Zahnärztliches Werberecht

Was ist erlaubt, was nicht?

Jens-Peter Jahn
Indem das ehemals strenge Werbeverbot immer weiter aufgelockert wurde, hat sich das (zahn-)ärztliche Werberecht sukzessive liberalisiert. Daraus ergeben sich sowohl Chancen als auch Risiken für Zahnärzte. Der Fachanwalt für Medizinrecht Jens-Peter Jahn gibt Antworten auf die Frage, was erlaubt ist und was illegal.

Unter den Begriff des zahnärztlichen Werberechts fallen sämtliche Maßnahmen zur Außendarstellung von Zahnärzten. Bei allen Werbemitteln – beispielsweise dem Praxisschild, Anzeigen, Informationsbroschüren, klassischen Medien in Print, Radio oder TV, einer Praxis-Homepage oder bei der Nutzung von Internetportalen – sind stets die für den Zahnarzt geltenden Berufsausübungsregeln zu beachten, die sich unter anderem aus dem zahnärztlichen Berufsrecht ergeben (§ 21 Musterberufsordnung (MBO) der Bundeszahnärztekammer und landesrechtliche Normen wie – beispielsweise – § 15 der Berufsordnung der Zahnärztekammer Nordrhein). Beschränkungen können auch aus sonstigen Gesetzen wie dem gegen unlauteren Wettbewerb (UWG), dem Heilmittelwerbegesetz (HWG), dem Markengesetz (MarkenG), dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB), dem Telemediengesetz (TMG) sowie aus europäischen Normen resultieren. Da das (zahn-)ärztliche Werberecht erheblich durch das Richterrecht geprägt wird, ist auch die umfangreiche (höchstrichterliche) Rechtsprechung zu berücksichtigen.

Eine uneinheitliche Rechtsprechung

Problematisch erscheint dabei, dass Gerichte die Zulässigkeit von Werbemaßnahmen häufig unterschiedlich beurteilen und dann nicht selten das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) bemüht werden muss. Grundsätzlich muss die Zulässigkeit einer Werbemaßnahme im Einzelfall beachtet werden, sodass insbesondere bei innovativen Ansätzen immer Unsicherheit besteht. Das BVerfG hat jedoch ausdrücklich festgehalten, dass die Frage, welche Werbeformen als sachlich und übertrieben bewertet werden, zeitbedingten Veränderungen unterliegt. Allein daraus, dass eine Berufsgruppe ihre Werbung anders als bisher üblich gestaltet, kann nicht gefolgert werden, dass das geänderte Vorgehen berufswidrig wäre. Dabei kann der Frage eine erhebliche Bedeutung zukommen, mit welchen Risiken eine beworbene Maßnahme verbunden ist. Wird der Patient zur Inanspruchnahme einer mit nicht unerheblichen Risiken verbundenen Maßnahme verleitet, deren Risiken also heruntergespielt, sind auch für das Bundesverfassungsgericht die Grenzen erreicht, da das Schutzgut der Gesundheit betroffen sein kann.

Sachlichkeit als Grundmaxime

Grundsätzlich muss das Leistungsangebot einer Zahnarztpraxis in sachlicher und zutreffender Art vorgestellt werden. Dabei darf es nicht zu einer ungerechtfertigten Aufwertung des eigenen Leistungsangebots, beispielsweise durch die Nennung einer nicht vorhandenen Praxisausstattung oder durch die Verwendung falscher fachlicher Bezeichnungen beziehungsweise (ungeschützter) Zusatzbezeichnungen, kommen. Problematisch gestaltet sich vor allen Dingen die Werbung mit neuen Behandlungsverfahren oder fachlich noch umstrittenen Behandlungsmethoden, solange diese nicht auf gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnissen basieren. Es besteht immer die Gefahr des Vorwurfs einer irreführenden Werbung, wenn mit Attributen geworben wird, die sich nicht beweisen lassen. Dies gilt für die Person des Werbenden ebenso wie für die Praxisausstattung und die Behandlungsmethoden.

Trotz zahlreicher Kritik ist es nach der Rechtsprechung zulässig, auf Vergleichsportalen, auf denen Honorare für bestimmte zahnärztliche Leistungen unverbindlich miteinander verglichen werden können, eigene Angebote für eine zu erbringende Behandlung abzugeben.

Das sind die Gesetzesgrundlagen

  • Musterberufsordnung § 21 Abs. 1: Dem Zahnarzt sind sachangemessene Informationen über seine Berufstätigkeit gestattet. Berufsrechtswidrige Werbung ist dem Zahnarzt untersagt. Berufsrechtswidrig ist insbesondere eine anpreisende, irreführende, herabsetzende oder vergleichende Werbung. Der Zahnarzt darf eine berufsrechtswidrige Werbung durch Dritte weder veranlassen noch dulden und hat dem entgegenzuwirken.

  • Berufsordnung der Zahnärztekammer Nordrhein § 15 Abs. 1: Irreführende, reklamehafte und vergleichende Werbung ist dem Zahnarzt untersagt.

  • Heilmittelwerbegesetz § 3: Unzulässig ist eine irreführende Werbung. Dies liegt dann vor,
    1. wenn Arzneimitteln, Medizinprodukten, Verfahren, Behandlungen, Gegenständen oder anderen Mitteln eine therapeutische Wirksamkeit oder Wirkungen beigelegt werden, die sie nicht haben,
    2. wenn fälschlich der Eindruck erweckt wird, dass a) ein Erfolg mit Sicherheit erwartet werden kann, b) bei bestimmungsgemäßem oder längerem Gebrauch keine schädlichen Wirkungen eintreten, c) die Werbung nicht zu Zwecken des Wettbewerbs veranstaltet wird,
    3. wenn unwahre oder zur Täuschung geeignete Angaben a) über die Zusammensetzung oder Beschaffenheit von Arzneimitteln, Medizinprodukten, Gegenständen oder anderen Mitteln oder über die Art und Weise der Verfahren oder Behandlungen oder b) über die Person, Vorbildung, Befähigung oder Erfolge des Herstellers, Erfinders oder der für sie tätigen oder tätig gewesenen Personen gemacht werden.

  • Heilmittelwerbegesetz § 7: (1) Es ist unzulässig, Zuwendungen und sonstige Werbegaben (Waren oder Leistungen) anzubieten, anzukündigen oder zu gewähren oder als Angehöriger der Fachkreise anzunehmen, …

  • Heilmittelwerbegesetz § 9: Unzulässig ist eine Werbung für die Erkennung oder Behandlung von Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder krankhaften Beschwerden, die nicht auf eigener Wahrnehmung an dem zu behandelnden Menschen oder Tier beruht (Fernbehandlung).

  • Telemediengesetz § 5: Diensteanbieter haben für geschäftsmäßige, in der Regel gegen Entgelt angebotene Telemedien folgende Informationen leicht erkennbar, unmittelbar erreichbar und ständig verfügbar zu halten:
    1. den Namen und die Anschrift, unter der sie niedergelassen sind, bei juristischen Personen zusätzlich die Rechtsform, den Vertretungsberechtigten und – sofern Angaben über das Kapital der Gesellschaft gemacht werden – das Stamm- oder Grundkapital sowie – wenn nicht alle in Geld zu leistenden Einlagen eingezahlt sind – den Gesamtbetrag der ausstehenden Einlagen,
    2. Angaben, die eine schnelle elektronische Kontaktaufnahme und unmittelbare Kommunikation mit ihnen ermöglichen, einschließlich der Adresse der elektronischen Post,
    3. soweit der Dienst im Rahmen einer Tätigkeit angeboten oder erbracht wird, die der behördlichen Zulassung bedarf, Angaben zur zuständigen Aufsichtsbehörde,
    4. das Handelsregister, Vereinsregister, Partnerschaftsregister oder Genossenschaftsregister, in das sie eingetragen sind, und die entsprechende Registernummer,
    5. soweit der Dienst in Ausübung eines Berufs im Sinne von Artikel 1 Buchstabe d der Richtlinie 89/48/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 über eine allgemeine Regelung zur Anerkennung der Hochschuldiplome, die eine mindestens dreijährige Berufsausbildung abschließen (ABl. EG Nr. L 19 S. 16), oder im Sinne von Artikel 1 Buchstabe f der Richtlinie 92/51/EWG des Rates vom 18. Juni 1992 über eine zweite allgemeine Regelung zur Anerkennung beruflicher Befähigungsnachweise in Ergänzung zur Richtlinie 89/48/EWG (ABl. EG Nr. L 209 S. 25, 1995 Nr. L 17 S. 20), zuletzt geändert durch die Richtlinie 97/38/EG der Kommission vom 20. Juni 1997 (ABl. EG Nr. L 184 S. 31), angeboten oder erbracht wird, Angaben über
    a) die Kammer, welcher die Diensteanbieter angehören,
    b) die gesetzliche Berufsbezeichnung und den Staat, in dem die Berufsbezeichnung verliehen worden ist,
    c) die Bezeichnung der berufsrechtlichen Regelungen und dazu, wie diese zugänglich sind,
    6. in Fällen, in denen sie eine Umsatzsteueridentifikationsnummer nach § 27a des Umsatzsteuergesetzes oder eine Wirtschafts-Identifikationsnummer nach § 139c der Abgabenordnung besitzen, die Angabe dieser Nummer,
    7. bei Aktiengesellschaften, Kommanditgesellschaften auf Aktien und Gesellschaften mit beschränkter Haftung, die sich in Abwicklung oder Liquidation befinden, die Angabe hierüber

Im Bereich der Werbung auf sozialen Plattformen, wie Facebook oder Twitter, ist zunächst zu beachten, dass ein privates Nutzungskonto nicht gewerblich verwendet werden darf. Ebenso unterliegen derartige Online-Auftritte der Impressumspflicht nach § 5 TMG. Verstärkt ist auch die zahnärztliche Schweigepflicht zu beachten. Auch darf keine inhaltliche beziehungsweise bildliche Darstellung von Krankengeschichten erfolgen, die in missbräuchlicher, abstoßender oder irreführender Weise präsentiert wird oder zu einer falschen Selbstdiagnose verleiten kann.

Werbeflächen auf Bahn und Einkaufswagen

Die Werbung auf dem Einkaufswagen wurde gerichtlich grundsätzlich gebilligt. Selbst über die Plakatierung von Straßenbahnwagen wird inzwischen diskutiert. Verbreitet ist zudem ein zulässiges Sozial-Sponsoring von Veranstaltungen im Kultur- oder im Sportbereich.

Berufsrechtliche Regelungen wie sie in Belgien existieren, die jegliche Form von Werbung untersagen und die zuletzt Gegenstand eines Verfahrens vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) waren (siehe Artikel S. 30), muten vor der Rechtsprechung in Deutschland geradezu steinzeitlich an. Es verwundert daher nicht, dass der EuGH zu dem Ergebnis gelangt ist, dass das Europarecht (konkret Art. 56 AEUV) dahin auszulegen ist, dass es nationalen Rechtsvorschriften entgegensteht, die jegliche Werbung für Leistungen der Mund- und Zahnversorgung allgemein und ausnahmslos verbieten (EuGH, Urt. v. 04.05.2017, C-339/15). Insofern gelten auch auf europäischer Ebene, soweit das EU-Recht auf berufsständische Verhaltenskodizes oder andere spezifische Regeln für reglementierte Berufe anwendbar ist, ähnliche Standards, wie sie das BVerfG herausgearbeitet hat.

Werbung mit pauschalen Honoraren ist verboten

Alles aber hat auch seine Grenzen. So ist nach Ansicht der Rechtsprechung sowohl eine Werbung mit Pauschalhonoraren für (zahn-)ärztliche Leistungen, soweit sie nach der GOZ abrechenbar sind, als auch eine solche mit Rabatten/Gutscheinen in aller Regel unzulässig. Auch eine Werbung mit Vorher-nachher-Patientenbildern bei einer nicht zahnmedizinisch notwendigen Maßnahme im plastisch-chirurgischen Bereich steht nicht im Einklang mit den zu beachtenden rechtlichen Vorschriften. Das zwischenzeitlich geltende „Kittel-Verbot“ in der Werbung, wonach auf der Praxis-Homepage veröffentlichte Fotos des behandelnden Zahnarztes bei der Behandlung untersagt waren, wurde jedoch aufgehoben. Zudem rückt die zulässige Nutzung von Empfehlungsportalen und Testimonial-Werbung immer mehr in den Fokus. Zu berücksichtigen ist bei jenen allerdings, dass es – besonders im Fall von Aussagen durch Prominente – nicht zu einer unzulässigen Beeinflussung von (potenziellen) Patienten kommen darf. Ebenso ist ein Manipulieren von Einträgen auf einem Bewertungsportal nach Ansicht der Rechtsprechung wettbewerbswidrig.

Das Wichtigste in Kürze

Der unternehmerisch denkende Zahnarzt sollte bei Werbemaßnahmen stets folgende Kernaussagen berücksichtigen:

  • Zulässig und erlaubt ist eine zutreffende, interessengerechte und sachangemessene Patienteninformation.

  • Unzulässig ist im Umkehrschluss eine anpreisende, irreführende, herabsetzende oder vergleichende Werbung, die die freie Arztwahl des (potenziellen) Patienten beeinträchtigt. Auch darf eine berufswidrige Werbung durch Dritte weder veranlasst noch geduldet werden.

  • Allein aus dem Umstand, dass ein Zahnarzt seine Werbung anders als bisher üblich gestaltet, folgt nicht, dass das nunmehr geänderte Vorgehen als berufswidrig anzusehen ist. Vielmehr obliegt es dem Zahnarzt, in welcher Weise er sich und seine Praxis in der Öffentlichkeit darstellt, solange er die rechtlichen Vorschriften und die Rechtsprechung beachtet.

Abzuwarten bleibt, inwieweit die bisherigen gerichtlichen Entscheidungen im Bereich der Behandlung über Fernkommunikationsmittel Bestand haben beziehungsweise sich fortentwickeln werden. Zwar ist in § 9 HWG ein Verbot der Fernbehandlung normiert. Als zulässig wurden jedoch durch Gerichte bereits die postalische Einsendung von Probenmaterial durch den Patienten und eine anschließende telefonische Besprechung der Ergebnisse sowie ein Foto-Upload über die Praxis-Homepage zum Zwecke eines Gesundheits-Check-Up angesehen. Bei der Bewertung der  Zulässigkeit einer Fernbehandlung darf allerdings nicht außer Acht gelassen werden, dass eine Fernbehandlung in keinster Weise eine persönliche, zahnärztliche Untersuchung ersetzen kann und darf. Dieser Grundsatz wird sich aller Voraussicht nach auch in Zukunft nicht ändern.

Weitere Lockerungen in Aussicht?

In den vergangenen Jahren haben sich die Kommunikationsmittel und die Medizintechnik rasant weiterentwickelt. Vor dem Hintergrund der zahlreichen Urteile im Bereich des Werberechts der Freiberufler ist nicht auszuschließen, dass es auch weiterhin zu Lockerungen im Bereich der zahnärztlichen Werbung kommen wird. Aufgrund des insbesondere durch Richterrecht geprägten ärztlichen Werberechts ist auch in Zukunft eine regelmäßige Fortbildung und Überprüfung der eigenen Maßnahmen im kollegialen Wettbewerb unabdingbar.

Jens-Peter Jahn

Fachanwalt für Medizinrecht
50670 Köln
koeln@medizin-recht.com

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