Seelsorge für Zahnärztinnen – ein Beruf mit Zukunft?
Der letzte Artikel dieses Jahres kann, ich sage es lieber gleich, bei der einen oder oder anderen Zahnärztin zu Schluckbeschwerden führen. Es geht um das Verhältnis von Frauen zu Geld. Das ist ein abendfüllendes Thema und wenn ich jetzt als Mann auch noch zu sagen wage, das Verständnis für Geld und Zahnärztinnen sei für Männer ein Berufsbild mit goldener Zukunft, drohe ich mich um Kopf und Kragen zu schreiben. Trotzdem: Attempto! Ich wage es wie weiland Graf Eberhard im Barte, der Gründer der Universität zu Tübingen.
Mich haben in jüngster Zeit drei Damen besucht. Bitte zügeln Sie jetzt Ihre blühende Fantasie, meine (mitlesenden) Herren. Erstens haben mich die Frauen nacheinander besucht, und zweitens ging es um berufliche Dinge. Die erste Dame hat eine Million auf dem Konto, die zweite 1,5 Millionen, die dritte eine halbe Million und alle Angaben sind in Euro. Das gemeinsame Problem der drei Anlegerinnen war – beziehungsweise ist noch immer – die Unzufriedenheit mit ihren Vermögensverwaltern.
Die Frauen bezahlen diversen Herren für finanzielle Begleitdienste, wenn ich dieses Bild benutzen darf, im Schnitt etwa 1,5 Prozent pro Jahr, und die Männer bieten nicht, was sie liefern sollen. Was haben Sie – liebe Leserinnen – dazu zu sagen? Ich bin nur ein Mann und will mich, das werden Sie verstehen, nicht in fachfremde Themen einmischen. Meine resolute Freundin ist der Meinung, die Männer gehörten in die Wüste und die Frauen sollten ihr Geld selbst in die Hand nehmen. Ich muss mich dem Urteil vollumfänglich anschließen, weil die bestehenden Verhältnisse in der Tat kaum zu ertragen sind.
Die Damen sind durch Ehe, Scheidung und Erbschaft zu Geld gekommen. In allen Fällen kam der „Reichtum“ über Nacht, und in allen Fällen fühlten sich die Frauen mit dem Geld überfordert. Daher haben sie sich an ihre Hausbanken gewandt. Und in der Vermögensverwaltung sind – na ja, Sie ahnen schon – eben Männer tätig. Anfangs war die Sache lustig. Die Herren waren freundlich und kosteten „kein“ Geld. Nun hat sich der Wind gedreht. Die Männer sind immer noch höflich, doch die Frauen haben gemerkt, dass ihnen die Herren doch auf der Tasche liegen. Der erste kostet 12.000 Euro pro Jahr, der zweite schlägt mit 15.000 Euro pro Jahr zu Buche und der dritte im Bunde lässt sich mit 10.000 Euro entlohnen.
Ich habe den Anlegerinnen die Korrektheit ihrer Beobachtungen bestätigt. Wir haben intensiv über Alternativen diskutiert und mein Vorschlag, die Vermögen selbst zu verwalten, stieß auf offene Ohren. Ich spreche bewusst im Imperfekt, weil das Interesse schlagartig nachließ, als es darum ging, Nägel mit Köpfen zu machen. Da scheuten die Damen den Sprung über den Oxer. Und ahnen Sie auch, warum die Frauen bock(t)en? Sie wollen für allfällige Verluste keine Verantwortung übernehmen.
Ich habe Verständnis für diese Gefühle, doch ich finde es bemerkenswert, dass starke Frauen bereit sind, so viel Geld für billige Blitzableiter auszugeben. Ich muss mir über Weihnachten und Silvester mal in Ruhe durch den Kopf gehen lassen, ob ich den richtigen Beruf ausübe oder ob es nicht vorteilhafter ist, mich als (finanzieller) Seel- sorger für Zahnärztinnen zur Verfügung zu stellen. Ich schreibe seit 31 Jahren für Zeitungen aller Art und gebe mir Woche für Woche alle Mühe, auch Frauen über den Umgang mit Geld aufzuklären. Nun höre ich binnen weniger Tage von ganzen und halben Millionärinnen, das sei zwar aller Ehren wert, doch eine Frau sei, wenn’s um (viel) Geld geht, auf männlichen Beistand angewiesen. Wenn das stimmt, meine Damen, werde ich im nächsten Frühjahr auf „Frauenversteher“ umsatteln. Ich ahne zwar, dass das heikles Terrain ist, doch in Anbetracht der Aussichten halte ich es mit dem alten Grafen: Attempto!
Die Perspektiven scheinen glänzend zu sein. Ich kann schreiben und Geschichten über Geld erzählen. Wenn ich es schaffe, 30 grüne Damen mit jeweils 1.000.000 Euro von meinem Charme und meiner Kompetenz zu überzeugen, werde ich Assets von 30 Millionen „under management“ haben, wie das in Fachkreisen heißt. Ich werde den Frauen natürlich die fondsbasierte Vermögensverwaltung ans Herz legen. Das kostet zwar 2 Prozent pro Jahr, aber über diesen Punkt wollen wir großzügig hinwegsehen. Das eine Prozent geht an die Fondsgesellschaft, und das andere Prozent geht an mich.
Darf ich Sie jetzt bitten, meinen weiteren Überlegungen mittels Kopfrechnen folgen zu wollen? 30 Millionen Euro mal 1 geteilt durch 100 ergeben pro Jahr exakt 300.000 Euro. Ich veranschlage pro Anlegerin und Jahr zwei Gespräche à vier Stunden. Hinzu kommen pro Dame vier Telefonate à 30 Minuten. Das sind in der Summe genau 300 Arbeitsstunden. 300.000 Euro geteilt durch 300 Stunden führen zu einem Stundensatz von 1.000 Euro. Davon sind – Gott sei’s geklagt – noch Krankenkasse und Steuern abzuziehen, aber was soll’s, meine Damen? Ich gebe dem Kaiser, was des Kaisers ist, und ich hoffe, dass Sie so bleiben, wie Sie sind: Bodenständig, charmant, emanzipiert, liebenswürdig, selbständig – und in Vermögensfragen ein bisschen „anlehnungs- bedürftig“ an breite Männerschultern.
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