Die meisten UAWs wieder zu Clindamycin
Seit 1995 wurden von Zahnärzten 1.878 Meldungen an die Arzneimittelkommission (AKZ) abgegeben (Abbildung 1). Die Anzahl der jährlich gemeldeten Nebenwirkungen schwankt zwischen minimal 37 (1995) und maximal 158 (2005) Meldungen. Im Jahr 2015 gingen bei der AKZ insgesamt 72 Meldungen zu zahnärztlich verordneten Arzneimitteln – mehrheitlich von niedergelassenen Zahnärzten – ein. Nach wie vor ist der Anteil der von Zahnärzten in Deutschland gemeldeten Verdachtsfälle unerwünschter Arzneimittelwirkungen (UAWs) sehr gering: Beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) in Bonn wurden im gleichen Zeitraum insgesamt 57.111 Berichte über UAWs registriert [BfArM, 26.4.2016]. Davon stammten 47.936 Meldungen (84 Prozent) direkt von pharmazeutischen Unternehmen. Die übrigen 16 Prozent wurden zum überwiegenden Teil von den Arzneimittelkommissionen der Ärzte (AkdÄ), der Apotheker (AMK), der Zahnärzte (AKZ) und anderer Heilberufe an das BfArM weitergeleitet.
Die Gesamtanzahl an UAW-Meldungen an die AKZ liegt im Vergleich zu 73 Meldungen im Jahr 2013 und 100 Meldungen im Jahr 2014 in etwa auf dem gleichen Niveau. Teilweise wurden als mögliche Ursachen der beobachteten Nebenwirkung mehrere Arzneimittel in einer Meldung angegeben. Das Spektrum unerwünschter Arzneimittelwirkungen zahnärztlich verordneter Arzneimittel ist inzwischen sehr gut bekannt und hat sich in den vergangenen 15 Jahren kaum verändert. Das führt dazu, dass es von verordnenden Kollegen vielmals gar nicht mehr als notwendig erachtet wird, auch eine schwerer verlaufende unerwünschte Wirkung explizit zu melden. Dies erschwert die Beurteilung des Sicherheitsspektrums zahnärztlich angewendeter Arzneimittel. An dieser Stelle sei daher darauf hingewiesen, dass schwer verlaufende UAWs (wie spezifische medizinische Behandlung aufgrund der UAW erforderlich, Notarzteinsatz, stationärer Aufenthalt) immer gemeldet werden sollten und zwar auch dann, wenn der Kausalzusammenhang bereits in der Fachinformation des Präparats beschrieben und gut bekannt ist.
Der Anteil der Meldungen zu unerwünschten Wirkungen zahnärztlich verordneter Antibiotika war im Jahr 2014 auf 64 Prozent gestiegen und liegt im Jahr 2015 mit 67 Prozent nochmals um drei Prozent höher als im Vorjahr. Am häufigsten wurden nach wie vor unerwünschte Arzneimittelwirkungen zu Clindamycin (2015: n = 31; 59 Prozent; 2014: n = 32; 47 Prozent; 2013: n = 23; 51 Prozent), gefolgt von Amoxicillin (2015: n = 15; 28 Prozent; 2014: n = 25; 37 Prozent 2013: n = 16; 36 Prozent), Kombinationspräparate mit Clavulansäure mitgezählt) gemeldet. Mit großem Abstand folgt Metronidazol (2015: n = 3; 15 Prozent; 2014: n = 7; 10 Prozent; 2013: n = 3; 7 Prozent) in der UAW-Statistik.
Andere Penicilline und Makrolide spielten auch im Jahr 2015 (alle zusammen insgesamt n = 4; 8 Prozent) so wie auch bereits 2014 und 2013 in der zahnärztlichen UAW-Statistik praktisch keine Rolle. UAW-Meldungen zur Wirkstoffgruppe der Gyrasehemmer/Chinolone wurden im Jahr 2015 gar nicht abgegeben. Bezüglich der berichteten Beschwerden überwiegen – so wie auch in den Vorjahren – vor allem allergische Hautreaktionen sowie gastrointestinale Beschwerden (bis hin zur Ösophagitis, blutiger Diarrhoe und pseudomembranöser Colitis) und Unverträglichkeitsreaktionen. Sehr vereinzelt traten zentralnervöse Nebenwirkungen wie Kopfschmerzen, Müdigkeit und Schwindel bis hin zu Taubheitsgefühlen auf. In einem Fall wurde unter der Einnahme von Amoxicillin über das Auftreten von Halluzinationen berichtet. Hierzu ist anzumerken, dass fast alle Antibiotika grundsätzlich auch Funktionsstörungen des peripheren und zentralen Nervensystems verursachen können. Eine Übersicht zu neurotoxischen Nebenwirkungen von Antibiotika hat die AKZ in der zm 11/2016 veröffentlicht [Stahlmann, Schindler, zm 2016].
Einsatz von Antibiotika in der zahnärztlichen Praxis
Mit insgesamt 31 Meldungen steht auch im Jahr 2015 wieder das Präparat Clindamycin an der Spitze der zahnärztlichen UAW-Statistik. Demgegenüber ist abermals auf die untergeordnete therapeutische Stellung von Clindamycin in der Zahnmedizin hinzuweisen [Schindler et Stahlmann, 2014]. Leider ändert sich das Verordnungsverhalten von Antibiotika in der Berufsgruppe der Zahnärzte nur sehr zögerlich.
Empfehlung zum zahnärztlichen Einsatz von Antibiotika: In der Zahnmedizin werden nach wie vor primär Betalactamantibiotika aufgrund guter Wirksamkeit auf orale Pathogene und hoher therapeutischer Breite als Mittel der ersten Wahl empfohlen.
Amoxicillin/Clavulansäure:
Die Kombination Amoxicillin/Clavulansäure ist gegenüber odontogenen Keimen als gut wirksam dokumentiert und sollte zum Einsatz kommen, wenn eine erhöhte Resistenzlage zu befürchten ist. Leider existieren in der ambulanten Zahnmedizin nach wie vor keine validen Resistenzdaten, wobei im ambulanten odontogenen Bereich von einer nahezu vollständigen Wirksamkeit der geschützten Penicilline (wie Amoxicillin/Clavulansäure) gegen relevante Keime auszugehen ist. Ferner ist ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass auch Penicilline ausreichend hohe Wirkstoffkonzentrationen im Knochen erzielen können. Keinesfalls dürfen aber die UAWs von Amoxicillin/Clavulansäure auch im direkten Vergleich mit Clindamycin unterschätzt werden. Diese betreffen insbesondere allergische Unverträglichkeitsreaktionen aller Schweregrade, meist Hautreaktionen und die besonders für Clavulansäure beschriebene Leberunverträglichkeit mit ausgeprägten Transaminasenerhöhungen.
Clindamycin:
Dieser Wirkstoff wird aufgrund seines ausgeprägten gastrointestinalen Nebenwirkungsprofils explizit als Mittel der zweiten Wahl empfohlen, wie bei einer Penicillin-Allergie. Es gibt keinen hinreichenden Grund, Clindamycin gegenüber der Kombination Amoxicillin/Clavulansäure zu bevorzugen. Das Risiko für unerwünschte Wirkungen ist bei Verordnung von Clindamycin anhand des individuellen Patienten kritisch abzuwägen.
Therapiealternative Ampicillin und Sulbactam:
Als weitere therapeutische Alternative in Zahnmedizin und MKG-Chirurgie kann die Kombination aus Ampicillin und Sulbactam beziehungsweise bei oraler Therapie Sultamicillin, die Esterverbindung dieser Wirkstoffe, angesehen werden, auch wenn es keine explizite Zulassung für den zahnmedizinischen Anwendungsbereich gibt [Schindler, Stahlmann, 2014]. Durch den Beta-Laktamaseinhibitor Sulbactam ist die antibakterielle Wirkung des Aminopenicillins verstärkt und sein Spektrum erweitert. Von Bedeutung für die Zahnheilkunde ist insbesondere die Aktivität des Präparats gegen anaerobe Bakterien. Bacteroides-Arten sowie Clostridien und Peptokokken werden bereits bei niedrigen Konzentrationen gehemmt. Ferner ist auf die gute Knochengängigkeit der beiden Bestandteile von Sultamicillin, Ampicillin und Sulbactam, hinzuweisen. Zusammenfassend stellt die Gabe von Sultamicillin im zahnmedizinischen Bereich bei richtiger Indikationsstellung aus pharmakologischer Sicht eine sinnvolle therapeutische Alternative zu einer Behandlung mit Amoxicillin/Clavulansäure oder mit Clindamycin dar.
###more### ###title### UAWs durch Analgetika ###title### ###more###
UAWs durch Analgetika
Der prozentuale Anteil an UAW-Meldungen zu Analgetika lag im Jahr 2015 bei nur drei Prozent. Somit setzte sich der seit 2014 beobachtete rückläufige Trend auch im Jahr 2015 fort. Im Jahr 2013 betrafen noch zwölf Prozent der zahnärztlichen UAW-Meldungen ein Analgetikum, verglichen mit vier Prozent im Vorjahr 2014 (Abbildung 2).
Im Jahr 2015 gingen lediglich jeweils eine Meldung zu Acetylsalicylsäure (allergische Hautreaktion) und eine zu Metamizol (Novalgin®) mit einer allergischen Unverträglichkeitsreaktion mit Herz-Kreislauf-Beteiligung ein. Acetylsalicylsäure sollte im zahnärztlichen Bereich aufgrund des – durch die zusätzliche thrombozytenaggregationshemmende Wirkung bedingten – erhöhten Blutungsrisikos nach Möglichkeit nicht als Analgetikum eingesetzt werden. Zu bevorzugen sind im zahnärztlichen Bereich Ibuprofen beziehungsweise Naproxen. Die insgesamt weiter abnehmende und auch absolut extrem geringe Zahl an UAW-Meldungen zu dieser Arzneimittelgruppe spricht für einen insgesamt sicheren Umgang der Zahnärzteschaft mit Analgetika.
UAWs durch Lokalanästhetika
Auch in der Gruppe der Lokalanästhetika setzt sich der rückläufige Trend in der Anzahl von Berichten zu unerwünschten Arzneimittelwirkungen mit 20 Prozent im Jahr 2013 und 15 Prozent im Jahr 2014 und im Jahr 2015 nur noch neun Prozent weiter fort. Wie bereits in den Vorjahren wurden Meldungen zu Articain (2013: n = 15; 2014: n = 14; 2015: n = 7) ausschließlich in Kombination mit dem Vasokonstringens Epinephrin registriert, was auf die breite Anwendung des Präparats zurückzuführen ist. Das gemeldete UAW-Spektrum umfasste in einem Fall schwere Herz-Kreislauf-Probleme mit starkem Blutdruckabfall. Ansonsten wurden mittelschwere zentralnervöse Symptome wie Unruhe, Angst, Bewusstseinsstörungen bis hin zu kurzzeitiger Bewusstlosigkeit, Muskeltonuserhöhungen im Gesichtsbereich, Schwindel, Mattigkeit, Wahrnehmungsstörungen und ein eingeschränktes Gesichtsfeld gemeldet, die mit der Gabe von Lokalanästhetika in Zusammenhang stehen können und am ehesten für einen zentralnervös toxischen Effekt des Präparats sprechen, der oftmals auf eine trotz sorgfältiger Aspiration unbemerkte akzidentelle intravasale Applikation beziehungsweise auf eine erhöhte Resorptionsgeschwindigkeit des Lokalanästhetikums zurückzuführen sein kann.
Zentralnervöse Effekte nach Lokalanästhetika-Applikation sind dosisabhängig: Zunächst kommt es zu exzitatorischen zentralen Symptomen wie Erregung, Unruhe, Schwindel, akustischen und visuellen Störungen, perioralem Kribbeln, verwaschener Sprache, Übelkeit, Erbrechen, Zittern und Muskelzuckungen als Vorzeichen eines drohenden Krampfanfalls. Wir empfehlen, bei einem erneuten zahnärztlichen Eingriff bei betroffenen Patienten die zu applizierende Gesamtdosis niedriger zu wählen.
###more### ###title### Sonstige Nebenwirkungen ###title### ###more###
Sonstige Nebenwirkungen
Der Anteil der Meldungen in der Gruppe „Sonstige“ ist verglichen mit den Jahren 2013 (11 Prozent) und 2014 (17 Prozent) weiter angestiegen auf 21 Prozent im Jahr 2015. Aufgrund der im Jahr 2015 insgesamt geringeren Anzahl an Meldungen verglichen mit 2014, handelt es sich aber nur um einen relativen Anstieg in dieser inhomogenen Gruppe, in der alle Präparate zusammengefasst sind, die primär oftmals nicht vom Zahnarzt verordnet wurden. Dies erklärt sich aus der Tatsache, dass eine vom Zahnarzt beobachtete unerwünschte Arzneimittelwirkung nicht immer eindeutig dem vom Zahnarzt applizierten Präparat zuzuordnen ist und daher die vom Haus- oder Facharzt verschriebene Medikation ebenfalls mitgemeldet wird.
Neben vereinzelten Meldungen mit nicht gesichertem Kausalzusammenhang sind aus zahnärztlicher Sicht zwei Präparate-Gruppen besonders zu erwähnen: Die Wirkstoffgruppe der neuen oralen Antikoagulantien (NOAKs) und die Wirkstoffgruppe der antiresorptiven Substanzen.
Neue orale Antikoagulantien (NOAKs):
Zu dieser Gruppe neuer gerinnungshemmender Wirkstoffe gehören die neu entwickelten, hochselektiven Faktor-Xa-Antagonisten (Rivaroxaban, Apixaban und Edoxaban) sowie der Thrombinantagonist Dabigatran (= einziger Vertreter seiner Klasse). Im Jahr 2015 wurden jeweils unter Behandlung mit Rivaroxaban zwei schwere Blutungsereignisse, einmal zwei und einmal drei Tage nach Zahnextraktion gemeldet.
Alle NOAKs sind gegenüber den herkömmlichen Vitamin-K-Antagonisten (Phenprocoumon und Warfarin) selektiver antikoagulatorisch wirksam und daher zumindest theoretisch besser steuerbar. Regelmäßige INR-Bestimmungen, so wie bei Vitamin-K-Antagonisten üblich zur Kontrolle und Steuerung der Einstellung, entfallen. Die gerinnungshemmende Wirkung setzt schneller ein und ist nach Absetzen der neuen Präparate beim Nierengesunden innerhalb von 24 h reversibel. Dabigatran und auch Rivaroxaban werden jedoch zu 80 Prozent beziehungseise zu 67 Prozent renal ausgeschieden, so dass bei eingeschränkter Nierenfunktion ein Kumulationsrisiko mit erhöhter Blutungsgefahr besteht. Die nicht ausreichende Beachtung einer eingeschränkten Nierenfunktion, insbesondere bei Patienten im fortgeschrittenen Alter, dürfte einer der Hauptgründe für Blutungskomplikationen unter Behandlung mit Rivaroxaban und Dabigatran sein. Für Apixaban gilt dies hingegen nur eingeschränkt (nur etwa 25 Prozent renale Elimination). Als Hauptnachteil aller NOAKs galt bis vor Kurzem die fehlende klinische Verfügbarkeit eines Antidots zur notfallmäßigen Beendigung der gerinnungshemmenden Wirkung.
Antidots zur Antagonisierung von NOAKs:
Gegen Dabigatran:
Zur Antagonisierung von Dabigatran (Pradaxa®) im akuten Blutungsfall ist seit Beginn des Jahres 2016 das Antidot Idarucizumab (Praxbind®) ausschließlich zur stationären Anwendung zugelassen. Der Wirkstoff Idarucizumab ist ein monoklonales Antikörperfragment, das spezifisch an Dabigatran bindet und damit einen Komplex bildet. Dies führt zur Aufhebung der gerinnungshemmenden Wirkung innerhalb weniger Minuten. Die empfohlene Dosis Idarucizumab beträgt 5 g in Form von zwei aufeinanderfolgenden Injektionen oder Infusionen in eine Vene. Falls notwendig, kann eine zweite 5-g-Dosis in der gleichen Form appliziert werden.
Gegen Rivaroxaban, Apixaban, Edoxaban:
Zur Antagonisierung aller anderen NOAKs (Rivaroxaban, Apixaban, Edoxaban) die – anders als Dabigatran – pharmakologisch als direkte Faktor-Xa-Antagonisten wirken, befindet sich das Antidot Andexanet alfa, das pharmakologisch als modifizierter Faktor Xa wirkt, noch in der klinischen Entwicklung. Andexanet selbst hat keine enzymatische Aktivität und wirkt nicht wie ein Gerinnungsfaktor, sondern bindet FaktorXa-Inhibitoren. Der Hersteller bezeichnet Andexanet daher auch als Köder („decoy“). In den ersten klinischen Studien konnte gezeigt werden, dass auch Andexanet alfa die Blutgerinnung innerhalb weniger Minuten normalisieren kann (für Apixaban in der ANNEX A-Studie, für Rivaroxaban in der ANNEXA R-Studie, jeweils an gesunden Probanden im Alter von 50 bis 74 Jahren, die probeweise einige Tage Antikoagulantien eingenommen hatten). In der laufenden ANNEXA 4-Studie wird derzeit geprüft, ob Andexanet alfa tatsächlich auch klinische Blutungen stoppen kann. Bei positivem Ausgang dieser Studie ist mit einer Zulassung von Andexanet alfa als Antidot für alle Faktor-Xa-Inhibitoren zu rechnen.
Antiresorptive Substanzen:
Zu den sogenannten antiresorptiven Substanzen zählen vor allem die Bisphosphonate (in 2015 eine Meldung zu Zoledronat: chronische Vereiterung im zahnlosen Kiefer durch Druckstelle) und der IgG2-anti-RANKL-Antikörper Denosumab (in 2015 zwei Meldungen: Kieferknochennekrosen und Wundheilungsstörungen). Diese Substanz blockiert das auf den knochenabbauenden Osteoklasten sitzende „Knochenprotein“ RANKL (receptor activator of nuclear factor kappa B ligand), wodurch das Startsignal für den Knochenabbau deaktiviert wird.
Für die hauptsächlich bei Osteoporose sowie in der Onkologie zur Skelettstabilisation eingesetzten antiresorptiven Substanzen wie Bisphosphonaten und Denosumab ist das Auftreten von Kiefernekrosen als unerwünschte Arzneimittelwirkung inzwischen gut bekannt. Die wichtigste Präventivmaßnahme besteht daher vor Ansetzen dieser Substanzen in einer zahnärztlichen Untersuchung und in der Durchführung geeigneter zahnmedizinischer Vorsorgemaßnahmen.
Außerdem sollten invasive zahnärztliche Eingriffe bei Patienten, die intravenös Bisphosphonate oder Denosumab erhalten oder erhalten haben, nach Möglichkeit vermieden werden. Bezüglich des zahnärztlichen Umgangs mit Kieferosteonekrosen sei an dieser Stelle auf die ausgezeichnete AWMF-S3-Leitlinie 007/091 von Grötz, Piesold, Al-Nawas et al. verwiesen, deren Gültigkeit kürzlich bis zum 14.4.2017 verlängert wurde [Grötz et al., 2012].
###more### ###title### Organbezogenheit der Nebenwirkungen ###title### ###more###
Organbezogenheit der Nebenwirkungen
Im Jahr 2015 manifestierten sich mit 36 Prozent die meisten der gemeldeten unerwünschten Arzneimittelwirkungen an Haut und Schleimhäuten, meist in Form allergischer Exantheme, Urtikaria, Schwellungen, Juckreiz und Ödemen. Mit 22 Prozent am zweithäufigsten manifestierten sich UAWs am beziehungsweise im Gastrointestinaltrakt in Form von Übelkeit und Diarrhoe (Abbildung 3). Beeinträchtigungen des Gastrointestinaltrakts wurden hauptsächlich im Zusammenhang mit Antibiotikatherapie und hier insbesondere unter Behandlung mit Clindamycin beobachtet. In zwei Fällen wurde im Jahr 2015 das Auftreten pseudomembranöser Kolitiden gemeldet. Über ZNS-Störungen wurde 2015 immer noch in 16 Prozent der Fälle berichtet, wobei diese am häufigsten im Zusammenhang mit Lokalanästhetika beziehungsweise antibiotischer Therapie beschrieben wurden. Unerwünschte Herz-Kreislauf-Effekte machten mit einen Anteil von zwölf Prozent am Gesamtanteil aller UAW-Meldungen den viertgrößten Anteil aus, wobei Kreislaufprobleme öfter im Zusammenhang mit der Anwendung von Antibiotika gesehen wurden und am ehesten im Zusammenhang mit therapiebedingten Durchfällen und entsprechenden Flüssigkeitsverlusten zu interpretieren sind.
Fazit
Auch im Jahr 2015 verursachte die Wirkstoffgruppe der Antibiotika – nicht unerwartet – wiederum mit Abstand am häufigsten eine UAW-Meldung an die Arzneimittelkommission Zahnärzte. Die gemeldeten Nebenwirkungen waren insgesamt meist leicht bis mittelgradig ausgeprägt. Schwere Verläufe waren nur sehr selten zu verzeichnen. Insgesamt ist zu beobachten, dass sich das jährlich von Zahnärzten berichtete Nebenwirkungsspektrum über die Jahre immer mehr angleicht und kaum noch variiert. Eine neue Herausforderung für die Zahn- und Oralmedizin ist in der Entwicklung und zunehmenden Verbreitung der NOAKs zu sehen, die zunehmend auch in der AKZ-Meldestatistik zu verzeichnen sind und den Zahnarzt und MKG-Chirurgen bei invasiven Eingriffen vor neue Herausforderungen stellen werden.
Prof. Dr. med. Christoph Schindler, Clinical Research Center HannoverMHH CRC Core Facility, Medizinische Hochschule HannoverFeodor-Lynen-Straße 15, 30625 Hannover, E-mail:Dr. med. dent. Jens Nagaba, BundeszahnärztekammerChausseestraße 13, 10115 Berlin
Prof. Dr. med. Ralf Stahlmann, Charité Universitätsmedizin BerlinInstitut für Klinische Pharmakologie und ToxikologieLuisenstraße 7, 10117 Berlin