Zahnmedizinische Krankheitsbilder in der Pädiatrie
Die Entwicklung der Zähne beginnt in der sechsten Embryonalwoche mit der epithelialen Differenzierung der Zahnleisten, ausgehend vom Mundschleimhautepithel. Vom vierten bis zum siebten Embryonal-monat finden wesentliche Entwicklungsschritte für die erste und die zweite Denti- tion statt. Die pränatale Entwicklung kann im Rahmen von genetischen Krankheiten, Infektionen (wie Lues connata; Tonnen- zähne im Verlauf) und Intoxikationen nachhaltig gestört werden. Zum Zeitpunkt der Geburt hat der Mineralisationsprozess bei allen Zahnkronen der ersten Dentition eingesetzt. Während all dieser Prozesse können Störungen eintreten, die für die weitere Entwicklung des Kindes pathologisch und für den Zahnarzt relevant sein können.
Zahndurchbruchsstörungen
Eine Reihe von syndromalen Krankheiten und Stoffwechselerkrankungen geht mit Zahndurchbruchsstörungen einher. Eine vorzeitige Zahneruption (Dens natalis) findet sich bei folgenden Krankheitsbildern (alphabetisch):
dentofaziales Syndrom
Ellis-van-Creveld-Syndrom
Hallermann-Streiff-Francois-Syndrom
Hypopituitarismus
Hyperthyreose
Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalten
Pachyonychia congenita
Proteus-Syndrom (inkomplett, nur in betroffenen Kieferabschnitten)
Saldino-Noonan-Syndrom
Sotos-Syndrom
Sturge-Weber-Syndrom (inkomplett, nur in betroffenen Kieferabschnitten)
Hiervon lassen sich Allgemeinerkrankungen und Syndrome mit verzögertem Zahndurchbruch (Dentitio tarda) abgrenzen. Hierzu gehören (alphabetisch):
Achondroplasie
Adenohypophyseninsuffizienz (TSH, ACTH, FSH, LH, STH, Prolaktin, MSH)
ektodermale Dysplasie
Epidermolysis bullosa
Dysostosis cleidocranialis und Dysostosis cleidofacialis
hereditäre Gingivofibromatose
Hypothyreose
Leukenzephalopathien
Mucopolysaccharidosen
Osteopetrose
Syndrome mit Kleinwuchs (Trisomie 21, Winchester-Syndrom und andere)
Vitamin-D-Mangel
Den meisten Erkrankungen ist ein charakteristischer Phänotyp oder eine zur Diagnostik führende Laborkonstellation eigen. Die Zahndurchbruchsstörungen stellen lediglich ein Begleitphänomen oder später eine anamnestische Angabe dar.
Zahnfehlbildungen
Genetisch bedingte Zahnfehlbildungen wie
Amelogenesis imperfecta,
Dentinogenesis,
Dentindysplasie oder
Odontodysplasie
haben weitreichende Konsequenzen für den Erhalt der Zähne bei Kindern und Jugendlichen und stellen eigenständige Krankheitsbilder dar. Von den genetisch bedingten Zahnfehlbildungen sind solche nicht genetischer Art abzugrenzen. Hierzu gehören allgemeine Schmelz- und Dentinhypoplasien. Tabelle 1 fasst die Ursachen für Schmelz- und Dentinhypoplasien zusammen.
Folgende Allgemeinkrankheiten und Syndrome gehen mit Schmelzstrukturanomalien einher (alphabetisch):
akrodentales Syndrom
Albright-Syndrom (Fibröse Dysplasie)
Amelo-Onchohypohidrose-Syndrom
brachioskeletalgenitales Syndrom
Epidermolysis bullosa
ektodermale Dysplasie / kranioektoder-male Dysplasie
Ellis-van-Creveld-Syndrom
fokale dermale Hypoplasie
Kearns-Sayre-Syndrom (Mitochondriale Myopathie)
Kieferbogen-Syndrome
Lenz-Majewski-Syndrom (Hyperostotischer Kleinwuchs)
Mukopolysaccharidose Typ IVA
okulodentoossäre Dysplasie
Pseudohypoparathyreoidismus
tuberöse Sklerose
Vitamin-D-resistente Rachitis
Hier ist der Phänotyp der Erkrankungen häufig sehr charakteristisch. Die Zahnfehlbildungen können bei der Diagnosefindung von großer Bedeutung sein. Daneben spielt das Symptom „Kleinwuchs“ (wie bei Trisomie 21) eine bedeutende Rolle. Von Kleinwuchs spricht man bei einer Körperlänge unterhalb der dritten Perzentile oder einem Längendefizit von mehr als zwei Standardabweichungen. „Hochwuchs“ (zum Beispiel Sotos-Syndrom) liegt bei einer Körperlänge oberhalb der 97. Perzentile oder einer Länge über der doppelten Standardabweichung vor. Diagnostisch wegweisend ist die Einordnung der Patientenparameter in sogenannte „Perzentilenkurven“.
Bei den sogenannten „Molaren-Inzisiven-Hypomineralisationen (MIH)“ (Prävalenz in Europa zwischen vier und 25 Prozent) werden folgende Ursachen diskutiert:
Frühgeburtlichkeit, perinatale Hypoxie
Intoxikation (Dioxin, Biphenyle in der Muttermilch)
respiratorische Krankheitsbilder
Infektionskrankheiten
Störungen der Homöostase (Hypoparathyreoidismus, Vitamin-D-Hypovitaminose)
Malassimilationszustände (Malnutrition, Malabsorption, Zöliakie und andere)
Auch Abweichungen der Zahnzahl und der Zahngröße können bei syndromalen Erkrankungen oder „Allgemeinerkrankungen“ auftreten: Cockayne-Syndrom, Ellis-van-Creveld-Syndrom, ektodermale Dysplasie, fokale dermale Hypoplasie, Kiefer-Gaumen-Spalten, Rieger-Syndrom und Trisomie 21 (Abbildung 1).
Zahnverfärbungen sind klinisch sichtbare Abweichungen von der normalen Zahnfarbe. Sie entstehen durch Strukturveränderungen und Einlagerungen von Farbstoffen vorwiegend in die Zahnpulpa. In der Pädiatrie kommen Struktur- und Dimensionsänderungen im Zahnschmelz unter anderem bei Karies und nach Traumata vor. Farbstoffeinlagerungen finden sich bei Hepatitiden, hämorrhagischen Blutungen/Nekrosen, Gallenwegserkrankungen und durch Tetrazyklineinlagerung (bei unsachgemäßem Gebrauch).
###more### ###title### Karies und Parodontopathien ###title### ###more###
Karies und Parodontopathien
Zu den in der Pädiatrie auftretenden Krankheitsbildern aus der Zahnmedizin gehören auch Karies und Parodontopathien. Wesentlich für die Entstehung von Karies sind neben der Ernährung auch die Mikrostruktur des Schmelzes, die Speichelmenge und -zusammensetzung sowie die Pathogenität der oralen Mikroflora. Häufig stellt die Karies ein Symptom bei Vernachlässigung oder gar Misshandlung dar. Kariöse Zähne finden sich häufig auch bei Patienten, bei denen die Mundhygiene schwierig durchzuführen ist (schwer mehrfach behinderte Patienten) oder im Rahmen von komplexen Situationen innerhalb der Sozialpädiatrie. Eine Reihe von Medikamenten können mit einer Gingivahyperplasie (Abbildung 2) einhergehen (Phenytoin: rund 50 Prozent, Cyclosporin: etwa 30 Prozent, Nifedipin: circa 20 Prozent). Da Phenytoin durch neuere Antikonvulsiva weitgehend verdrängt worden ist, dürften die medikamentös bedingten Gingivahyperplasie-Erkrankungen zurückgegangen sein.
Die chronische Parodontitis als entzündliche Erkrankung des Zahnhalteapparats infolge mangelnder Mundhygiene ist bei Kindern und Jugendlichen selten. Die Prävalenz wurde in der Vergangenheit mit etwa einem Prozent angegeben. Schwere Parodontal-erkrankungen finden sich bei folgenden syndromalen Krankheitsbildern: Bindegewebsstörungen wie Ehlers-Danlos-Syndrom, granulozytäre Funktionsdefekte (primär oder im Rahmen von Syndromen, wie zum Beispiel Trisomie 21), Neutropenie, Langerhans-Zell-Histiozytose und anderen hämatoonkologischen Krankheitsbildern, Hypophosphatasie und mehr. Die wichtigsten „Allgemeinerkrankungen“ neben Diabetes mellitus, die den Parodontitis-Verlauf deutlich beeinflussen, sind Fettstoffwechselstörungen und Adipositas, Osteoporose, HIV/Aids und andere Immundefekte, andere systemische Faktoren, etwa Medikamente, Stress und Hormone.
Von großer Bedeutung ist jedoch, dass Parodontalerkrankungen zunehmend auch als Begleitsymptom anderer Krankheits- bilder, wie Diabetes mellitus Typ 1 oder bei Leukämien, auftreten (Abbildung 3). In Deutschland waren 2007 etwa 15 000 Kinder und Jugendliche im Alter bis zu 14 Jahren an Diabetes mellitus Typ 1 erkrankt. Jährlich werden zwischen 2 100 und 2 300 Neuerkrankungen in dieser Altersgruppe registriert. Dabei musste in mehreren Studien ein Anstieg der Neuerkrankungsrate für Typ-1-Diabetes um drei bis vier Prozent pro Jahr dokumentiert werden. Wohl infolge der zunehmenden Bedeutung von Risikofaktoren wie Adipositas, mangelnde Bewegung und falsche Ernährung sind zunehmend auch Diabetes-mellitus-Typ-2-Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen zu beobachten. Eine Reihe von Autoren sehen einen triangulären Zusammenhang zwischen Diabetes mellitus Typ 1 und Typ 2, Übergewicht und Parodontitis. Übergewicht und Adipositas stellen bei Kindern und Jugendlichen ein zunehmendes Problem dar. 15 Prozent der Drei- bis 17-jährigen in Deutschland weisen Über- gewicht auf. Eine Adipositas liegt bei mehr als sechs Prozent der Kinder vor. Diese Daten dürften Einfluss auf die Epidemiologie von Parodontalerkrankungen haben.
Mit steigender Tendenz erkranken etwa 2 000 Kinder und Jugendliche bis 15 Jahre in Deutschland an Krebs. Leukämien kommen mit 34 Prozent, gefolgt von ZNS-Tumoren (24 Prozent) und Lymphomen (11 Prozent) dabei am häufigsten vor. Unklare Raumforderungen in der Mundhöhle oder im Gesichts-/Wangenbereich sollten auch immer den Verdacht auf ein Malignom (Rhabdomyosarkome, Histiozytome, leukämische Infiltrationen, Gingivainfiltrationen und mehr lenken). Daneben können Komplikationen der Therapie (Ulzerationen, graft- versus host-Reaktionen und weitere) zur zahnärztlichen Konsultation führen.
###more### ###title### Mundschleimhaut- und Lippenerkrankungen ###title### ###more###
Mundschleimhaut- und Lippenerkrankungen
Neben Erkrankungen der Zähne sind in der Pädiatrie häufig auch Mundschleimhauterkrankungen anzutreffen. Das wohl häufigste Krankheitsbild stellt die Gingivo-stomatitis herpetica oder Stomatitis aph-thosa dar (Abbildung 4). Erreger dieser Krankheit ist das Herpes-simplex-Virus Typ 1. Insbesondere bei Säuglingen und Kleinkindern besteht infolge der Erkrankung neben der symptomatischen Therapie häufig auch eine Exsikkose durch Nahrungsverweigerung.
Von der Stomatitis aphtosa abzugrenzen ist das Erythema exsudativum multiforme majus (EEMM) (Abbildung 5), das auch als Sonderform Morbus Fuchs bekannt ist. Bei dieser Form besteht kein Hautbefall. Es handelt sich beim EEMM um eine entzündliche Erkrankung der Haut oder der Schleimhaut mit typischen (Schießscheiben-artigen) und atypischen (erhabenen) Kokarden und hämmorrhagisch-erosiven Veränderungen mindestens einer Schleimhaut (Mund, Auge, Genitale). Die Erkrankung tritt bei Kindern häufig mykoplasmenassoziiert, aber auch postherpetisch oder nach anderen Luftwegsinfektionen auf. Eine antivirale Therapie ist nicht angezeigt. Mykosen („Candidiasis“) stellen eine opportunistische Infektion bei herabgesetzter Abwehrlage des Kindes dar (Immunsuppression). Neugeborene und Säuglinge besitzen diesbezüglich eine altersbezogene Disposition. Im Unterschied zu – zum Beispiel Koplik´schen Flecken im Frühstadium der Masernerkrankung (Abbildung 6) – sind die weiß-gelben Flecken der Candia- albicans-Infektion abwischbar.
Neben den traumatogenen Mundschleimhauterkrankungen durch Einführen von Gegenständen in die Mundhöhle oder „Daumenlutschen“ ist eine Reihe von nicht traumatogenen Mundschleimhautveränderungen bekannt. Hierzu gehören rheuma- tische Erkrankungen (wie Morbus Behçet), Windpocken, Herpangina (Infektion durch Coxsackie-Viren mit Bläschen am Gaumensegel), Hand-Fuß-Mund-Krankheit (Cox- sackie-Viren), Masern, Epstein’sche Perlen (bei Neugeborenen), Stomatitis allergica und Epidermolysis bullosa. Etwa 20 Prozent der Bevölkerung weisen rekurrierende aphthöse Stomatitiden auf. Auch im Kindes- und Jugendalter ist eine Reihe von Faktoren gut bekannt, die mit einer rekurrierenden aphthösen Stomatitis assoziiert sind. Hierzu gehören Fehlernährung (Eisen-, Zinkmangel, Vitamin-B1-, -B2-, -B6- und -B12-Mangel), chronisch entzündliche Darmerkrankungen (Morbus Crohn (Abbildung 7), Collitis ulcerosa, Zöliakie (oft Cheilitis, Fissuren, Rhagaden), zyklische Neutropenie, das sogenannte PFAPA-Syndrom und andere).
Häufige infektiöse Ursachen für Symptome in der Mundhöhle sind Infektionen durch Streptokokken der Gruppe A (Rachen-Mandel-Entzündung mit hochrotem Rachen und Gefäßinjizierungen, Himbeerzunge), inklusive Scharlach (feinfleckiges Exanthem mit Aussparung der Mundpartie, Tonsillitis/Angina, Enanthem, Himbeerzunge; Rekonvaleszenz: Schuppung, besonders an den Händen). Hiervon abzugrenzen ist das Kawasaki-Syndrom (mukokutanes Lymphknotensyndrom). Hierbei handelt es sich um eine akute febrile Vaskulitis mit multiplem Organbefall. Zu den Hauptsymptomen dieser, vor allem bei Kleinkindern vorkommenden Krankheit gehören ein hohes, Antibiotika-resistentes und länger als fünf Tage andauerndes Fieber, das morbiliforme Exanthem, ferner Symptome der Mundhöhle (hochrote, trockene, rissige Lippen, Erdbeerzunge (Lackzunge)), das Enanthem der Rachen- und Mundschleimhaut, weiter eine deutlich sichtbare Rötung und Verhärtung der Hand- und Fußsohlen, zervikale Lymphknotenschwellungen sowie konjunktivale Injektionen.
###more### ###title### Infektionskrankheiten, Fehlbildungen und mehr ###title### ###more###
Infektionskrankheiten, Fehlbildungen und mehr
(Impfpräventable) Infektionskrankheiten wie Masern, Mumps, Röteln, Windpocken, Keuchhusten, Influenza und andere können mit zahnmedizinisch bedeutsamen Symptomen einhergehen. Darüber hinaus stellen infektiöse Kinder und Jugendliche eine Gefährdung für das Praxispersonal oder wartende (immunsupprimierte) Patienten dar. Von „banalen“ Infektionskrankheiten mit eher leichten Verläufen sind lebensbedrohliche Infektionen durch bekapselteBakterien (Meningokokken, Pneumokokken, Haemophilus influenzae Typ B) unbedingt abzugrenzen. Die Behandlung von Kindern und Jugend- lichen mit angeborenen Fehlbildungen und Defekten (Herzfehler (Endokarditisprophylaxe!), dysraphische Störungen, Immun- defekte, andere) oder komplexen Syndromen und Krankheitsbildern (wie Kinderneurologie, Menschen mit (geistigen) Behinderungen und mehr) setzt ein enges interdisziplinäres Zusammenarbeiten zwischen Zahnmedizin und Pädiatrie voraus.
Häufige Symptome und Notfälle
Zu den bedeutendsten Symptomen neben Fieber (bakterielle, virale Infektionen, rheumatischer Formenkreis und anderen), die bei pädiatrischen Patienten in der Zahnmedizin eine Rolle spielen, gehören Luftnot, allergische Symptome und Krampfanfälle. Luftnot kann bei Infektionen durch Fremdkörper, Fehlbildungen und andere Ursachen bedingt sein. Luftnot kann ein Vorbote eines schweren Notfalls sein. Der lebensbedroh- liche kindliche Notfall ist glücklicherweise selten und praktisch immer ein „Sauerstoffmangel-Notfall“. Ein Grund hierfür sind die spezifischen anatomischen Verhältnisse des kindlichen Luftwegs im Vergleich zum Erwachsenen (Abbildung 8).
Allergische Reaktionen können verschiedene „Erfolgsorgane“ betreffen:
Haut (Quaddeln, Flush, Erythem, Juckreiz, periorales Ödem)
Schleimhaut (Tränenfluss, Konjunktivitis, Rhinitis, Larynxödem)
Atemwege (Husten, Giemen, Tachypnoe, Hypoxämie, Zyanose, Dyspnoe, Atemstillstand)
Kreislauf (Hypotonie, Tachykardie, Arrhythmien, Herzstillstand)
Gastrointestinal-Trakt (Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, abdominelle Krämpfe)
ZNS (Kopfschmerzen, Unruhe, Bewusstseinsverlust, Krämpfe)
Etwa fünf Prozent der Bevölkerung in Deutschland erleiden während des Lebens einen Gelegenheitsanfall ohne Entwicklung einer Epilepsie. Zehn Prozent der gesunden Menschen weisen Zeichen der neuronalen Erregbarkeitssteigerung im EEG auf. Bei 0,5 bis einem Prozent der Bevölkerung liegt jedoch eine Epilepsie vor. Die Inzidenz beträgt insgesamt 30-50/100 000. Vier Prozent aller Kinder erleiden mindestens einmalig einen Krampfanfall. Die Inzidenz für eine kindliche Epilepsie ist stark altersabhängig: Sie liegt bei null bis neun Jahren bei 71/100 000, im ersten Lebensjahr jedoch bei 202/100 000. Krampfanfälle im Kindesalter sind also nicht selten. Die zahnmedizinische Behandlung von Kindern und Jugendlichen setzt auch spezielle notfallmedizinische Kenntnisse voraus. Die Reanimationsempfehlungen für Kinder unterscheiden sich von jenen bei Erwachsenen. Es empfiehlt sich die Teilnahme an speziellen Trainings für das ganze Team.
###more### ###title### Kinder und Jugendliche sind „spezielle“ Patienten ###title### ###more###
Kinder und Jugendliche sind „spezielle“ Patienten
Auch in der Zahnmedizin ist zu beachten, dass Kinder und Jugendliche über einen wachsenden, sich ständig verändernden Organismus mit einer altersabhängigen (Patho-)Physiologie und Vulnerabilität verfügen. Diese Besonderheiten sowie die Normwerte von Vitalparametern gilt es zu kennen. Nur bei „Kenntnis“ der alters-abhängigen „Normalität“ kann die Pathologie erkannt und behandelt werden. Für Medikamente liegt bei Kindern und Jugendlichen oft eine spezifische Pharmakodynamik und -kinetik vor. Die Dosierung erfolgt je kg oder je m² Körperoberfläche. Viele Medikamente sind regelhaft explizit nicht für dieses Alter zugelassen. Keine andere Patientengruppe weist eine höhere Lebenserwartung als Kinder und Jugendliche auf. Dies muss auch bei der zahn- medizinischen Diagnostik (Anwendung von Strahlen!) und Therapie beachtet werden. Darüber hinaus gilt es, die kommunikativen Kompetenzen von Kindern und Jugendlichen richtig einzuschätzen.
Zusammenfassung
Abschließend sei bemerkt, dass wohl die häufigsten Symptome im Mund- und Zahnbereich bei Kindern und Jugendlichen durch Infektionen bedingt sein dürften. Darüber hinaus ist eine Vielzahl von sogenannten „seltenen Erkrankungen“, meist genetischer Prädisposition, bekannt, die mit Zahn- und/oder Mundschleimhautveränderungen einhergehen. Nicht unerwähnt bleiben sollte auch die Bedeutung von „Erkrankungen der Mundhöhle“ als Symptom an sich oder als Folge von Kindesmisshandlungen sowie im Rahmen von Vernachlässigung.
Univ.-Prof. Dr. med. Markus KnufArzt für Kinder- und Jugendmedizin Neuropädiatrie, Neonatologie, päadiatrische Intensivmedizin, Infektiologie
Klinik für Kinder und JugendlicheDr. Horst Schmidt KlinikLudwig-Erhard-Str. 10065199 Wiesbadenmarkus.knuf@helios-kliniken.de