Bridging - Ja oder Nein?
Bei der Indikation für eine dauerhafte orale Antikoagulation überwiegen heute mit Abstand Patienten mit Vorhofflimmern. Nach den neuen Leitlinien mit der Risikostratifizierung nach dem CHA2DS2-VASc-Score sollen nämlich diese mit Ausnahme junger Gesunder unter 65 Jahren antikoaguliert werden, unabhängig davon, ob es sich um ein paroxysmales, ein persistierendes oder ein permanentes Vorhofflimmern handelt. Seltener dagegen sind Patienten mit Klappenprothesen oder einem Zustand nach einer tiefen Beinvenenthrombose beziehungsweise Lungenembolie, für die eine effektive Antikoagulation unverzichtbar ist.
Sinnvoll ist die individuelle Risikostratifizierung
„Während Patienten mit einer mechanischen Herzklappenprothese immer dann, wenn die orale Antikoagulation wegen eines operativen oder interventionellen Eingriffs unterbrochen wird, eine Überbrückung mit einem niedermolekularen Heparin wie Enoxaparin bedürfen, so gilt dies nicht für alle antikoagulierten Vorhofflimmern- Patienten“, sagte Prof. Heyder Omran, Bonn, auf dem Expertentreffen „Gerinnungshemmung - up to date“ in Berlin. Sinnvoll sei eine individuelle Stratifizierung hinsichtlich des Thrombo-Embolie-Risikos.
Grundsätzlich muss die Antikoagulation auch nicht bei jedem kleinen operativen Eingriff unterbrochen werden. „Bei Zahnextraktionen, kleinen dermatologischen Eingriffen und auch bei augenärztlichen Eingriffen am vorderen Augenabschnitt kann meist darauf verzichtet werden“, so Omran. Ist jedoch wegen des erhöhten Blutungsrisikos eine Unterbrechung angezeigt, so wird ein Bridging mit einem niedermolekularen Heparin in einem Positionspapier der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK) nur bei einem mittleren und bei einem hohen Thromboembolierisiko empfohlen.
Bei Vorhofflimmern-Patienten mit bis zu drei Punkten nach dem CHA2DS2-VASc-Score dürfte nur ein geringes Risiko vorliegen, so dass kein Bridging erforderlich ist. Die Antikoagulation wird in solchen Fällen unterbrochen und nach dem Ein-griff wieder aufgenommen. Es kann jedoch eine allgemeine Thromboseprophylaxe notwendig sein.
Thrombo-Embolie-Risiko im Blick behalten
Bei vier bis fünf Punkten muss man allerdings von einem mittleren, ab sechs Punkten sogar von einem hohen Thrombo-Embolie-Risiko ausgehen. Bei diesen Patienten sollte nach Absetzen des Vitamin-K-Antagonisten ein Bridging durchgeführt werden, sobald der INR-Wert auf zwei abgesunken ist. Wenn nach dem Eingriff mit der oralen Antikoagulation wieder begonnen wird, muss das Heparinpräparat solange gegeben werden, bis der Ziel-INR-Wert erreicht ist. „Bei einem mittleren Risiko empfiehlt sich die halbe, bei einem hohen Risiko die volle therapeutische Dosierung des niedermolekularen Heparin“, so Omran.
Für Patienten mit einem mechanischen Herzklappenersatz gilt: Wenn eine Zweiflügel-Aortenklappenprothese und Vorhofflimmern, ein Schlaganfall/TIA in der Anamnese, eine Hypertonie, ein Diabetes mellitus, eine dekompensierte Herzinsuffizienz oder ein Alter über 75 Jahre vorliegen, kann man von einem mittleren Risiko ausgehen, bei Mitralklappenprothesen oder Aortenklappenprothesen älteren Typs muss immer ein hohes Thrombo-Embolie-Risiko angenommen werden.
Das perioperative Gerinnungsmanagement
„Für das perioperative Gerinnungsmanagement bei Patienten mit einem neuen oder besser gesagt einem direkten oralen Antikoagulanz gibt es bisher wenig Erfahrungen und keine Daten“, so Omran. Von den Herstellern wird ein Absetzen der Substanz 24 bis 48 Stunden vor dem Eingriff empfohlen, ohne dass ein Bridging erforderlich ist. Nach dem Eingriff kann die Therapie bei gesicherter Blutstillung wieder fortgeführt werden.
„Ein Bridging mit einer solchen Substanz bei Patienten, die ansonsten auf einen Vitamin-K-Antagonisten eingestellt sind, kann nicht empfohlen werden, dafür sind diese Substanzen nicht zugelassen“, so Omran. Auch können diese Substanzen den INR-Wert beeinflussen.
Dr. Peter Stiefelhagen
Chefarzt der Inneren Abteilung
DRK-Krankenhaus
Alte Frankfurter Str. 12
57627 Hachenburg
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