Editorial

Wenn ARD und ZDF über Zahnheilkunde berichten...

Medizin und Zahnmedizin sind für Medien überaus dankbare Themen. Jeder ist mal mehr und mal weniger betroffen, hat seine guten wie auch weniger guten Erfahrungen mit dem „System“ gemacht. „Jeder“ ist auch überzeugt, für die Gesundheitsleistungen zu zahlen, im Zweifel viel zu viel. So manche verspüren sogar einen Anspruch darauf zu haben. Und dann gibt es noch die vermeintlichen und tatsächlichen Profiteure des Systems: Ärzte, Zahnärzte und die ganze Gesundheitsindustrie. Und mittenmang die Politik, die zunehmend nicht nur Versorgung, sondern eben „Gesundheit“ gestalten will. Wundert es da wirklich, wenn die öffentliche Wahrnehmung bestimmter Themen durch die sogenannten Qualitätsmedien (welch ein Euphemismus) sagen wir – ein wenig gesteuert wird? An dieser Stelle möchte ich deutlich sagen, dass das Wort Medien nicht synonym mit dem Wort Journalismus ist. Es ist auch kein Journalismus, wenn für eine vorab definierte Botschaft, die z.B. eine Sendung haben soll, Informationen zusammengeklaubt und in der gewünschten Diktion zusammen geknotet werden, um als Top-Rechercheergebnis Zuschauern oder Lesern präsentiert zu werden. Das Ganze schmeckt man ab mit Promis à la Dr. med. von Hirschhausen, der zwar nicht ärztlich tätig ist, aber gefühlt ausreichend „Wissen“ (à la „Das große Quiz des Menschen“) mitbringt und garniert das Ganze mit Prof. Dr. Dr. Lauterbach, der immer für einen Spruch gut ist. Und schon sind die verkündeten Botschaften für den Zuschauer ausreichend abgesichert. So mal wieder geschehen am 26. September im Gesundheits-Check im Ersten.

Und nun stellen Sie sich bitte vor, dass in dieser, medial auf eine politische Aussage hin inszenierten Sendung, ein erfahrener Matador aus Berufs- oder Standespolitik das Thema ernsthaft und mit dem nötigen Wissen angehen will. Werden ihm oder ihr die Wahrheit geglaubt? Die Studienbelege abgenommen? Das Erfahrungswissen als solches akzeptiert? Nein! Wenn also die Trend- und Meinungs-„Hersteller“ in den sogenannten Qualitätsmedien aktiv sind, geht es nicht um Aufklärung oder gar um das hehre Ziel, dem Zuschauer oder Leser Argumente (dazu zählen selbstverständlich auch Meinungen, aber diese sind dann auch deutlich zu kennzeichnen) an die Hand zu geben, um für sich selbst eine Entscheidung treffen zu können. Sondern es geht um Politik mit anderen Mitteln.

In einem solchen Szenario sind Gegendarstellungen in den allermeisten Fällen kontraproduktiv. Denn selten werden harte Fakten präsentiert – es geht vielmehr um gefühltes Wissen, die Bestätigungen von Einschätzungen oder gar Vorurteilen. Dass unser Wissen in steter Bewegung ist (wofür bräuchte man denn sonst noch Wissenschaft), das zur Wissenschaft auch der Irrtum gehört, ohne den Fortschritt unmöglich ist, dass wir Menschen Individuen sind, für deren zahnmedizinische Probleme es mehr als nur die eine Lösung gibt – geschenkt, will keiner darstellen. Natürlich um den Zuschauer nicht zu verunsichern. Den Zweifel daran, dass zur Zeit nicht alles richtig läuft und dringender Korrekturbedarf seitens der Politik notwendig ist, löst man anders aus. Und das funktioniert nach dem alten biblischen Prinzip, als Eva den Apfel der Erkenntnis in der Hand hielt und die Schlange sinngemäß fragte: „Sollte Gott gesagt haben...“

Jedes wissenschaftsgetriebene Fachgebiet muss damit leben, dass Wissenschaft Wissen schafft. Was nichts anderes bedeutet, als das was gestern als einzige Erkenntnis imponierte, heute im Wettstreit um die beste Lösung liegt. Im Ergebnis nennt man dieses Konsens, was allerdings mit dem Wort Wahrheit – in dem ja auch das Wort einzige mitschwingt – nichts zu tun hat. Denn auch die beste Evidenzbasierung schafft dieses nicht. Inszeniert wird in solchen Sendungen aber immer das einzig Richtige. Und deshalb macht es keinen Sinn, sich dort als Beruf und Stand zu exponieren. Was nicht heißt, dass man sich alles gefallen lassen sollte, z.B. wenn öffentlich Berufsrecht mißachtet wird, muss das aus meiner Sicht Konsequenzen haben. Wenn wie in einem der Einspieler hochtechnisierte und teure Leistungen wie eine DVT kostenlos abgegeben werden, ist das ein Fest für alle, die auf dem Geldsack sitzen. Dann warten wir doch mal ab, wann die DVT Kassenleistung geworden ist – und zu welchem Betrag. Und zu Hirschhausen sei noch eines gesagt: Man muss ihn nicht zwingend auf zahnärztlichen Veranstaltungen auftreten lassen.

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