So legen Banken den Zinssatz fest
Die Niedrigzinspolitik der Notenbanken hat zu einer wohl noch nie dagewesenen Liquidität bei den Banken geführt. Eigentlich eine gute Voraussetzung, um preiswert Kredite zu vergeben, könnte man meinen. Doch genau hier dürfte der Irrtum liegen: Die strengeren Eigenkapitalregeln für Banken werden die Finanzbranche nämlich eher dazu bewegen, vor allem bei Betriebsmittel- und bei Praxiskrediten genau hinzusehen. Wenn es bei der Bonität und/oder bei den Kreditsicherheiten der jeweiligen Praxis auch nur geringe Zweifel gibt, dürften Banken bei der Neuvergabe von Krediten im Rahmen ihrer sogenannten „risikoorientierten Verzinsung“ mehr oder weniger stark an der Zinsschraube drehen. Wichtig ist daher, sich zunächst einen Einblick zu verschaffen, wie die jeweiligen Hausbanken bei der Kredit-vergabe und bei der „Bepreisung“, also der Zinsfestsetzung, vorgehen. Die erwähnte risikoorientierte Verzinsung ist dazu der entscheidende Maßstab.
Das Kreditinstitut ermittelt anhand der Unterlagen des Zahnarztes dessen wirtschaftliche Situation und die damit verbundene Kapitaldienstfähigkeit zur Leistung der zukünftigen Zins- und Tilgungsraten. Den Banken vorgelegt werden müssen in der Regel Rentabilitäts- und Liquiditätsberechnungen, Einkommensteuerbescheide und betriebswirtschaftliche Auswertungen, Selbstauskünfte des Zahnarztes sowie externe Auskünfte wie etwa die Schufa-Auskunft. Im Ergebnis erhält der Kunde von der Bank eine Bonitätsnote, beispielsweise dem Schulnotensystem entsprechend von eins bis sechs.
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Welches Risiko geht die Bank mit mir?
In einem zweiten Schritt werden Umfang und Qualität der zur Verfügung stehenden Kreditsicherheiten geprüft und ebenfalls in mehrere Risikoklassen eingeordnet. In einem letzten Schritt erfolgt danach die Verbindung beider Qualifizierungen zu einem Gesamtergebnis – das wiederum einem bestimmten Zinssatz zugeordnet wird.
Beispiel: Bei einer Bonität mit der Note vier und einer Sicherheitenklassifizierung von zwei ergibt sich also – vereinfacht dargestellt – eine durchschnittliche Gesamtbeurteilung von drei. Bei einer Bandbreite der Kreditzinssätze des jeweiligen Bankinstituts für Betriebsmittelkredite von drei bis sieben Prozent pro Jahr dürfte der konkrete Zinssatz für diesen Betrieb also bei etwa fünf Prozent p. a. liegen.
Es kann hier nur empfohlen werden, darauf zu bestehen, dass die Bank klar und deutlich erklärt, wie es zu den jeweiligen Klassifizierungen der Bonität und der Kreditsicherheiten gekommen ist. Der „Zinsspread“, also der Zinssatzrahmen bei Betriebsmittel- und Praxiskrediten, liegt derzeit je nach Bank zwischen rund zwei und sieben Prozent im Jahr. Zahnärzte, denen es gelingt, die kreditgebende Bank von einer besseren Bonität – beispielsweise durch ein verbessertes Risikomanagement oder durch die Bereitstellung zusätzlicher Kreditsicherheiten – zu überzeugen, können also zum Teil erhebliche Zinssatzverbesserungen erreichen. Mit dem Wissen um die Einstufung der persönlichen Bonität und Kreditsicherheit kann man sich daran machen, die Zinssätze bei bereits bestehenden Krediten und bei zukünftigen Kreditanträgen zu optimieren. Dabei hängt es stark vom Einzelfall ab, laufende Kredite mit in der Regel höheren Zinssätzen preiswerter umzuschulden.
Ob und in welchem Umfang dies über-haupt möglich ist, sollte zunächst aus dem jeweiligen Darlehensvertrag hervorgehen. Häufig ist hier von einer „Vorfälligkeitsentschädigung“ die Rede. Darunter ist der Ausgleich für die Bank zu verstehen für den Fall, dass ein Darlehen außerplanmäßig und außerhalb der Zinsfestschreibungszeit zurückgezahlt wird. Eine Bank verlangt häufig auch eine Vorfälligkeitsentschädigung, wenn es zu einer einer Umschuldung vor Ablauf der Zinsbindung kommt. Möglicherweise ist eine solche Umschuldung mit Kosten dennoch sinnvoll, wenn das derzeit niedrige Zinsniveau danach über Jahre hinweg gesichert werden kann. Bei nicht eindeutigen Formulierungen im Darlehensvertrag bestehen – je nach Qualität der Bankverbindung und des individuellen Verhandlungsgeschicks – darüber hinaus durchaus Chancen auf eine kostengünstige, vielleicht sogar kostenlose Umschuldung. Nach neuester Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs muss die Bank bei Baufinanzierungen geleistete Sondertilgungsbeträge bei der Höhe der Vorfälligkeitsentschädigung kostenmindernd berücksichtigen.
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Wie flexibel lässt sich mein Kredit gestalten?
Für künftige Finanzierungen sollte dagegen vorgesorgt und zumindest versucht werden, flexible Lösungen im Darlehensvertrag festzulegen. So kann beispielsweise vereinbart werden, dass zumindest bestimmte Beträge pro Jahr kostenlos zurückgezahlt werden können (beispielsweise: „Pro Jahr können zehn Prozent der ursprünglichen Darlehenssumme kostenlos außerplanmäßig getilgt werden“).
Darüber hinaus kann über eine verbindliche Formulierung nachgedacht werden, dass die ursprünglich vereinbarten Tilgungsraten kostenlos herab- oder heraufgesetzt werden können. Mit einer solchen Regelung wird ebenfalls eine flexible Handhabung bei sich verändernder Liquiditätslage der Praxis ermöglicht.
Möglich ist auch, bei bevorstehenden Zinsabläufen unterschiedliche Verlängerungszeiträume von zum Beispiel einem, zwei oder auch mehr Jahren zu vereinbaren. Dies ist vor allem dann interessant, wenn der Zahnarzt als Kreditnehmer absehen kann, zu welchem Zeitpunkt ihm bestimmte größere Beträge wie beispielsweise fällige Sparpläne oder zurückgezahlte Kapital- oder Rentenversicherungen zur Verfügung stehen, die dann „just in time“ zur (Teil-) Rückführung des Darlehens verwendet werden können. Mögliche vorweggenommene Schenkungen und/oder Erbteile können hier ebenfalls sinnvoll eingesetzt werden.
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Michael Vetter
Fachjournalist für Finanzen
vetter-finanz@t-online.de