft werden. Ist die Klausel nicht rechtskonform formuliert, können Sie sich gegebenenfalls auf deren Unwirksamkeit im Fall einer Mieterhöhung berufen.

###more### ###title### Räume und Flächen genau beschreiben ###title### ###more###

Räume und Flächen genau beschreiben

Unbedingt in den Vertrag gehört die Beschreibung der Räumlichkeiten und der mitvermieteten Nebenflächen. Alle Räume sollten nach Anzahl, Lage im Haus und Fläche genau bezeichnet werden. Dies gilt auch für Parkplätze, Kellerräume und sonstige mitvermietete Nebenflächen. Es empfiehlt sich, einen Grundriss mit den jeweils markierten Räumen zum Vertrag zu heften. Sofern noch Umbaumaßnahmen durchgeführt werden sollen, ist die Bruttomietfläche einschließlich der Berechnungsgrundlagen anzugeben. Die gemeinschaftliche Nutzung von Abstellflächen für Fahrräder, Müllcontainer etc. ist ebenso zu regeln wie die Frage, wer im Hinblick auf die Gemeinschaftsflächen welche Pflichten übernimmt. Wer muss z.B. für die Reinigung und den Winterdienst sorgen?

Darf ein Schild an die Fassade?

Die Fassade gehört ebenso wenig zu den gemieteten Flächen wie etwaige Schilderanlagen vor dem Haus. Lassen Sie sich daher unbedingt vertraglich die Erlaubnis zur Anbringung von Schildern und anderen Werbemaßnahmen erteilen. Dabei sollten Sie nicht nur den Ort der Anbringung, sondern auch die Größe und Gestaltung der Schilder vertraglich festlegen. Sollte die Fassade unter Denkmalschutz stehen, sind Werbemaßnahmen im Zweifel vorab auch mit der Denkmalschutzbehörde abzustimmen.

Ausdrücklich muss die Anmietung zum Zweck des Betreibens einer Zahnarztpraxis, gegebenenfalls einschließlich der Erbringung von Laborleistungen o. Ä., vereinbart werden. Erkundigen Sie sich in diesem Zusammenhang – sofern die Räume vorher als Wohnraum genutzt wurden – ob die behördlichen Genehmigungen für die Umwidmung von Wohnraum in Gewerbe vorliegen. Fragen Sie auch danach, ob das Gebäude unter Denkmalschutz steht und ob hiermit Einschränkungen, z. B. bei der Nutzung der Fassade für Werbung oder beim Umbau der Räumlichkeiten, verbunden sind.

Lassen Sie sich gegebenenfalls auch die Erfüllung bauordnungs- und bauplanungsrechtlicher Vorschriften einschließlich der erforderlichen Anzahl von Stellplätzen nachweisen. Schließen Sie gegebenenfalls den Vertrag unter der aufschiebenden Bedingung, dass behördliche Auflagen erfüllt sind. Nichts wäre ärgerlicher, als erst nach Vertragsschluss mit behördlichen Auflagen und Verboten konfrontiert zu werden, die jede zeitliche, bauliche und finanzielle Planung über den Haufen werfen.

Vorsorge treffen für Praxiserweiterung

Was zunächst als Einzelpraxis beginnt, kann sich möglicherweise später zu einer Praxisgemeinschaft oder einer Gemeinschaftspraxis entwickeln. Damit zu solchen Veränderungen nicht die Zustimmung des Vermieters eingeholt werden muss, sollte bereits im Mietvertrag eine entsprechende Klausel aufgenommen werden. Danach wird der Mieter berechtigt, etwaige nach Standesrecht zulässige Berufsausübungsgemeinschaften bzw. Kooperationsgemeinschaften zu gründen und diese in den Praxisräumen auszuüben. Stellen Sie gegebenenfalls auch klar, dass Ihre zukünftigen Partner zusammen mit Ihnen in den Mietvertrag eintreten können. Andernfalls droht Ihnen im Zweifel ein Streit mit dem Vermieter darüber, ob Sie die Räume noch im vertraglich vereinbarten Rahmen nutzen.

Wenn Sie Räume anmieten, in denen bereits zuvor eine Zahnarztpraxis betrieben wurde, dann finden Sie die wesentlichen notwendigen Einrichtungen vermutlich bereits vor. Nicht selten aber müssen die Räume erst in einen Zustand versetzt werden, der den Praxisbetrieb überhaupt ermöglicht. Möglicherweise müssen Vernetzungen zur Druckluftversorgung und für das Vakuumsystem geschaffen, Wände eingezogen oder raumlufttechnische Einrichtungen eingebaut werden. Werden solche Ein- und Umbauten vom Mieter vorgenommen, dann ist er grundsätzlich auch dazu verpflichtet, diese bei Mietende auf seine Kosten wieder zurückzubauen und entstandene Schäden an Decken und Wänden zu beseitigen. Das kann überaus teuer werden.

###more### ###title### Kann der Vermieter die Umbauten übernehmen? ###title### ###more###

Kann der Vermieter die Umbauten übernehmen?

Vorteilhafter ist es daher, wenn der Vermieter die notwendigen Ein- und Umbauten auf seine Kosten durchführen lässt. In diesem Fall hat sich der Vermieter sowohl um die Einholung etwaiger erforderlicher Genehmigungen als auch um die korrekte bauliche Ausführung zu kümmern. Allerdings müssen die durchzuführenden Maßnahmen dann detailliert aufgelistet und beschrieben werden. Auch der Termin für die Fertigstellung und die Übergabe ist festzulegen. Gegebenenfalls bietet es sich an, einen pauschalierten Schadensersatz zu vereinbaren, wenn der Vermieter die Räume nicht rechtzeitig und im vertragsgemäßen Zustand übergibt.

Sofern die Ein- und Umbauten von Ihnen durchgeführt werden sollen, empfiehlt sich jedenfalls die Aufnahme einer Klausel in den Vertrag, die es Ihnen erlaubt, die Einbauten nach Auszug in den Räumen zu belassen. Eine Ablösezahlung kann dafür in der Regel nicht verlangt werden. Im Gegenzug können Sie dem Vermieter das Recht einräumen, seinerseits von Ihnen nach Vertragsbeendigung die Überlassung der Einbauten zu verlangen – dies allerdings dann gegen Zahlung einer Entschädigung. Lassen Sie sich in diesem Fall schon vorab vertraglich genehmigen, dass Sie die für den Praxisbetrieb notwendigen Umbauarbeiten ohne weitere Zustimmung des Vermieters durchführen dürfen. Andernfalls müssen Sie später die Erfordernisse Ihres Betriebs mit dem Vermieter diskutieren.

Sollte es Ihnen nicht gelingen, die Rückbauverpflichtung wegzuverhandeln, so halten Sie auf jeden Fall den baulichen Zustand vor Beginn der Umbauten in allen Einzelheiten fest. Sie wollen die Räume ja später nicht in einem besseren Zustand zurückgeben, als Sie sie erhalten haben! Und natürlich brauchen Sie nur in dem Umfang zurückzubauen, wie es faktisch Sinn macht. Wenn der Vermieter ohnehin vorhat, die Räume zu sanieren und damit Ihre Rückbau- und Renovierungsmaßnahmen anschließend wieder ruinieren würde, dann sind Sie insoweit von Ihren Verpflichtungen befreit.

###more### ###title### Andere Umlagefähigkeit der Betriebskosten ###title### ###more###

Andere Umlagefähigkeit der Betriebskosten

Im Gewerbemietrecht existieren keine dem Wohnraummietrecht vergleichbaren Beschränkungen zur Umlagefähigkeit der Betriebskosten. Es können also z. B. auch Kosten für die Verwaltung, die Werbung oder die Bewachung umgelegt werden. Lediglich die Bestimmungen der Heizkostenverordnung zur verbrauchsabhängigen Erfassung und zur Aufteilung der Warmwasser- und der Heizkosten sind zu beachten. Achten Sie also genau darauf, welche Kosten umgelegt werden sollen und welcher Umlageschlüssel gewählt wird. Sofern Leistungen Dritter im Betriebskostenkatalog enthalten sind, sollten Sie eine genaue Leistungsbeschreibung verlangen.

Es gibt bei Gewerbeflächen auch keine Ausschlussfrist für die Erstellung der Betriebskostenabrechnung und die etwaige Nachforderung von Betriebskosten. Eine vertraglich vereinbarte Frist zur Vorlage der Abrechnung begründet hier lediglich einen Rechtsanspruch auf Abrechnung, der dann gegebenenfalls eingeklagt werden muss. Soll also der Anspruch des Vermieters auf die Nachforderung von Betriebskostenerstattungen nach einem gewissen Zeitraum verfallen, so muss dies ausdrücklich vereinbart werden.

Übrigens: Stellt sich nach Vertragsschluss heraus, dass die tatsächliche Fläche der Räume von der vertraglich angegebenen Fläche um mehr als 10 Prozent nach unten abweicht, so kann dies dazu führen, dass Sie sowohl die Miete als auch die Betriebskosten um den entsprechenden Prozentsatz kürzen können. Allerdings sollten Sie vor jeder Mietminderung unbedingt prüfen lassen, ob die rechtlichen Voraussetzungen hierfür tatsächlich gegeben sind. Andernfalls kommen Sie durch die Mietminderung möglicherweise in einen Zahlungsrückstand, der den Vermieter zur Kündigung des Vertrags berechtigen kann.

Schönheitsreparaturen und Instandhaltung begrenzen

Die Abwälzung von Instandhaltungsmaßnahmen auf den gewerblichen Mieter ist üblich und zulässig, soweit ein angemessener Rahmen eingehalten wird. Achten Sie daher auf die Vereinbarung jährlicher betragsmäßiger Höchstgrenzen, die Sie für Kleinreparaturen aufzubringen haben.

Bei der Verpflichtung zur Durchführung von Schönheitsreparaturen hingegen sind die Grenzen für den Vermieter enger gesteckt. Ähnlich den Wohnraummietverträgen sind hier starre Fristenklauseln, also die Vereinbarung fester Renovierungsintervalle, ebenso unzulässig wie eine starre Endrenovierungsklausel, nach der der Mieter unabhängig vom Zustand der Räume bei Auszug komplett renovieren muss. Im Zweifel sollte man die diesbezügliche Vertragsklausel rechtlich prüfen lassen. Ist sie unwirksam, entfällt die Renovierungspflicht.

Obige Ausführungen gelten allerdings nur dann, wenn die Vertragsbestimmung Ihnen vorformuliert vorgelegt wurde. Kann der Vermieter hingegen nachweisen, dass er die Klausel individuell mit Ihnen ausgehandelt hat und das Sie an deren Formulierung mitgewirkt haben, dann müssen Sie diese später gegen sich gelten lassen.

###more### ###title### Ausstiegsmöglichkeiten aus dem Vertrag regeln ###title### ###more###

Ausstiegsmöglichkeiten aus dem Vertrag regeln

Besonders viel Aufmerksamkeit erfordern die Vereinbarungen zur Regelung der Vertragsbeendigung. Hier sollte der Vertrag Ihrer persönlichen Lebens- und Berufsplanung Rechnung tragen. So können Sie sich eine feste Vertragslaufzeit nebst einer oder mehrerer Verlängerungsoptionen ausbedingen. Sie können also durch einseitige Erklärung den Vertrag je nach vertraglicher Festlegung mehrfach für eine bestimmte Dauer verlängern und damit ihren Praxisstandort sichern. Selbstverständlich sollte eine solche Option nur Ihnen vorbehalten sein – andernfalls könnte auch der Vermieter den Vertrag verlängern und Sie wären möglicherweise ungewollt für einen weiteren Zeitraum an das Mietverhältnis gebunden.

Zugleich können Sie die Möglichkeiten einer automatischen Vertragsverlängerung vereinbaren, die dann eintritt, wenn keine der Parteien den Vertrag rechtzeitig vor Ablauf kündigt. Sinnvollerweise sind zudem ausdrückliche Regelungen für den Fall des Todes, einer eingetretenen Berufsunfähigkeit bzw. einer Praxisaufgabe aus sonstigen Gründen zu vereinbaren. Hier sollten Sie sich ein Sonderkündigungsrecht und alternativ das Recht zur Stellung eines Nachmieters einräumen lassen. Auf diese Weise können Sie sicherstellen, dass Sie Ihre Praxis zusammen mit der Ausstattung der Räume und unter Berücksichtigung eines etwaigen Standortvorteils veräußern können. Der Vermieter sollte dem Eintritt Ihres Nachfolgers nur aus wichtigem Grund widersprechen dürfen.

Denken Sie schließlich auch daran, sich einen ausreichenden Konkurrenzschutz auszubedingen. So sollte sich der Vermieter für die Vertragsdauer verpflichten, im Umkreis von mindestens 1 km keine ihm gehörenden Räume an Zahnärzte zu vermieten. Zusätzlich sollte für mindestens ein Jahr nach Vertragsende die Vermietung der Praxisräume an einen anderen Zahnarzt, der nicht Ihr Praxisnachfolger ist, ausgeschlossen werden.

Nutzen Sie den Verhandlungsspielraum!

Selbstverständlich handelt es sich auch bei Gewerbeimmobilien um ein Marktsegment, das von Angebot und Nachfrage geprägt ist. Je größer das Ungleichgewicht zugunsten der Vermieterseite ausfällt, umso enger wird der Verhandlungsspielraum. Selbst jedoch in einem von großer Nachfrage geprägten Umfeld dürften Zahnärzte immer noch zu den begehrten Mietern gehören – geht man doch davon aus, dass sie ihre Miete pünktlich bezahlen werden. Daher gilt: Angesichts des mit der Praxiseinrichtung verbundenen finanziellen und baulichen Aufwands, der Bedeutung des Praxisstandorts und der Langfristigkeit des Mietverhältnisses ist das Aushandeln möglichst vorteilhafter Bedingungen ein Muss! Und falls dies nicht gelingt: Nehmen Sie lieber von einem Objekt Abstand, als einen unvorteilhaften Vertrag unterzeichnen, an den Sie viele Jahre gebunden sind.

Gesa DenekeRechtsanwältin, Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrechtgdeneke@deneke-recht.de

Melden Sie sich hier zum zm-Newsletter des Magazins an

Die aktuellen Nachrichten direkt in Ihren Posteingang

zm Heft-Newsletter


Sie interessieren sich für einen unserer anderen Newsletter?
Hier geht zu den Anmeldungen zm Online-Newsletter und zm starter-Newsletter.