Leitartikel

PAR – der Schulterschluss

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

Verbünde sind stark – das trifft auch bei der gemeinsamen Strategie des zahnärztlichen Berufsstands zur Versorgung von Parodontalerkrankungen in Deutschland zu. Auf der jüngsten Vertreterversammlung der KZBV am 1. und 2. Juli in Köln haben wir auf einem interprofessionellen Forum die Weichen gestellt.

Bei dem Mammutthema PAR haben die zahnärztlichen Spitzenverbände (KZBV, BZÄK, FVDZ und IGZ) zusammen mit der Wissenschaft einen Schulterschluss erzielt. Die KZBV hatte zu einem Dialog eingeladen, bei dem jede Partei ihre Sichtweise darstellen konnte. Alle wichtigen Aspekte und Argumente wurden ausgetauscht (siehe Bericht S. 24ff. und Problemaufriss in zm 13, S. 18ff.).

Von wissenschaftlicher Seite wurde und wird der Prozess intensiv unterstützt. So leistet die European Federation of Periodontology (EFP) mit ihrem Präsidenten Prof. Dr. Søren Jepsen wesentliche Beiträge zur Awarenesskampagne. Die Deutsche Gesellschaft für Parodontologie (DG PARO) begleitet – mit ihrem Past President Prof. Dr. Peter Eickholz und dem neuen Präsidenten Prof. Dr. Christof Dörfer – die Arbeit der KZBV-AG „PAR-Strategie“.

Vor dem Hintergrund des Antrags der Patientenvertreter im G-BA zur Nutzenbewertung der Behandlung von Parodontopathien – einem Prozess, den die Zahnärzteschaft konstruktiv-kritisch begleitet – ist der Weg für eine strategische Aufstellung des Berufsstands nun vorgezeichnet: Wir haben ein konsentiertes Konzept für eine moderne und zeitgemäße PAR-Behandlung. Was jetzt ansteht, ist die Formulierung von Zielen und Positionen für die Verhandlungen im G-BA: Es gilt, das Konzept strategisch zu platzieren.

Im Frühherbst wird sich klären, wie das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWIG) die vorhandene Studienlage bewertet. Sollten die Studien belegen, dass eine UPT den Therapienutzen verbessert, wird sich der G-BA damit befassen müssen, in welcher Form die GKV-Versicherten daran teilhaben können. Im bestehenden PAR-Versorgungskonzept fehlen die drei wesentlichen Bausteine im Sinne einer Präventionsorientierung: Auf Bevölkerungsebene eine im Sinne der EFP und der BZÄK vorgeschlagene Awarenesskampagne, auf Individualebene die sprechende Zahnheilkunde sowie eine strukturierte Nachsorge im Sinne der UPT. Vor allem letztere ist nach dem aktuellen Stand wissenschaftlicher Erkenntnisse unabdingbare Voraussetzung, um den nachhaltigen Erfolg einer instrumentellen PAR-Therapie zu sichern.

Hinzu kommt, dass es sich bei der PAR um eine Volkskrankheit handelt. Ähnlich wie Hypertonie und Diabetes mellitus Typ II handelt es sich um eine „stille Erkrankung“, bei der der Bevölkerung ein Krankheitsbewusstsein fehlt. Den gegenwärtigen Studienlagen zufolge gibt es hier eine Unterversorgung. Im August werden wir die neue Deutsche Mundgesundheitsstudie DMS V des Instituts der Deutschen Zahnärzte veröffentlichen, dann haben wir aktuelle Zahlen zur Parodontitisprävalenz in Deutschland und können unsere Strategien entsprechend ausdifferenzieren.

Klar ist: Was im G-BA beschlossen wird, wird in Form von Richtlinien in der Versorgung umgesetzt. Dabei dürfte es durchaus kontroverse Diskussionen geben, ob die UPT in den Sachleistungskatalog der GKV aufgenommen wird und der Versicherte damit einen Anspruch auf eine entsprechende Heilbehandlung erhält. Nach erfolgtem Beschluss über die G-BA-Richtlinie wird es Aufgabe des Bewertungsausschusses sein, die PAR-Leistungen entsprechend zu bepreisen. Es wird zu diskutieren sein, inwieweit Anreiz- oder Bonusmodelle bei der Finanzierung greifen und inwieweit eine Eigenbeteiligung des Patienten hilfreich sein kann, um die Patientencompliance zu erhöhen. Hier haben wir sehr positive Erfahrungen beim Zahnersatz gemacht.

Wir stehen heute am Anfang eines Prozesses, der sich über etliche Jahre hinziehen wird. Unsere Aufgabe wird es sein, für die Zahnärzte wie auch für unsere Patienten die bestmögliche Versorgung zu erzielen. Wir werden die Politik brauchen, um die Ausgestaltung der Versorgung umzusetzen. Und wir werden mit den Kostenträgern über die Finanzierung verhandeln. Dabei dürfen wir nicht außer Acht lassen, dass wir als Berufsstand bei unserem Vorgehen auch eine ethische Verantwortung haben – für unsere Patienten wie auch für die Vertragszahnärzteschaft.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Wolfgang Eßer, Vorsitzender des Vorstands der KZBV

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