BZÄK-Präsident Dr. Peter Engel zur Novellierung der GOÄ

Was die GOÄ mit der GOZ macht

Auf dem außerordentlichen Deutschen Ärztetag am 23. Januar in Berlin haben die Delegierten der Bundesärztekammer mehrheitlich für den weiteren Novellierungsprozess der GOÄ gestimmt. Die Bundeszahnärztekammer sieht dies kritisch: Wenn die GOÄ in einer Weise novelliert wird, dass ordnungspolitische Strukturen à la GKV geschaffen werden, könnte dies der unmittelbare Beginn des Übergangs in eine Bürgerversicherung sein. BZÄK-Präsident Dr. Peter Engel bezieht Position.

Die Gebührenordnung für Ärzte soll novelliert werden. Wenn es nach den Vorstellungen von Bundesärztekammer und Verband der privaten Krankenversicherungen geht, wird die neue GOÄ noch im Herbst in Kraft treten. Ein ambitioniertes Vorhaben, da hierfür nicht nur eine Gebührenordnung mit mehreren Hundert völlig neuen Gebührennummern Bundesregierung und Bundesrat erfolgreich passieren muss. Darüber hinaus soll nach den Wünschen von BÄK und PKV parallel auch der Gesetzgeber bemüht werden, da die Verhandlungspartner eine Änderung der Bundesärzteordnung ins Auge gefasst haben.

Völlig unbestritten ist die GOÄ – wie unsere GOZ – dringend überarbeitungsbedürftig. Die Leistungskataloge sind veraltet und entsprechen nicht dem aktuellen Stand der (zahn)ärztlichen Wissenschaft. Die Leistungsbeschreibungen müssen dringend weiterentwickelt werden. Die Vergütung der Leistungen wurde seit Jahren nicht an die Kostenentwicklung angepasst. Bei der GOÄ wurde der Punktwert zuletzt im Jahr 1982 (geringfügig) erhöht.

Und es gibt noch eine Gemeinsamkeit: In beiden Fällen spielte das verantwortliche Bundesgesundheitsministerium, unterstützt vom Verband der Privaten Krankenversicherung und den Beihilfestellen, über Jahre auf Zeit. Bewegung kam erst ins Spiel, als vor rund zehn Jahren das damals SPD-geführte Bundesgesundheitsministerium (BMG) die Gebührenordnungen für sich entdeckte. Ministerin Ulla Schmidt strebte bei beiden Gebührenordnungen die Gleichschaltung der Vergütungssysteme an, um damit dem erklärten Ziel einer Gleichschaltung der Versicherungssysteme (Stichwort Bürgerversicherung) näherzukommen. Ein Ansatz, der zum Glück durch den Widerstand der Zahnärzteschaft – und mit tatkräftiger Unterstützung durch die Bundesärztekammer – verhindert werden konnte.

Im Jahr 2012 trat dann schließlich die nur geringfügig überarbeitete und nur punktuell nachgebesserte GOZ in Kraft. Eine GOZ, die unter gar keinen Umständen geeignet ist, den Ansprüchen an eine moderne, betriebswirtschaftlichen Erfordernissen entsprechende Gebührenordnung zu genügen.

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Die Leistungskataloge sind überarbeitungsbedürftig

Allerdings ist jede (berufs-)politische Arbeit und ganz besonders die Arbeit an der für den gesamten Berufsstand so existenziellen Gebührenordnung ein stetiger Spagat zwischen ganz berechtigten Ansprüchen und politischer Realisierbarkeit. Und keine dieser beiden Seiten kann und darf vernachlässigt werden. Das kompromisslose Einfordern von Ansprüchen bleibt zwingend ergebnislos, wenn das Machbare dabei aus dem Auge verloren wird.

Aber auch das Verhandeln von Kompromissen ist zum Scheitern verurteilt, wenn nicht Klarheit über die Maximalforderungen besteht. Erfolgreiche politische Arbeit und politische Glaubwürdigkeit sind eng mit einem Austarieren dieser Positionen verknüpft. Hiervon ausgehend muss festgehalten werden, dass die derzeit geltende GOZ weder inhaltlich noch in ihren (betriebs-) wirtschaftlichen Auswirkungen akzeptiert werden kann.

Dessen ungeachtet steht aber fest, dass nicht ernsthaft damit zu rechnen war, dass zeitnah ein wesentlich anderes Ergebnis zu erzielen gewesen wäre. Es war daher eine Frage der politischen Vernunft, statt einer Blockadehaltung alle Möglichkeiten zu suchen und zu nutzen, die noch für eine punktuelle Nachbesserung bestanden.

Immerhin: Nach übereinstimmenden Berechnungen des BMG, der KZBV und der BZÄK sollten mit der novellierten GOZ der Zahnärzteschaft rund 350 Millionen Euro mehr an Honorar zur Verfügung stehen als bei der GOZ von 1988. Das glich zwar keineswegs den Anstieg unserer Kosten aus, war andererseits aber eine Verbesserung, bei der es schwer gefallen wäre, sie gegen einen weiteren Stillstand auszuschlagen.

Und so versuchen wir uns nun seit gut vier Jahren mit der neuen GOZ zu arrangieren, die uns nach den Berechnungen der Bundesregierung letztlich einen Honorarzuwachs von rund neun Prozent beschert hat. Sicher nicht genug, aber trotzdem ein Ergebnis, um das uns die Ärzteschaft ernsthaft beneidete.

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Die Expertise der BZÄK war nicht erwünscht

Die Bundesärztekammer beschreitet bei der Novellierung der GOÄ einen anderen Weg. Zunächst ohne Beteiligung des Bundesgesundheitsministeriums haben sich Bundesärztekammer und PKV, in Rücksprache mit der Beihilfe, auf einen Entwurf für eine neue GOÄ verständigt und dem Ministerium mit der Bitte um Verabschiedung vorgelegt. Ein Vorgehen, das für das Gesundheitsministerium den Charme hat, dass es sich politisch nicht die Finger schmutzig machen muss. Wenn alle Betroffenen ihren Frieden mit dem Entwurf gemacht haben, dann braucht das BMG den Entwurf nur durchzuwinken. Alle Kritiker können darauf verweisen werden, dass der Entwurf schließlich von den Betroffenen abgesegnet ist.

Eine betroffene Berufsgruppe hat ihre Kritik bereits bekundet: die Zahnärzteschaft. Innerhalb der Gruppe der Privatversicherten nimmt die GOÄ einen Honoraranteil von knapp zehn Prozent (rund 350 Millionen Euro) ein, wovon 40 Prozent auf die Ä1 und rund 30 Prozent auf Röntgenleistungen entfallen. Trotzdem haben Bundesärztekammer und PKV den GOÄ-Entwurf ohne jede Beteiligung der BZÄK entwickelt. Auch die relevanten ärztlichen Berufsverbände blieben außen vor, weil Bundesärztekammer und PKV sich so vermutlich einen möglichst reibungs- und störungsfreien Novellierungsprozess versprachen.

Erst als die Arbeiten weitgehend abgeschlossen waren, wurde die BZÄK über Grundzüge des Planes informiert. Die Bundeszahnärztekammer hat wiederholt eine stärkere Einbindung angemahnt – zum Beispiel bei der Fassung der Röntgenleistungen – ohne jedoch Gehör zu finden. Vom Frühjahr bis zum Sommer 2015 fanden im BMG schließlich insgesamt acht Sitzungen einer Arbeitsgruppe statt, in die das BMG auch die Bundeszahnärztekammer eingeladen hatte. In den Treffen dieser Arbeitsgruppe wurden der BZÄK aber nur die Ergebnisse vorgestellt. Da die Ergebnisse einen mühsam ausgehandelten Kompromiss darstellten, waren kritische Hinweise jedoch nicht gern gesehen.

###more### ###title### Schwieriger Kompromiss von PKV und BÄK ###title### ###more###

Schwieriger Kompromiss von PKV und BÄK

Die Erfahrungen bei der Novellierung der GOZ lehren uns, dass die Suche nach Kompromissen immer schmerzhaft ist. Ein guter Kompromiss tut sogar zwingend beiden Seiten weh. Reibt sich eine Seite stillvergnügt die Hände, dann ist etwas schief gelaufen. Die Bundeszahnärztekammer kritisiert daher nicht, dass die Bundesärztekammer Zugeständnisse macht. Problematisch ist jedoch, dass wir meinen, Zugeständnisse zu erkennen, die so schwerwiegend sind, dass sie nach hiesigem Verständnis nicht kompensiert werden können.

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Ein Beispiel: Die Pläne von PKV und BÄK sehen eine weitere Einschränkung der Möglichkeiten zur freien Honorarvereinbarung gemäß § 2 „Abweichende Vereinbarung“ GOÄ vor. So soll unter anderem eine Begründungspflicht (Nennung des Steigerungsgrunds) eingeführt werden. Darüber hinaus soll eine Gemeinsame Kommission (die sogenannte GeKo, bestehend aus BÄK, PKV und Beihilfe) zukünftig bestimmte Gründe in einer sogenannten Negativliste erfassen, für die eine Steigerung des Honorars unzulässig sein soll. Für diese Fälle soll zukünftig auch eine Honorarvereinbarung unzulässig sein. Eine Umgehung der eingeschränkten Steigerungsmöglichkeit durch Abschluss einer Honorarvereinbarung soll dadurch erschwert werden. Hierdurch wird deutlich, dass der Charakter einer freien Vereinbarung unter gemeinsam abgesprochener Loslösung von bestimmten Regelungen der GOÄ verkannt wird.

###more### ###title### Die GeKo hat ein Legitimationsproblem ###title### ###more###

Die GeKo hat ein Legitimationsproblem

Durch die geplante Regelung zur Gebühren-höhe in § 5 GOÄ soll die GOÄ faktisch in eine Festgebührenordnung umgestaltet werden. Berechnet werden kann dann grundsätzlich nur der im Gebührenverzeichnis in Euro ausgewiesene „Einfachsatz“. Eine Steigerung ist nur im Ausnahmefall und nur bei in einer Positivliste ausdrücklich aufgeführten Behandlungsumständen oder bei einem entsprechenden Beschluss der Gemeinsamen Kommission (GeKo) möglich. Hält ein Arzt eine Steigerung für notwendig und ist der bei ihm vorliegende Steigerungsgrund nicht in der Positivliste enthalten, kann der Arzt einen entsprechenden Antrag an die GeKo richten. Wird der Antrag anerkannt, wird der Grund in die Positivliste übernommen. Wird er abgelehnt, wird der Grund in eine Negativliste übernommen. Auch diese Liste soll verbindlich sein, so dass zukünftige Steigerungen und Honorarvereinbarungen unter Berufung auf diesen Grund unzulässig sind. Für die Zahnärzte ergibt sich zudem das Problem, dass Zahnärzte zwar möglicherweise ein eigenes Antragsrecht eingeräumt bekommen, diese aber in der GeKo nicht vertreten sein werden. Die GeKo hat für die Zahnärzte damit ein echtes Legitimationsproblem.

Die noch zu gründende GeKo soll aus vier Vertretern der BÄK, zwei Vertretern der PKV und zwei Vertretern der Beihilfe bestehen. Damit könnten Beschlüsse der PKV und Beihilfe nicht ohne Stimme der Ärzteschaft beschlossen werden, betont die BÄK. Das gilt umgekehrt jedoch genauso. Werden sich die Parteien über eine Sache nicht einig, soll das BMG entscheiden. Trotzdem erhitzen sich an den Plänen für diese Gemeinsame Kommission die Gemüter – auch innerhalb der Ärzteschaft. Sowohl die Befürworter wie auch die Gegner der neuen GOÄ stützen ihre Auffassung auf die Gefahren der Bürgerversicherung. Einmal wird die GeKo als Türöffner für die Bürgerversicherung betrachtet, einmal als Garant für deren Verhinderung.

Nun ist die Kontroverse zwischen Gesundheitsprämie oder Bürgerversicherung zur grundlegenden Reform der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) ja schon seit Jahren fester Bestandteil der politischen Diskussion. Dabei werden neben der Frage nach der Kostendeckung insbesondere die Lohnnebenkosten und die Verteilungsgerechtigkeit der Kosten für die Krankenversicherung auf die Versicherten benannt.

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Was soll eine PKV mit GKV-Elementen?

Hierbei tritt auch die Private Krankenversicherung immer stärker in den Fokus. Jahr für Jahr wird von Beitragsexplosionen in der PKV berichtet und dringender Reformbedarf der PKV daraus abgeleitet. Zudem wird regelmäßig kolportiert, bei den gesetzlichen Krankenkassen würden die Beiträge weniger ansteigen als in der PKV. So führt zum Beispiel eine Studie des IGES-Instituts (Wettbewerb im Bereich der privaten Krankenversicherungen, IGES-Institut. 25. Januar 2010) aus, dass die Prämien in der privaten Vollversicherung im Zeitraum von 1997 bis 2008 um durchschnittlich 3,9 Prozent pro Jahr gestiegen seien, in den gesetzlichen Versicherungen waren es im Schnitt nur 2,4 Prozent.

Der PKV-Verband tritt diesen Vorwürfen zwar stets entgegen und belegt maßvolle Beitragsentwicklungen. Davon abgesehen behauptet jedoch die PKV selbst von sich, ein „massives Finanzierungsproblem“ zu haben. Das immer dann, wenn sie ihrer Forderung Nachdruck verleihen möchte, ihr Instrumentarien an die Hand zu geben, auf Mengen und Preise Einfluss auszuüben. Die PKV übersieht dabei nicht nur den Widerspruch zu ihren Ausführungen zu den unwesentlichen Beitragsanstiegen, sondern auch, dass sie damit die Forderung erhebt, sie mit wesentlichen Elementen der GKV auszustatten.

Damit verwischt sie selbst zunehmend die Systemgrenzen und unterstützt eine Tendenz, die unter dem Schlagwort „Konvergenz der Systeme“ diskutiert wird. Prof. Dr. Helge Sodan, Direktor des deutschen Institutes für Gesundheitsrecht (DIGR) – Freie Universität Berlin – hält hierzu fest, dass die Legitimation der PKV als vom Gesetzgeber gewolltes eigenständiges Versicherungssystem in dem Maße schwindet, wie sozialrechtliche Regelungen (Basistarif, AMNOG) auf die privaten Versicherungsträger ausgedehnt würden.

Nun wird man nicht ernsthaft bestreiten können, dass Festgebühren, Budgets und der Gemeinsame Bundesausschuss Elemente sind, die die GKV entscheidend prägen. Dass eine GOÄ, die sich diese Elemente zum Vorbild nimmt, zumindest nicht ungefährlich ist, liegt wohl ebenso auf der Hand. Dr. Thomas Drabinski, Leiter des Instituts für Mikrodaten-Analyse (IfMDA), Kiel, bringt es auf den Punkt: Werde die GOÄ nicht novelliert und die „GOÄ-alt“ gelte weiter, „so bedeutet dies nicht, dass eine Bürgerversicherung leichter umzusetzen wäre. Denn die GOÄ-alt ist flächendeckend implementiert und trotz Überalterung ein bei PKV-Unternehmen, Beihilfestellen, Arztpraxen und Krankenhäusern anerkanntes Abrechnungssystem.“ Wird die GOÄ jedoch in einer Weise novelliert, dass ordnungspolitische Strukturen wie in der GKV geschaffen werden, so kann dies der unmittelbare Beginn des Transmissionsprozesses in eine Bürgerversicherung sein.

Es ist daher unbedingt zu begrüßen, dass die Delegierten des außerordentlichen Deutschen Ärztetages der Bundesärztekammer (BÄK) am 23. Januar 2016 die geplante Novelle der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) auch unter diesem Blickwinkel beraten haben.

Dr. Peter Engel, Präsident der Bundeszahnärztekammer

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