Erster Jahresbericht zur zahnärztlichen Patientenberatung in Deutschland

Wichtigstes Ziel ist der zufriedene Patient

Mit rund 24.000 Fällen pro Jahr ist die Patientenberatung der Kammern und KZVen – direkt nach der Zahnarztpraxis – für Patienten die erste Anlaufstelle bei Fragen rund um die zahnärztliche Versorgung. In knapp 82 Prozent der Fälle konnte bei der Beratung das Anliegen der Patienten direkt gelöst oder weitervermittelt werden. Das geht aus dem ersten Jahresbericht zur Evaluation der zahnärztlichen Patientenberatung hervor, der von BZÄK und KZBV unter wissenschaftlicher Begleitung des Instituts der Deutschen Zahnärzte (IDZ) jetzt veröffentlicht wurde.

Mit dem Bericht „Zahnärztliche Patientenberatung – Jahresbericht 2016“ kommt ein Novum in die Fachöffentlichkeit: Erstmals sind die Leistungen der zahnärztlichen Patientenberatung von Kammern und KZVen systematisch erfasst und wissenschaftlich ausgewertet worden. Der Bericht wurde jetzt von KZBV und BZÄK veröffentlicht.

Insgesamt haben rund 24.000 Beratungen stattgefunden. Davon wurden 82 Prozent direkt oder mit Weiterverweisung an Kammern und KZVen gelöst. 11 Prozent der Ratsuchenden wurden an externe Stellen verwiesen. Aus dem Bericht lassen sich folgende zentrale Botschaften ablesen:

  • Die zahnärztliche Patientenberatung versteht sich als fundierte Interessenvertretung der Patienten.

  • Angesichts des hohen Behandlungsaufkommens von über 100 Millionen Behandlungsfällen in allen zahnärztlichen Leistungsbereichen im Jahr 2016 ist der Anteil registrierter Beschwerden mit 1.471 Fällen relativ gering.

  • Jede Anfrage wird von den Patientenberatungsstellen ernst genommen, die Berater kümmern sich um das Anliegen und führen es einer Lösung zu.

  • Durch die jetzt vorliegende Evaluation kann die zahnärztliche Beratung noch patientenorientierter und gezielter arbeiten und die Beratungsleistung optimieren.

Patientenberatung weiterentwickeln

Ratsuchende Patienten können seit Jahren auf ein flächendeckendes, gut ausgebautes Netz von Patientenberatungsstellen, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen bei Kammern und KZVen zurückgreifen. Sie erhalten dort persönlich, per Post, telefonisch und per E-Mail Informationen zu Behandlungsmethoden, Therapiealternativen, zu Kostenübernahmen durch die GKV und zu Privatleistungen. Gutacher- und Schlichtungsstellen tragen zur Klärung offener Behandlungsfragen bei. In der Beratung arbeiten Zahnärzte und Verwaltungsmitarbeiter frei von Weisungen Dritter und von wirtschaftlichen Interessen.

KZBV und BZÄK haben im Jahr 2013 das gemeinsame Projekt „Patientenorientierte Weiterentwicklung der zahnärztlichen Patientenberatung“ initiiert, um die Beratung noch stärker an den Anliegen der Patienten auszurichten. Mit dem Projekt wird die zahnärztliche Patientenberatung neu aufgestellt: Ziel ist, das Angebot gegenüber der Öffentlichkeit noch attraktiver zu machen. Darüber hinaus soll der Berufsstand über eigene, valide Daten zur zahnärztlichen Patientenberatung verfügen, um auf bestehende spezifische Bedarfe reagieren zu können. Es geht also nicht nur darum, passende Antworten für die Beratung zu finden, sondern auch darum, wichtige Weichenstellungen für künftige Entwicklungen in der Zahnmedizin herauszufiltern und voranzubringen.

Problemlagen sollen erkannt werden, um gegebenenfalls gegenzusteuern.

Zahnärztliche Beratung im Netz

Ganz oben: Fragen zur Abrechnung

Der Bericht zeigt: Zu den vordringlichsten Themen gehört die Verständlichkeit von Kostenplänen und Abrechnungen sowie die Nachvollziehbarkeit der finanziellen Eigenbeteiligung. Vor allem bei komplexen Versorgungsthemen wie Zahnersatz besteht erhöhter Beratungs- und Klärungsbedarf. Etwa zwei Drittel aller Anliegen konnten allein durch eingehende Aufklärung zur Zufriedenheit der Ratsuchenden abschließend geklärt werden. Bei knapp einem Drittel erfolgte eine Weiterverweisung – überwiegend an Kammern und KZVen, aber auch an externe Stellen wie Krankenkassen.

Ausgewertet wurden zwei Komplexe: Beratungen sowie Eingaben und Beschwerden.

Methodik und Dokumentation

Die Ergebnisse des Projekts „Patientenorientierte Weiterentwicklung der zahnärztlichen Patientenberatung“ werden nach einheitlichen Kriterien bundesweit erfasst, regelmäßig evaluiert und publiziert. Seit dem 1. Januar 2016 nehmen die Patientenberatungsstellen die Daten in einheitlicher Form mithilfe einer webbasierten Dokumentationssoftware auf.

Im Mittelpunkt der Software stehen zwei Formulare, mit denen Beratungen sowie Vorgänge zu von Patienten eingereichten Eingaben und Beschwerden getrennt voneinander dokumentiert werden. Eingaben und Beschwerden sind Vorgänge, die vom Patienten schriftlich eingereicht werden. Beratungen können auch persönlich oder telefonisch erfolgen. Bei der Dokumentation werden alle Kontakte gezählt, die mit einer Beratungsleistung einhergehen. Alle Daten werden anonym erfasst.

Das Jahr 2016 ist nicht als Vollerhebung, sondern als Implementierungsphase anzusehen, da die gemeinsame, einheitliche Dokumentation in den Beratungsstellen erst sukzessive eingerichtet wurde. Im vorliegenden Bericht beteiligten sich insgesamt 30 von 34 Körperschaften an der Dokumentation. Und 22 von 34 Körperschaften nutzten die Dokumentation zu Eingaben und Beschwerden.

Die wissenschaftliche Auswertung der Daten erfolgt durch das Zentrum für Zahnärztliche Qualität (ZZQ), Berlin.

Beratungen – die Ergebnisse

Zu den Beratungen insgesamt:

Über die Hälfte aller Kontakte bezogen sich auf Fragen zu Kosten- und Rechtsthemen. Die Prüfung der Rechtmäßigkeit von Geldforderungen war die häufigste Ursache für eine Anfrage. Im Bereich der zahnmedizinischen Maßnahmen wurde das Thema Zahnersatz besonders häufig nachgefragt.

Im Einzelnen:

  • Durchgeführt wurden etwa 24.000 Beratungskontakte mit rund 25.000 Anliegen.

  • 90 Prozent der Kontakte betrafen Erwachsene, 80 Prozent davon erfolgten telefonisch.

  • Die meisten Ratsuchenden waren gesetzlich krankenversichert (86 Prozent), aber auch Privatversicherte (7 Prozent) nahmen das Angebot in Anspruch.

  • Ein Drittel der Ratsuchenden (37 Prozent) hat von den Kostenträgern von dem Angebot erfahren, ein Fünftel erfuhr über das Internet davon, lediglich 7 Prozent durch ihren Zahnarzt.

  • 64 Prozent der Anliegen wurden direkt während der Beratung gelöst (durch Wissensvermittlung).

  • Bei 17 Prozent erfolgte eine Weiterverweisung innerhalb des Systems an Kammern und KZVen. Damit konnte in 81 Prozent der Fälle das Anliegen direkt gelöst oder im System weitervermittelt werden.

  • Bei lediglich 11 Prozent wurde an externe Stellen, etwa Krankenkassen, verwiesen.

Am häufigsten nachgefragte Themen bei den Beratungen:

  • An erster Stelle standen Kosten- und Rechtsthemen (56 Prozent): Davon a) die Prüfung von Heil- und Kostenplänen beziehungsweise Liquidationen (31 Prozent), b) Gutachten, Zweitmeinungen, Schlichtungen (29 Prozent) und c) Patientenrechte, Berufspflichten, Verhaltensnormen (20 Prozent).

  • An zweiter Stelle (21 Prozent) standen Beratungen zu Adressinformationen, zu Verbraucherinformationen oder zum Bonusheft. Das Bonusheft nahm dabei mit 10 Prozent aller Beratungen einen hohen Stellenwert ein.

  • An dritter Stelle (16,3 Prozent) standen zahnmedizinische Verfahren oder therapeutische Maßnahmen.

  • Den vierten Platz (7 Prozent) nahmen allgemeingesundheitliche zahnmedizinische Themen ein.

Eingaben und Beschwerden – die Ergebnisse

Zu den Eingaben und Beschwerden insgesamt:

Da sich erst 22 von 34 Körperschaften an dieser Dokumentation beteiligt haben, ist bei den vorliegenden Ergebnissen von einer konservativen Schätzung auszugehen. Auch hier stand das Thema Kostenvereinbarung und Rechnungslegung im Vordergrund, gefolgt von Eingaben und Beschwerden rund um vermutete Unregelmäßigkeiten oder Behandlungsfehler. Beachtenswert ist, dass es Alleinstellungsmerkmal der zahnärztlichen Patientenberatung ist, dass die Stellen allen Vorgängen nachgehen und für den Patienten eine individuelle Problemlösung finden wollen. Das unterscheidet sie von anderen Patientenberatungen, die lediglich als Beschwerdesammelstelle dienen können. Eingaben und Beschwerden können nur dann nachverfolgt werden, wenn die eingereichten schriftlichen Unterlagen auch vollständig sind – dies war bei den vorgelegten Fällen nicht immer gegeben.

Im Einzelnen:

  • Dokumentiert wurden etwa 1.900 abgeschlossene (schriftlich festgehaltene) Vorgänge zu rund 2.000 Anliegen.

  • Zu 90 Prozent wurden die Eingaben von Erwachsenen gemacht. Davon waren 65 Prozent GKV-Versicherte und 18 Prozent PKV-Versicherte (Rest ohne Angabe).

  • Geschlechterverhältnis: 59 Prozent Frauen, 41 Prozent Männer.

  • 26 Prozent der Vorgänge waren Eingaben, 74 Prozent Beschwerden.

  • Eine Überprüfung der Vorgänge erfolgte bei 83 Prozent. Davon wurde bei 72 Prozent eine Klärung erzielt.

  • Bei 42 Prozent war eine Eingabe/ Beschwerde nicht zutreffend.

  • Bei 30 Prozent war eine Eingabe/ Beschwerde zutreffend.

  • Bei 28 Prozent war keine Klärung möglich.

Am häufigsten dokumentierte Themen bei Eingaben und Beschwerden:

  • Kostenvereinbarung und Rechnungslegung (55 Prozent): Im Vorfeld einer Behandlung ging es (bei davon 26 Prozent) um mangelnde Aufklärung zu Behandlungskosten oder Honoraren, das betraf vor allem konservierend-chirurgische Leistungen. Im Zusammenhang mit den Kosten ging es (bei davon 74 Prozent) um die Richtigkeit von Kostenplanung oder Rechnungen. Das betraf vor allem Zahnersatz und konservierend-chirurgische Leistungen.

  • Behandlungen und Verdacht auf Behandlungsfehler: 22 Prozent

  • Nur wenige Fälle gab es zu den Themen Vertragszahnarztrecht (10,3 Prozent) oder Berufsausübung (5,9 Prozent), darunter fielen etwa Themen wie die Erreichbarkeit der Praxis oder Wartezeiten auf einen Termin.

Ein lernendes System

Die neue Evaluation von KZBV und BZÄK belegt, dass Patienten das Beratungsangebot von Kammern und KZVen deutschlandweit als fachlich kompetent wahrnehmen und es auch rege nutzen. Der Bericht selbst ist als Ergebnis der Implementierungsphase der zahnärztlichen Patientenberatung zu werten, denn an der Dokumentation haben noch nicht alle Beratungsstellen teilgenommen. Die Evaluation versteht sich als ein lernendes System, um die Qualität der Beratung weiter zu fördern. Die aus dem ersten Jahr gewonnen Erkenntnisse der Evaluation dienen sowohl der Weiterentwicklung der Dokumentation wie auch dem Ausbau der Beratungskompetenz der Zahnärzteschaft generell.

Dr. Wolfgang Eßer, Vorstandsvorsitzender der KZBV: „Wir wollen die Eigenverantwortung der Patienten stärken“

Dr. Wolfgang Eßer, Vorstandsvorsitzender der KZBV | Foto: KZBV-Baumann

 

„Aufgabe der zahnärztlichen Patientenberatung ist es nicht, lediglich als Sammelstelle für unerwünschte Ereignisse oder Beschwerden im Zusammenhang mit Behandlungen zu fungieren. Die Patientenberatung von KZVen und Kammern bietet mehr: Sie stärkt die Patientensouveränität und bietet aktive und individuelle Lösungsansätze. Damit wollen wir die Eigenverantwortung der Patienten und deren Mitsprache bei Therapieentscheidungen unterstützen. Wichtig ist für uns der zufriedene Patient – und zwar in jedem einzelnen Fall. Kein anderes Beratungsangebot vermag es so gut, Behandler und Patienten zeitnah zusammenzubringen und zwischen den Beteiligten lösungsorientiert zu vermitteln. Die große Anzahl geklärter Fälle, die der Jahresbericht dokumentiert, bestätigt uns in dem Anspruch, bei allen Versorgungsfragen direkt nach dem behandelnden Zahnarzt der erste Ansprechpartner zu sein.

Die Evaluation selbst ist für uns ein lernendes System, das wir weiterentwickeln werden, damit wir künftig noch näher am Versorgungsalltag arbeiten können und Patienten mit ihrem Bedarf an fundierter Beratung optimal unterstützen können.“

Prof. Dr. Dietmar Oesterreich, Vizepräsident der BZÄK: „Die Gesundheitskompetenz kann unterstützt werden“

Prof. Dr. Dietmar Oesterreich, Vizepräsident der BZÄK | Foto: BZÄK-Axentis.de

 

„Unser Ziel ist es, die zahnärztliche Versorgung so patientenfreundlich wie möglich zu gestalten. Mit dem Projekt zur Patientenberatung liegt jetzt ein Instrument vor, mit dem die zahnärztliche Selbstverwaltung – nach jahrelanger Überzeugungsarbeit und unter großem Engagement in den Körperschaften – eine einheitliche Erfassung und Evaluierung der Beratungsleistung in den Körperschaften vornehmen kann. Der neue Jahresbericht belegt, dass die Zahnärzteschaft ein umfassendes, fachkundiges und bewährtes Informations- und Beratungsangebot zur Verfügung stellt. Die Beratungsstellen geben Auskunft zu neuen Behandlungsmethoden, Therapiealternativen, beantworten Kostenfragen und erfüllen eine Lotsenfunktion bei allen Anliegen, die im Zusammenhang mit der Behandlung in der Praxis auftreten können.Die Beratungsstellen bieten den Patienten eine wichtige Möglichkeit, ihre individuellen Anliegen zu klären. Viele Probleme können gelöst, das Vertrauensverhältnis zwischen Zahnarzt und Patient kann gestärkt und die Gesundheitskompetenz des Patienten kann unterstützt werden. Jede Körperschaft hat zudem die Möglichkeit, die landesspezifischen Beratungsanliegen zur Optimierung ihrer Patientenberatungsstelle und darüber hinaus für gezielte Fortbildungsangebote der Zahnärzte zu nutzen.“

Schon jetzt lassen sich aber wertvolle Informationen zum Leistungsgeschehen ableiten. Die große Anzahl der zahnmedizinischen Therapiemöglichkeiten und der damit verbundene höhere Informationsbedarf der Patienten erfordern ein kontinuierliches Monitoring des Beratungsangebots. Dazu will der nunmehr jährlich erscheinende Bericht einen Beitrag leisten.

Der erste Jahresbericht zur Evaluation der zahnärztlichen Patientenberatung ist unter www.patientenberatung-der-zahnaerzte.de sowie auf den Websites von KZBV (www.kzbv.de) und BZÄK (www.bzaek.de) abrufbar.

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