Pleomorphes Adenom der Glandulae sal. minores
Inspektorisch waren eine dezente extraorale sowie eine deutlichere enorale Schwellung sichtbar (Abbildung 1). Die Raumforderung bestand eigenanamnestisch seit einigen Wochen und hatte eine Größe von etwa 1,5 cm x 2 cm. Sie war verschieblich und fest. Funktionell lagen keine Einschränkungen vor, ebenso kam es zu keinen sensiblen Ausfällen.
Der Tumor war enoral von einer unauffälligen Schleimhaut bedeckt. Der Patient zeigte insgesamt eine gute Mundhygiene ohne harte und weiche Beläge. Das Gebiss war kariesfrei und das Parodontium klinisch reizlos. Bei dem Patienten waren bislang keine chirurgischen Eingriffe im Kopf-Hals-Bereich erfolgt.
Neben der Sonografie zeigte eine MRT-Untersuchung (Abbildung 2) rechts lateral des Oberkiefers, auf Höhe regio 14 und kaudoventral des rechten Sinus maxillaris, eine in der T2-Wichtung hyperintense, glatt berandete Raumforderung von circa 11 mm x 18 mm Größe. In der Panoramaschichtaufnahme wurden keine weiteren dentalen oder knöchernen Pathologien erhoben. In Intubationsnarkose erfolgte über einen enoralen Zugang die Exstirpation der Raumforderung in toto (Abbildung 3).
Nach der Tumorentfernung (Abbildung 4) konnte eine knöcherne Verdrängung der fazialen Kieferhöhlenwand beobachtet werden. Die histopathologische Untersuchung ergab ein pleomorphes Adenom (PA) mit epithelialen Zellen, unter Bildung duktaler Strukturen mit myxoid-chondralen Anteilen (Abbildung 5).
Unter optimaler Mundhygiene war der Heilungsverlauf zeitgerecht, ohne dass es zu Dehiszenzen oder zur Infektion gekommen wäre. Nach einem kurzen Überwachungsintervall konnte der Patient in die ambulante Nachsorge entlassen werden. Bei einer aktuellen Nachbeobachtungszeit von einem Jahr konnte kein Rezidiv diagnostiziert werden.
Diskussion
Die Speicheldrüsen bilden eine komplexe und wichtige Funktion bei der Nahrungsaufnahme, der Protektion der Zähne, der Einleitung der Verdauung und im Abwehrmechanismus von Erregern. Die Unterteilung der Speicheldrüsen erfolgt in große (Gll. salivariae majores) und kleine Drüsen (Gll. salivariae minores).
Die Ohrspeicheldrüse (Glandula parotis), die Unterkieferspeicheldrüse (Glandula submandibularis) und die Unterzungenspeicheldrüse (Glandula sublingualis) zählen zu den großen Speicheldrüsen. Eine Vielzahl kleinerer Speicheldrüsen befindet sich in der Lippe, im harten und weichen Gaumen, in den Wangen, in der Zunge, am oberen Teil des Tonsillenpols und retromolar [Jackowski et al., 2007].
Täglich produzieren die Speicheldrüsen circa 500 bis 1500 ml Speichel. Hiervon sezerniert die Glandula submandibularis circa 75 Prozent. Erkrankungen der Speicheldrüsen führen zu einer quantitativen und/oder qualitativen Veränderung des Speichels [Finkensieper et al., 2013].
Die Erkrankungen der Speicheldrüsen unterteilen sich in Entzündungen (Sialadenitis), Fehlbildungen, Sialadenosen, Sialolithiasis (Steinbildung) sowie gut- und bösartige Speicheldrüsentumore [Finkensieper et al., 2013].
Speicheldrüsentumore machen weniger als drei Prozent der Tumore im Kopf-Hals- Bereich aus. Das pleomorphe Adenom stellt mit einem Anteil von ungefähr 60 Prozent den häufigsten Tumor der Speicheldrüsen dar. Insgesamt 80 Prozent der pleomorphen Adenome betreffen die Glandula parotis, 10 Prozent die Glandula submandibularis und weitere 10 Prozent die kleinen Speicheldrüsen der Mundhöhle, des Nasenraums und des Paranasalraums.
Dabei ist der harte Gaumen (50 bis 60 Prozent) die häufigste Lokalisation der pleomorphen Adenome der kleinen Speicheldrüsen, gefolgt von der Lippe (15 bis 20 Prozent) und – wie im vorliegenden Fall – der bukkalen Mukosa (8 bis 10 Prozent). Weitaus seltener sind pleomorphe Adenome des Larynx, der Zunge oder an sublingual gelegenen Speicheldrüsen [Tian et al., 2010].
Das Erkrankungsalter liegt in der Regel zwischen 30 und 50 Jahren. Die Literatur lässt eine leicht weibliche Prädilektion vermuten. Die Ätiologie der PA ist nicht bekannt. Beschrieben wird eine 8q12 und 12q15 Chromosomen-Anomalie [Eveson Cawson, 1985; Forty Wake, 2000].
Histologisch erscheint das pleomorphe Adenom mit einer Vielzahl von Geweben aus Epithelzellen in einem schnurähnlichen Zellmuster, zusammen mit einer Plattenepithel-Differenzierung oder einem plasmazytoiden Erscheinungsbild [Debnath Adhyapok, 2010]. Daneben sind die Epithel- und Myoepithelzellen entweder von einer mukoiden, einer myxoiden oder einer chondroiden Matrix umgeben. Wobei meist eine fibröse Kapsel vorliegt [Kawahara et al., 2002].
Maligne Transformationen eines pleomorphen Adenoms kommen vor und werden als Karzinom ex pleomorphem Adenom beschrieben. Prognostisch ist hier von immenser Relevanz, ob durch das Karzinom die Pseudokapsel des pleomorphen Adenoms durchbrochen wurde oder nicht [Kämmerer et al., 2009; Krüger et al., 2011].
Die Therapie der Wahl stellt die chirurgische Entfernung und pathohistologische Untersuchung der Neubildung in toto dar. Nach Enukleation ist eine Häufung von Rezidiven beschrieben [Potdar Paymaster, 1969; Vicente et al., 2008].
Fazit für die Praxis
Speicheldrüsentumore machen nur einen kleinen Teil der malignen Erkrankungen im Kopf-Hals-Bereich aus. Dadurch bedingt ist die Diagnosefindung oftmals schwierig. Der häufigste Tumor der kleinen Speicheldrüsen ist das pleomorphe Adenom.
Unklare Raumforderungen der Wange können von Speicheldrüsentumoren ausgehen und maligne sein. Therapie der Wahl ist die chirurgische Entfernung.
Dr. Dr. Daniel Schneider,
Kai Goppold
Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Plastische Gesichtschirurgie
Helios Kliniken Schwerin
Wismarsche Str. 393–397, 19049 Schwerin
PD Dr. Dr. Peer W. Kämmerer, MA, FEBOMFS
Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Plastische Gesichtschirurgie
Universitätsmedizin Rostock
Schillingallee 35, 18057 Rostock
Dr. Michael Wöhlke
Institut für Pathologie
Helios Kliniken Schwerin
Literaturliste
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