Kooperation mit Fremdlabor

Antikorruptionsgesetz – vom Partnerfactoring ist abzuraten

Am 4.6.2016 ist das „Gesetz zur Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen“ (Antikorruptionsgesetz) in Kraft getreten. Eingeführt wurden die neuen Straftatbestände der Bestechung (§ 299a StGB) und der Bestechlichkeit (§ 299b StGB) im Gesundheitswesen. Unmittelbar davon betroffen ist der Zahnarzt beim sogenannten Partnerfactoring.

Nach dem Gesetz kann künftig jeder Angehörige eines Heilberufs bestraft werden, der einen Vorteil dafür erhält, dass er bei der Verordnung oder beim Bezug von Arzneimitteln und Medizinprodukten oder bei der Zuführung von Patienten einen anderen in unlauterer Weise bevorzugt. Der Vorteilsgeber wird ebenfalls strafrechtlich erfasst. Die praktischen Auswirkungen dieses Gesetzes können nicht hoch genug bemessen werden. Grund: Sämtliche – teilweise langjährig – eingeübten Formen der Kooperation im Gesundheitswesen stehen seitdem auf dem strafrechtlichen Prüfstand.

Dies gilt auch für das sogenannte Partnerfactoring. Hierbei wird beim Factoring zahnärztlicher Leistungen durch Abrechnungsdienstleister ein bestehendes Fremdlabor des Zahnarztes ins Factoring einbezogen. Die von den Dienstleistern angewendeten Modelle sind dabei unterschiedlich angelegt. Ziel und Ergebnis aller Verfahren ist jedoch, dass vom Dentallabor ein Teil der ohne Partnerfactoring allein beim Zahnarzt anfallenden Factoring-Gebühr getragen wird. Im Zentrum um die strafrechtliche Zulässigkeit des Partnerfactorings steht zum einen die Frage, ob die anteilige Übernahme der Factoring-Gebühr durch das Dentallabor für den Zahnarzt einen Vorteil im Sinne der neuen Straftatbestände darstellt, zum anderen, ob der Zahnarzt diesen Vorteil im Rahmen einer strafrechtlich relevanten Unrechtsvereinbarung erhält.

###more### ###title### Der Vorteil liegt beim Zahnarzt ###title### ###more###

Der Vorteil liegt beim Zahnarzt

Während ein großer Teil der Experten die Ansicht vertritt, dass der Zahnarzt eindeutig einen Vorteil erhält, wird dies von anderen Fachleuten auch mit der Begründung verneint, dass seitens des Labors ein berechtigtes wirtschaftliches Interesse an der Übernahme der Factoring-Gebühr bestehe. So könne das Labor durch das Factoring eine sofortige Begleichung seiner Forderung erreichen (schnelle Liquidität) und das Ausfallrisiko auf das Factoring-Unternehmen verlagern.

Diese Argumentation verkennt jedoch, dass nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs für die Frage des Vorteils die Interessen des potenziellen Vorteilsgebers (hier des Dentallabors) irrelevant sind. Ein Vorteil ist vielmehr bereits dann gegeben, wenn der Vorteilsnehmer (hier der Zahnarzt) eine Leistung erhält, die ihn wirtschaftlich besser stellt und auf die er rechtlich keinen Anspruch hat. Gerade dies ist jedoch bei der anteiligen Übernahme der Factoring-Gebühr der Fall. Denn unabhängig von der konkreten Ausgestaltung der zahlreichen existierenden Modelle reduzieren sich durch die Beteiligung des Labors die vom Zahnarzt zu tragenden Factoring-Gebühren. Auf eine solche Beteiligung hat der Zahnarzt jedoch gegenüber dem Labor keinen Anspruch.

Hintergrund ist, dass der Zahnarzt gegenüber dem Patienten aus rechtlicher Sicht sowohl die zahnärztliche als auch die zahntechnische Leistung erbringt und diese auch jeweils in eigenem Namen liquidiert. Patient und Dentallabor stehen hingegen regelmäßig in keinem vertraglichen Verhältnis. Macht der Zahnarzt gegenüber dem Patienten jedoch die zahnärztliche und die zahntechnische Leistung jeweils als eigenen Anspruch geltend, entstehen auch die dafür anfallenden Factoring-Gebühren vollständig in seiner Sphäre. Aus dem Factoring-Vertrag zur Einziehung eigener Forderungen des Zahnarztes ergibt sich kein Anspruch auf Beteiligung eines Dritten.

Selbst wenn das Factoring-Unternehmen mit dem Dentallabor einen weiteren, eigenständigen Factoring-Vertrag schließt, ändert dies nichts. In diesem Fall entsteht nur ein weiterer Gebührenanspruch des Abrechnungsdienstleisters gegenüber dem Labor. Es begründet jedoch keinen Anspruch des Zahnarztes auf anteilige Übernahme seiner Gebühr. Auch ist nicht nachvollziehbar, warum dann – wie in manchen Modellen der Fall – die Bemessungsgrundlage für die Berechnung der Factoring-Gebühr des Zahnarztes reduziert wird, um eine niedrigere Factoring-Gebühr zu errechnen.

###more### ###title### Unlautere Bevorzung eines Labors? ###title### ###more###

Unlautere Bevorzung eines Labors?

Nachdem somit ein Vorteil vorliegt, ist für die Frage der Strafbarkeit des Partnerfactorings sodann entscheidend, ob die Übernahme der Factoring-Gebühr als Gegenleistung für eine unlautere Bevorzugung des Labors angesehen werden kann (sogenannte Unrechtsvereinbarung).

Dies lässt sich in der Praxis nur durch eine umfassende Einzelfallbetrachtung beantworten. Hierbei ist sicher zu berücksichtigen, dass für das Dentallabor durchaus plausible wirtschaftliche Gründe bestehen können, sich an der Factoring-Gebühr zu beteiligen (s. o.).

Auf der anderen Seite darf nicht verkannt werden, dass das Partnerfactoring häufig gerade als Instrument zur Kundenbindung beworben wurde – und nach wie vor wird. Gerade dadurch kann der Eindruck entstehen, dass sich die Zuweisung eines Patienten an ein Dentallabor nicht nach ärztlichen beziehungsweise medizinischen Gesichtspunkten, sondern eben danach richtet, ob beziehungsweise in welcher Höhe ein Dentallabor die Factoring-Gebühren übernimmt.

In diesem Fall ließe sich die Zuweisungsentscheidung auch nicht mit der Argumentation legitimieren, dass nach der Gesetzesbegründung Barzahlungsskonti stets zulässig sind. Denn bei der Übernahme der Factoring-Gebühr handelt es sich nicht um ein solches Barzahlungsskonto. Die Beteiligung an der Gebühr erfolgt nämlich gerade unabhängig von den zugrunde liegenden Zahlungsmodalitäten und übersteigt häufig anerkannte Skontosätze und hat rechtlich einen anderen Charakter.

###more### ###title### Wie sieht die strafrechtliche Verfolgung künftig aus? ###title### ###more###

Wie sieht die strafrechtliche Verfolgung künftig aus?

Unabhängig vom bislang rein akademischen Meinungsstand muss für den weiteren Umgang mit dem Partnerfactoring ohnehin einzig entscheidend sein, wie diese Form der Kooperation durch die Strafverfolgungsbehörden künftig beurteilt werden wird.

Aufgrund der Weite des gesetzlichen Tatbestands und der Ausfüllungsbedürftigkeit der darin enthaltenen unbestimmten Rechtsbegriffe lassen sich Inhalt und Stoßrichtung der künftigen Verfolgungspraxis derzeit noch in keiner Weise abschätzen. Beachtenswert ist jedoch, dass das im ursprünglichen Gesetzesentwurf noch vorhandene Strafantragserfordernis im Gesetzgebungsverfahren bewusst gestrichen wurde, so dass Bestechungsdelikte im Gesundheitswesen nunmehr von Amts wegen zu verfolgen sind. Verschiedene Bundesländer haben bereits angekündigt, sogenannte Schwerpunktstaatsanwaltschaften zu gründen. Es ist daher durchaus mit einer intensiveren und kritischen Überprüfung bestehender Kooperationsmodelle zu rechnen.

Anwaltliche Gutachten bieten keinen Schutz

Auch durch die Einholung von anwaltlichen Gutachten, die die Zulässigkeit des Partnerfactorings bescheinigen, kann hierbei derzeit kein rechtssicherer Freibrief erlangt werden. Zwar ist grundsätzlich anerkannt, dass ein anwaltliches Gutachten unter bestimmten Voraussetzungen den Mandanten selbst dann vor Strafe schützen kann, wenn Staatsanwaltschaft und Strafgerichte die betreffende Konstellation anders bewerten. Gerade bei in der Öffentlichkeit kontrovers diskutierten Themengebieten haben die Strafsenate des Bundesgerichtshofs jedoch wiederholt betont, dass ein Betroffener nicht vorschnell auf die Richtigkeit eines ihm günstigen Gutachtens vertrauen und seine Augen nicht vor gegenteiligen Ansichten verschließen darf. Bis sich eine Stoßrichtung der staatsanwaltschaftlichen Verfolgungs- und strafgerichtlichen Entscheidungspraxis abzeichnet, kann daher aus präventiver Sicht nicht zu einem Festhalten am Partnerfactoring geraten werden.

Dr. Erik Buhlmann, Fachanwalt für Strafrecht und Partner der Kanzlei Ufer Knauer Rechtsanwälte, München

Ufer Knauer wurde von den Deutschen Zahnärztlichen Rechenzentren der Dr. Güldener Firmengruppe (DZR) beauftragt, als Drittgutachter diverse Partnerabrechnungsmodelle zu bewerten. Die Deutschen Zahnärztlichen Rechenzentren haben das Partnerfactoring zum 31.05.2016 eingestellt, da keines der im Markt bekannten Modelle den Kunden die nötige Rechtssicherheit geboten hätte.

Melden Sie sich hier zum zm-Newsletter des Magazins an

Die aktuellen Nachrichten direkt in Ihren Posteingang

zm Heft-Newsletter


Sie interessieren sich für einen unserer anderen Newsletter?
Hier geht zu den Anmeldungen zm Online-Newsletter und zm starter-Newsletter.