HKP-Auktion auf 2te-ZahnarztMeinung.de

Licitor ERGO sum

Von Einzelfällen kann längst nicht mehr die Rede sein: Immer mehr Praxen berichten uns von Patienten, die nicht wussten, dass ihr HKP im Netz versteigert wird. Aber es kommt noch besser: Anscheinend ist auch den Zahnärzten nicht immer klar, dass sie gerade die Behandlungskosten eines Kollegen unterboten haben.

Zehn Prozent Provision zog die 2te-ZahnarztMeinung dem Zahnarzt bisher von der Versteigerungssumme ab. Damit wir uns richtig verstehen: Diese zehn Prozent entfielen auf alles – auf das zahnärztliche Honorar genauso wie auf die Laborkosten. Setzt man für das Labor die üblichen zwei Drittel und für das Zahnarzthonorar entsprechend ein Drittel an, erhöht sich der reale Kommissionsbetrag schnell auf 25 bis 30 Prozent.

Nun arbeitet das Auktionsportal seit 2016 mit umsatzabhängigen Provisionen – verlangt werden bis zu 40 Prozent. Wie rechnen sich solche Geschäfte für den Zahnarzt? Was bleibt unterm Strich noch für ihn übrig?

Was 2te-ZahnarztMeinung von Ebay unterscheidet

Das Dilemma von 2te-ZahnarztMeinung.de speist sich schon aus der Geschäftsidee: Der HKP trudelt über Umwege bei einem zweiten Kollegen ein, der sich in der Folge mit einem Therapiekonzept auseinanderandersetzen muss, das er so vielleicht nie entworfen hätte. Und der jetzt unter Umständen eine Behandlung zu Preisen übernehmen soll, die er auf diesem niedrigen Niveau gar nicht kalkulieren kann. Für den Zahnarzt eine heikle Sache – als Heilberufler wie als Unternehmer gleichermaßen.

Aber der Reihe nach: Bei Ebay, myhammer.de oder auch bei auto-roll stellt der Bieter online sein Angebot ein und das Feilschen auf dem virtuellen Markt beginnt.

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Wie die Auktionen ins Netz kommen

Anders bei 2te-ZahnarztMeinung.de. Bei dieser Versteigerung sind in vielen Fällen weder der Patient noch der Zahnarzt aktive Player. Wie auch, wenn der Patient in der Regel nicht einmal weiß, dass sein HKP unter den Hammer kommt. Doch auch der bietende Zahnarzt bestimmt vielfach nicht sein Gebot. Nein, wie es aussieht, taxiert an seiner Stelle die 2te-ZahnarztMeinung den Wert der Versorgung und stellt die Offerte im Namen der Praxis ein. Heißt das, die Plattform ist Bieter und Käufer in einem – und die sogenannte Auktion in Wahrheit nur ein gut inszeniertes Fake?

„Normalerweise ruft ein Mitarbeiter der 2ten-ZahnarztMeinung in der Praxis an und schlägt dem Zahnarzt vor, dass das Portal künftig den Bieterpreis bei der Auktionssumme festsetzt. So war es zumindest bei uns“, erklärt uns ein Zahnarzt das Procedere. „Bewegte sich ’unser’ Gebot dann unterhalb des Machbaren, wurden wir zwar im Zweifelsfall nicht darauf festgenagelt, trotzdem wurde das Gebot in unserem Namen durch die 2te-ZahnarztMeinung einfach online gestellt. Das heißt, der Patient hätte mit dem HKP vor unserer Tür stehen können – ohne dass wir über ’unsere’ Auktion informiert gewesen wären.“

Nicht alle Zahnärzte bei 2te-ZahnarztMeinung.de lassen sich das Zepter beim Bieten aus der Hand nehmen. Doch versuchen geschulte Mitarbeiter der 2ten-ZahnarztMeinung wohl sehr geschickt, die Praxen davon zu überzeugen, dass sie sich einer Last entledigen, wenn sich die Plattform darum kümmert. Unabhängig davon gilt: Entscheidet sich der Patient für ein teueres Angebot, steigt die Gebühr für das Portal.

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Womit Zahnärzte rechnen müssen

Praxen, die ausschließlich für 2te-ZahnarztMeinung.de arbeiten, begeben sich sehr schnell in ein Abhängigkeitsverhältnis. Vor allem, wenn das Portal entscheidet, ob die Partnerpraxis bietet und in welcher Höhe. Zumal die 2te-ZahnarztMeinung im Namen der Praxis, wie uns ein Zahnarzt anvertraute, „so absurd niedrige Angebote einstellt – das Verhältnis betrug 4:1 –, dass Sie als Inhaber draufgezahlt hätten“. Und weil, siehe oben, die Provision – gestaffelt nach Umsatz – auf bis zu 40 Prozent steigt.

Gezahlt wird, sobald die Behandlung zustande kommt. Führt der Zahnarzt eine andere Behandlung durch als die versteigerte, kann er das in einem Kommentarfeld eintragen. Eine anteilige Provision auf dadurch entstandene Mehrkosten wird anscheinend – immerhin – nicht kassiert. Je weiter entfernt die Praxis vom Wohnort des Patienten, desto niedriger übrigens die Bieterpreise – die Distanz steht in direktem Verhältnis zum Auktionsgebot. „Alle bietenden Zahnärzte waren in einem Umkreis von 20 Kilometer von dem Wohnort des jeweiligen Patienten ansässig“, bestätigten uns alle Zahnärzte, mit denen wir im Rahmen der Recherche sprachen.

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Richtig unangenehm kann es für Aussteiger werden: Wer der 2ten-ZahnarztMeinung die Partnerschaft aufkündigt, kriegt wohl richtig Druck. In einem Fall erließ das Portal einen Zahlungsbefehl auf offene Auktionen – also Versteigerungen, bei bei denen es nie zu einer Behandlung kam – um auch für diese Posten die „Restforderungen“ einzutreiben. „Da war es plötzlich mit der Freundlichkeit vorbei und wir erfuhren, wie diese Firma wirklich tickt“, beschreibt der Praxischef seine Erfahrungen. Erst als er drohte, vor Gericht zu gehen, hatten die Einschüchterungsversuche ein Ende.

Wie es hinter den Kulissen aussieht

Interessant ist, wie die Zusammenarbeit zwischen 2te-ZahnarztMeinung und ERGO Direkt funktioniert: Von aufwendigen Implantatversorgungen abgesehen kann bei Patienten mit Zusatz-Police bekanntlich mit der Behandlung begonnen werden, sobald die jeweilige Krankenkasse den HKP genehmigt hat – dann kommt die Zusatzversicherung in die Pflicht. Nun will die ERGO Direkt den HKP vorher sehen. Warum? Ganz einfach, wie uns uns ein Zahnarzt schildert: „Liegt der HKP vor, ruft ein ERGO Direkt-Mitarbeiter den Kunden an und fragt, ob sie mal überprüfen sollen, ob er die Versorgung auch billiger kriegen kann. Der Patient lässt sich in der Regel darauf ein: Überprüfen kostet ja nichts! Und dass nicht er spart, sondern die Versicherung, ist ihm gar nicht klar. Geschweige denn, dass jetzt sein HKP versteigert wird.“

ERGO Direkt beschränkt sich freilich nicht darauf, ihren Kunden A(u)ktionen unterzujubeln, von denen sie gar nichts haben: „Nachdem die Versicherungsleistung erbracht war, rief ERGO Direkt bei meinen Patienten an und wollte – angeblich wegen der Statistik – wissen, was sie bezalht haben und ob ich ihnen einen Rabatt gegeben hätte – das waren Patienten, die nicht über die 2te-ZahnarztMeinung kamen“, erzählt uns ein Zahnarzt, der auf dem Portal regelmäßig Angebote einstellt. „Wenn Patienten aktiv auf solche Portale gehen, um einen Vergleich heranzuziehen, finde ich das in Ordnung. Aber dass die ERGO Direkt ungefragt HKPs einstellt, geht gar nicht. Und dass von Zahnärzten mir-nichts-dir-nichts Rabatte verlangt werden, ist inakzeptabel und zerstört die Arzt-Patienten-Beziehung.“

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Unser Fazit

Jeder ERGO Direkt-Kunde mit Zahnersatzzusatzversicherung erhält – im Gegensatz – zu den Auskünften, die uns die Versicherung gab, automatisch das Angebot, seinen HKP über 2te-ZahnarztMeinung.de versteigern zu lassen – inklusive dem obligatorischen Fahrkostenzuschuss über 50 Euro. Fest steht auch, dass sich das Gros der Kunden nicht darüber im Klaren ist, dass ihr HKP in eine Versteigerung geht – das heißt, entweder wurden sie nicht gefragt oder aber es wurde ihnen nicht klipp und klar gesagt.

Dass sich das Portal, wie Geschäftsführer Holger Lehmann in den zm 21 beteuerte, bei den Auktionen hauptsächlich auf sogenannte Hochkostenfälle beschränkt, bestätigten unsere Nachforschungen nicht. Im Gegenteil: Durch die Bank haben uns Zahnärzte auch von kleinen Versorgungslösungen berichtet, die vielfach ohne Kenntnis der Patienten versteigert wurden. Darüber hinaus telefoniert das Unternehmen allem Anschein nach systematisch seine Kunden ab, um sie in ihrer Arztwahl zu beeinflussen.

Besagter 50 Euro-Gutschein scheint übrigens für viele Patienten eine große Versuchung zu sein – und für die Versicherung ein wirksamer Türöffner. „Ich habe die Erfahrung gemacht, dass sich die Patienten dann erstmal anhören, was der zweite Zahnarzt zu sagen hat – und wenn sie sich für die Auktion entscheiden, betrachten sie die 50 Euro oft als ’Zuschuss’ für die Versorgung“, erzählte uns ein Zahnarzt. „Das ist ein echtes Lockmittel!“

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