Weg mit den Grauzonen
Der Gesetzentwurf sieht Änderungen insbesondere im Strafgesetzbuch sowie im SGB V vor, mit denen der Straftatbestand der Bestechung und Bestechlichkeit im Gesundheitswesen eingeführt wird. Zudem sollen Verbände, Kammern und Kassen des Gesundheitswesens zur Mitwirkung bei der Aufdeckung und Verfolgung solcher Straftaten verpflichtet werden. Aber die Abgrenzung der Korruption (die künftig strafbar sein soll) von durchaus sinnvollen Kooperationen verschiedener Berufsgruppen untereinander (wie etwa Arzt/Physiotherapeut, Zahnarzt/Zahntechniker) im Gesundheitswesen ist noch nicht abschließend geklärt.
Kann man Korruption verschieden definieren?
Kernpunkt der Diskussion: Der Gesetzentwurf geht davon aus, dass die Konkretisierung dessen, was Korruption ist, durch das jeweilige Berufsrecht geregelt werden soll. Dieses ist jedoch föderal aufgestellt. Was in einem Bundesland als erfüllt gilt, muss im anderen nicht der Fall sein – eine unklare Grauzone.
Zur Anhörung geladen waren verschiedene Sachverständige: Der Justitiar des Verbands der forschenden Pharma-Unternehmen (vfa), Dr. Uwe Broch, wies auf die Notwendigkeit der Zusammenarbeit zwischen Arzneimittelherstellern und Ärzten für die Entwicklung und Erprobung neuer Präparate hin. Er kritisierte das Vorhaben des Gesetzgebers, die genaue Definition des strafbaren Verhaltens den Ärzte- und Zahnärztekammern überlassen zu wollen.
Der Freiburger Rechtsanwalt Dr. Morton Douglas warnte davor, dass – angesichts unterschiedlicher berufsrechtlicher Regelungen in den verschiedenen Bundesländern – Akteure des Gesundheitswesens ihre Tätigkeit in Bundesländer mit weniger strengen Berufsordnungen verlagern könnten.
Der Kölner Strafrechtler Prof. Dr. Michael Kubiciel empfahl, Korruption im Gesundheitswesen zum Offizialdelikt zu machen, bei dem die Staatsanwaltschaft von Amts wegen ermitteln muss. Der Präsident der Bundesärztekammer, Prof. Dr. Frank Ulrich Montgomery, sprach sich dagegen aus, die Definition strafbarer Handlungen den regionalen Kammern überlassen zu wollen. „Korruption ist überall gleich“, sagte Montgomery, deshalb solle auch die Definition bundeseinheitlich sein.
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Was ist tatsächlich strafwürdig?
Die zahnärztlichen Spitzenorganisationen hatten bereits im Vorfeld ihre Stellungnahmen abgegeben und ihre Haltung von „Null Toleranz“ bei Korruption deutlich gemacht. Sie halten die im Gesetzentwurf aufgestellten Regelungen für nicht präzise und fordern Klarheit vom Gesetzgeber. So fehlen aus Sicht der KZBV Ergänzungen zum Umfang der Strafbarkeit. Sichergestellt werden müsse, dass Verhaltensformen, die nach berufsrechtlichen Maßstäben erlaubt, erwünscht oder gebilligt sind, nicht bestraft werden.
Der Gesetzgeber solle nur solche Sachverhalte ins Gesetz aufnehmen, die tatsächlich strafwürdig seien. Die KZBV weist darauf hin, dass etwa eine Zusammenarbeit zwischen dem Zahnarzt und einer Dentalhandelsgesellschaft oder einem gewerblichen Labor nicht unüblich sei. Eine solche gewachsene Geschäftsbeziehung sei sachlich gerechtfertigt, diene dem Interesse des Patienten oder der Krankenkasse und habe mit einer Vorteilsnahme des Zahnarztes nichts zu tun.
Die BZÄK betrachtet den Entwurf als zu unbestimmt, um ein verlässliches Instrument zur Korruptionsbekämpfung zu sein. Sie bietet an, die Fachexpertise der Kammern bei der Definition und Gestaltung des Berufsrechts zu nutzen und so erwünschte Kooperation von strafbarem korruptivem Verhalten abzugrenzen. Weiter ist sie der Auffassung, dass die bestehenden Regelungen zur Zusammenarbeit von Selbstverwaltung und Justiz verbessert werden sollten. Seitens der Strafverfolgungsbehörden bestehen derzeit gegenüber den Kammern im Rahmen der „Anordnung über Mitteilungen in Strafsachen (MiStra)“ nur unzureichende Mitteilungspflichten, um Fehlverhalten berufsrechtlich ahnden zu können. Diese müssten ausgebaut werden.
Das Antikorruptionsgesetz geht Mitte Januar 2016 in die zweite und in die dritte Lesung im Bundestag. Es tritt voraussichtlich ab März in Kraft.