Bundestagswahl 2017

Der Zahnarzt-Wahl-O-Mat

Gerechtigkeit, Umwelt, Sicherheit, Bildung – um diese Themen dreht sich der Wahlkampf. Doch was halten die Parteien von der Konzentration arztgruppengleicher Zahnarzt-MVZ? Oder von der Paro-Strategie? Und welche Zukunft hat die GOZ? Die KZBV hat nachgefragt – das haben Union, SPD, Grüne, FDP und Linke geantwortet.

Um freiberufliche Praxisstrukturen, Rechtsaufsicht und die Zukunft von Bema und GOZ geht es im Bundestagswahlkampf traditionell eher weniger. Damit sich der Zahnarzt trotzdem ein Bild machen kann, wie die einzelnen Parteien zu „seinen“ Themen stehen, hat die KZBV im Vorfeld der Bundestagswahl am 24. September den großen Parteien – Union, SPD, Bündnis 90/Die Grünen, FDP und den Linken – wieder ihre Wahlprüfsteine zugesandt. Grundlage für die Fragen bildete das KZBV-Positionspapier „Agenda Mundgesundheit: Versorgung wohnortnah und präventionorientiert weiterentwickeln und gestalten 2017 – 2021“. Beantwortet wurden sechs Fragen zu Themen der Gesundheitspolitik und der zahnmedizinischen Versorgung. Bei den hier von uns abgedruckten Statements handelt es sich um die – ungekürzten – Original- Antworten der Parteien.

  • Wird Ihre Partei die freie Arztwahl als Grundlage der Vertrauensbeziehung zwischen Patient/in und Zahnarzt/Zahnärztin garantieren?

  • Welche Rolle messen Sie der Freiberuflichkeit bei?

  • Wie steht Ihre Partei zu einem selbst‧verwalteten Gesundheitswesen mit den entsprechenden Handlungs- und Gestaltungsspielräumen und einer Beschränkung der Aufsicht auf die Rechtsaufsicht?

CDU/CSU

Den Kern unseres freiheitlichen Gesundheitswesens bilden die freie Arzt- und Krankenhauswahl, die Therapiefreiheit und die Unabhängigkeit der freien Gesundheitsberufe. Daran halten wir fest. Die Selbstverwaltung ist die tragende Säule der gesetzlichen Krankenversicherung. Sie ist wichtig für die Sicherstellung der medizinischen Versorgung. Damit sie reibungslos funktioniert und sie damit künftig noch besser ihrer großen Verantwortung für eine gute Patientenversorgung gerecht werden kann, haben wir die Selbstverwaltung durch schlüssige Vorgaben sowohl hinsichtlich der internen als auch der externen Kontrolle ihrer Organisationen – des GKV-Spitzenverbandes, der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung, der Krankenhausgesellschaft sowie des Gemeinsamen Bundesausschusses – gestärkt und sie somit unterstützt, ihre verantwortungsvollen Aufgaben wahrzunehmen.

Die Linke

Die freie (Zahn-)Arztwahl ist ein hohes Gut und sollte nach dem Willen der LINKEN bestehen bleiben. Zugleich kann ein intensives, vertrauensvolles und auch stabiles Verhältnis zwischen Ärztin/Arzt und Patientin/Patient Vorteile in der Ver‧sorgungsqualität bieten.

Die Freiberuflichkeit ist kein Selbstzweck. Ein Trend zur Anstellung ist seit Jahren festzustellen. Angestellte Zahnärztinnen und Zahnärzte können ebenso wie freiberufliche Behandlungen lege artis durchführen. Was wir aber nicht wollen, ist ein Konzentra‧tionsprozess, bei dem privatwirtschaftliche Ketten entstehen. Es ist gut, dass es die Selbstverwaltung gibt. Sie kann oft näher an der Versorgungswirklichkeit Entscheidungen treffen, als dies die Politik könnte. Dennoch gibt es auch Schwierigkeiten, z. B. wenn die Interessen beider Bänke im Widerspruch zu den Interessen der Patientinnen und Patienten stehen. Diese Schwierigkeiten wollen wir mit einem Stimmrecht bzw. einem Benennungs‧recht der Patientenseite für zwei der drei unparteiischen Mitglieder im Gemeinsamen Bundesausschuss entschärfen.

(vgl. http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/18/106/1810630.pdf).

SPD

Wir Sozialdemokraten stehen ausdrücklich zur freien Arztwahl durch die Patientinnen und Patienten und auch zum Prinzip der freien Berufsausübung von Ärztinnen und Ärzten, eingeschlossen der Zahnärzt*innenschaft. Nichtsdestotrotz müssen alle – Leistungserbringer wie Kostenträger – einen Beitrag zur Sicherstellung der Versorgung leisten. Gemeinsam muss dafür Sorge getragen werden, dass unser Gesundheitssystem insgesamt sein hohes Niveau behält. So muss beispielsweise im Bereich Digi‧talisierung der Modernisierungsprozess von allen Beteiligten konsequent und zum Nutzen der Patientinnen und Patienten vorangetrieben werden.

Wir betrachten die Selbstverwaltung als einen Eckpfeiler des deutschen Gesundheitssystems und werden auch in Zukunft für das Prinzip der Selbstverwaltung Partei ergreifen. Diese Form der Organisation in eigener Sache hat für den Ordnungsgeber den klaren Vorteil, dass diejenigen sachdienliche Entscheidungen vorschlagen und mit treffen, die über den notwendigen Sachverstand im Detail verfügen und letztlich für deren Umsetzung zu sorgen haben. Angesprochen auf das GKV-Selbstverwaltungsstärkungsgesetz teilen wir nach wie vor die Auffassung, dass für die Verfehlungen einiger weniger Selbstverwalter*innen nicht alle Akteure der Selbstverwaltung in Haftungen genommen werden dürfen. Deswegen ist es uns Sozialdemokraten auch zu verdanken, dass der ursprüngliche Gesetzentwurf des Bundesgesundheitsministeriums deutlich entschärft wurde und es beispielsweise keine Vorgaben für unbestimmte Rechtbegriffe durch die Exekutive geben wird. Es bleibt also auch in Zukunft bei der Rechtsaufsicht des BMG. Wir werden nach den Erfahrungen dieser Wahlperiode die Entwicklung in allen Selbstverwaltungen mit wachen Augen weiter verfolgen.

Bündnis 90/Die Grünen

Wir stehen zur freien Arztwahl. Sie ist ebenso ein wichtiges Merkmal des deutschen Gesundheitswesens wie die Selbstverwaltung. Nach unserer Auffassung muss jedoch den Patientinnen und Patienten eine deutlich größere Rolle in der Selbstverwaltung zugebilligt werden. Wir wollen keine Fachaufsicht, sondern eine funktionierende Rechtsaufsicht, die auch darauf achtet, dass mit den von den Versicherten hart erarbeiteten Beitragsmitteln sorgsam umgegangen wird.

FDP

Leitbild unserer Gesundheits‧politik sind mündige Patientinnen und Patienten. Deshalb treten wir weiter für die freie Arzt-, Krankenhaus-, Therapie- und Krankenkassenwahl ein und wollen allen Menschen eine wohnortnahe und qualitativ hochwertige medizinische Ver‧sorgung sichern.

Die ärztliche Freiberuflichkeit ist für uns ein hohes Gut. Sie garantiert, dass der Arzt bei seinen Entscheidungen sich vom Patientenwohl und nicht von sachfremden Zwängen leiten lässt. Daher treten wir Freie Demo‧kraten jedweder Gefährdung der Freiberuflichkeit entschieden entgegen; gerade wenn Veränderungen hin zu einem staatlich gelenkten System angedacht sind, da aus unserer Sicht damit prinzipiell die indivi‧duelle Therapieentscheidung eingeschränkt werden kann.

Wir wollen, dass die Zeit des Misstrauens der Politik gegenüber der Selbstverwaltung ein Ende hat. Die Selbstverwaltung und ihre Institutionen und Organe sind es, die die Versorgung in unserem Land erfolgreich sicher‧stellen. Wir sehen das Prinzip der Subsidiarität als Grundlage des Erfolges unseres Gesundheitssystems. Wir wollen der Selbstverwaltung daher wieder mehr Freiräume geben, damit diese ihre Kompetenzen und ihr Fachwissen bei Problemlösungen für eine optimale Versorgung der Patientinnen und Patienten einbringen kann. Das GKV-Selbstverwaltungsstärkungsgesetz hat die Entscheidungshoheit der Heilberufler ein‧geschränkt und ihnen weitere Bürokratiehürden auferlegt. Es muss daher korrigiert werden, um die bisherige Qualität der bewährten Sozialpartnerschaft beibehalten zu können.

  • Wie will Ihre Partei in ganz Deutschland Versorgung gleichwertig sicherstellen?

  • Ist Ihre Partei bereit, bewährte freiberufliche Praxisstrukturen weiter zu erhalten und zu fördern?

  • Wie bewerten Sie die Konzentration arztgruppengleicher Zahnarzt-MVZ in Ballungsräumen und einkommensstarken Regionen und welche Konsequenzen ziehen Sie daraus?

CDU/CSU

Wir wollen eine gute medizinische Versorgung im ganzen Land sichern. Gerade in vielen ländlichen Regionen ist dies angesichts einer oft rückläufigen und zugleich älter werdenden Bevölkerung ein wachsendes Problem. Wir werden sicherstellen, dass Menschen im Falle von Krankheit, Pflege‧bedürftigkeit oder bei einem Unfall auch zukünf‧tig eine gute medizinische und pflegerische Versorgung erhalten – unabhängig von ihrem Einkommen und ihrem Wohnort. Ärztinnen und Ärzte sollen dort tätig sein, wo sie für eine gute Versorgung der Patientinnen und Patienten gebraucht werden.

Wie bereits ausgeführt, bilden den Kern unseres freiheitlichen Gesundheitswesens die freie Arzt- und Krankenhauswahl, die Therapiefreiheit und die Unabhängigkeit der freien Gesundheitsberufe. Daran halten wir fest. Um die Herausforderungen der Zukunft zu bewältigen, brauchen wir für eine bedarfsgerechte Patientenversorgung eine Vielfalt bei den ärztlichen und zahnärztlichen Versorgungsmodellen. Dazu gehören die Einzelpraxis, die Medizinischen Versorgungszentren und andere kooperative Modelle. CDU und CSU sind offen für die weitere Entwicklung und werden berücksichtigen, was der ärztliche und zahnärztliche Nachwuchs anstrebt.

SPD

Wir erkennen den Wertewandel der gesamten Ärzt*innenschaft sehr genau und wollen ihn positiv begleiten. Der Trend geht weg vom Ein‧zelkämpfer hin zu geteiltem Risiko und komfortableren Arbeitsbedingungen im Rahmen von Kooperationen oder auch Anstellungsverhältnissen. Wir als SPD haben auf diesen Trend bereits reagiert und dafür gesorgt, dass beispielsweise die Gründungsvoraussetzungen für Medizinische Versorgungszentren weiter flexibilisiert wurden. Das schließt die Zahnärzt*innenschaft mit ein. Diesen Weg werden wir konsequent weiterverfolgen, um letztlich die Versorgungssicherheit der Patientinnen und Patienten auch weiter auf hohem Niveau zu gewährleisten und gleichzeitig auch Zahn‧mediziner*innen den Weg in die Versorgung nach ihren Vorstellungen zu erleichtern.

Bündnis 90/Die Grünen

Nach Abschaffung der Bedarfsplanung lassen sich die zahnmedizinischen Versorgungsangebote kaum noch so steuern, dass benachteiligte Regionen nicht unter den Tisch fallen. Kooperative Versorgungsstrukturen wie MVZ sehen wir nicht als Bedrohung, seit einigen Jahren steigt die Zahl der angestellten Zahnärztinnen und Zahnärzte und die KZBV geht selbst davon aus, dass dies nicht zu einer Verschlechterung der Versorgung führt.

Die Zunahme angestellter Tätigkeiten zeigt veränderte berufliche Präferenzen vor allem bei Jüngeren. Dem kann durch kooperative Formen der Berufsausübung wie Gesundheitszentren oder Gemeinschaftspraxen stärker entsprochen werden – gerade auch in dünner besiedelten Räumen.

FDP

Wir Freie Demokraten sind nicht grundsätzlich gegen fachübergreifende medizinische Versorgungszentren (MVZ), da diese eine sinnvolle Angebotserweiterung für die Patientenversorgung sein und die Sicherung der Versorgungsstruktur unterstützen können.

Wie aber auch die aktuelle Erfahrung mit der Verteilung der zahnärztlichen MVZ zeigt, kann das Rückgrat der ambulanten zahnärztlichen Versorgung nach wie vor nur aus den freiberuflich, in eigener Praxis tätigen Niedergelassenen bestehen. Dazu müssen sich junge Zahnärztinnen und Zahnärzte weiterhin für die eigene Praxisgründung entscheiden. Dies wollen wir insbesondere durch den Abbau von unnötiger Bürokratie fördern. Zudem wollen wir prüfen, wie die Niederlassung im ländlichen Raum durch geeignete Anreize gefördert werden kann.

Die KZVen sind für die Sicherstellung der zahnärztlichen Versorgung verantwortlich. Ihre Expertise werden wir zur Bewältigung der Herausforderung der zahnärztlichen Versorgung im ländlichen Raum einbeziehen. Wir wollen die Selbstverwaltung, die zahlreiche Modellprogramme und „Niederlassungsfahrschulen“ etc. entwickelt hat, dabei unterstützen, Nachwuchs für die freiberuflichen Praxisstrukturen zu gewinnen. 

Die dabei möglichen Organisationsformen freiberuflicher Tätigkeit in Einzelpraxis oder Kooperation müssen einerseits unternehmerische Freiheiten respektieren und andererseits eine flächendeckende und wohnortnahe Versorgung ermöglichen. Insoweit bestehende Regelungen zu Fehlentwicklungen führen, sind sie zu prüfen und hinsichtlich der Versorgungsnotwendigkeiten weiterzuentwickeln. Wir werden hierbei auch für faire Wettbewerbsbedingungen der Organisationsformen eintreten.

Die Linke

Wer eine gleichwertige Versorgung anstrebt, muss sich um die Beseitigung von Fehlanreizen bemühen. Dazu gehört unseres Erachtens auch die gleiche Vergütung (zahn-)ärztlicher Leistungen, egal, um welchen Patienten oder welche Patientin es sich handelt. Derzeit haben wir die Situation, dass Leistungserbringende, die in armen Regionen mit wenigen Privatversicherten ihre Praxis haben, benachteiligt sind. Das wollen wir ändern. Gerade in diesen Tagen haben wir auf Anregung eines zahnärztlichen Verbandes eine Kleine Anfrage an die Bundes regierung erstellt, die sich mit rein zahnärztlichen MVZ beschäftigt, die ja seit 2015 möglich sind. Wir erfragen darin, welche Erfahrungen mit dieser Art MVZ gemacht wurden, damit ein politischer Meinungsbildungsprozess darüber geführt werden kann.

Wir sehen sehr kritisch, dass mit dieser Art MVZ die Möglichkeit für Kapitalgeber entsteht, über Versorgungsstrukturen mitzuentscheiden und hoffen auf erkenntnisreiche Daten in der Antwort der Bundesregierung.

  • Die Mundgesundheit der Bevölkerung hat sich in den vergangenen 25 Jahren erheblich verbessert. Deutschland nimmt bei der Mundgesundheit im internationalen Vergleich eine Spitzenposition ein. Ziel der Zahnärzteschaft ist es, die erfolgreiche Präventionsstrategie auszubauen. Wir wollen Karies weiter eindämmen und die Volkskrankheit Parodontitis bekämpfen. Mit unserem Reformkonzept zur Parodontitisversorgung setzen wir auf eine Kombination aus Sachleistungen, Zuschüssen sowie Anreizen über ein Bonussystem. Wie steht Ihre Partei zu unseren Vorschlägen?

SPD

Die SPD unterstützt und bestärkt Zahnärztinnen und Zahnärzte in ihrem Engagement zur weiteren Förderung der Mund- und Zahngesundheit und zur Vermeidung von Erkrankungen wie Karies oder Parodontitis. Wir haben dazu in dieser Legislaturperiode mit dem GKV-Versorgungsstärkungsgesetz und dem Gesetz zur Stärkung von Gesundheitsförderung und Prävention die gesetzlichen Rahmenbedingungen weiter verbessert. Verstärkte Aufklärung über gesunde Ernährung und Mundhygiene, die Angebote der Gruppen- und Individualprophylaxe und die gute zahn‧medizinische Versorgung in Deutschland haben zu den auch in der Fragestellung angesprochenen Erfolgen bei der Verbesserung der Mund- und Zahngesundheit ins‧gesamt geführt. Der Fokus muss weiterhin auf die Herstellung (zahn-)gesundheitlicher Chancengleichheit gelegt werden. Denn nach wie vor besteht ein enger Zusammenhang zwischen der sozialen Herkunft und der Mund- und Zahngesundheit, auf den das RKI mit Verweis auf die DMS-Studie und die Grundauswertung der Einschulungsdaten in Berlin 2015 explizit hinweist. Die SPD begrüßt vor diesem Hintergrund das Ziel der Zahnärzteschaft, den eingeschlagenen Weg erfolgreicher Präventionsarbeit weiterzuverfolgen. 

Dem Reformkonzept zur Parodontitis-Versorgung steht die SPD grundsätzlich positiv gegenüber. Wir setzten darauf, dass der Gemeinsame Bundesausschuss diese Vorschläge mit Blick auf eine Überarbeitung der Richtlinie für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche vertragszahnärztliche Versorgung beraten wird.

CDU/CSU

CDU und CSU unterstützen diese Vorschläge. Mit dem Präventionsgesetz haben wir die Gesundheitsförderung und Prävention weiter gestärkt und besonders auch bestehende Leistungen der Krankenkassen für die Früherkennung von Krankheiten weiterentwickelt. So lassen sich Zahn-, Mund- und Kiefererkrankungen häufig durch entsprechendes präventives Verhalten des Einzelnen beeinflussen und zum Teil sogar vollständig verhindern. Mit dem GKV-Versorgungsstärkungsgesetz wurde die Verhütung von Zahn‧erkrankungen bei Pflegebedürftigen und Menschen mit Behinderung weiterentwickelt. Erste Erfolge gilt es, weiter zu verstetigen.

FDP

Der Kampf gegen Parodontitis stellt zukünftig eine große Herausforderung für die zahnmedizinische Versorgung der Bevölkerung dar. Wissenschaftliche Unter‧suchungen weisen darauf hin, dass der heutige Stand des GKV-Leistungskatalogs weiterentwickelt werden muss, um diese Versorgungslücken schließen zu können.

Wir Freie Demokraten wollen, dass dem Prinzip „Vorsorge statt Nachsorge“ zukünftig stärker Rechnung getragen wird. Zur Therapie von Krankheiten, die die Motivation und Mitwirkung der Patientinnen und Patienten benötigt, haben sich sozialverträgliche Beteiligungs- und Anreizsysteme gerade in der Zahnmedizin bewährt. Insoweit werden wir die Selbstverwaltung auf diesem Gebiet bei der sinnvollen Weiterentwicklung auch weiterhin unterstützen.

Die Linke

Nach unserer festen Überzeugung muss eine gute medizinische und zahn - medizinische Versorgung allen Menschen offenstehen, völlig unabhängig vom eigenen Portemonnaie und der Herkunft. Aus der Veröffentlichung „Leben in Europa“ des Statistischen Bundesamts von 2016 geht hervor, dass in Deutschland im Jahr 2014 knapp 2,6 Millionen Personen auf einen Zahnarztbesuch verzichtet haben, obwohl dieser nach ihrer eigenen Einschätzung notwendig gewesen wäre. Fast jeder Zweite (48 %) verzichtete auf den Gang zum Arzt aus finanziellen Gründen. Terminliche Gründe führten 8 % der Befragten an. Der Rest verzichtete aus anderen Gründen. 

Daher halten wir es für äußerst sinnvoll, wenn wir den Menschen klar sagen können: Alles, was auf dem Behandlungsstuhl gemacht werden muss, bezahlt die gesetzliche Krankenversicherung vollständig. Das gilt selbstverständlich auch für die Parodontitisversorgung und sinnvolle präventive Behandlungen. Über die Frage, was notwendig und sinnvoll ist, gibt es einen Dissens in der Selbstverwaltung. Uns ist nicht entgangen, dass große Teile der Zahnärzteschaft unzufrieden mit der Bewertung des IQWiG sind.

Dennoch ist dies keine Frage, die die Politik entscheiden sollte. Wir wollen, wie bereits in der Antwort auf Frage 1 ausgeführt, der Patientenvertretung über die Benennung zweier der drei unabhängigen Vorsitzenden des G-BA wesentliche Entscheidungsbefugnisse einräumen für den Fall, dass sich Leistungserbringende und Krankenkassen nicht einigen können. Gäbe es diese Regelung bereits, könnten diese Stimmen den Ausschlag dafür geben, dass im Sinne sinnvoller Behandlungen entschieden wird.

Bündnis 90/Die Grünen

Wir befürworten den Vorschlag der KZBV, den bestehenden Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen bei der Parodontaltherapie zu aktualisieren. Wir erwarten daher, dass die Selbstverwaltung im G-BA die einschlägige Richtlinie auf der Grundlage neuer Erkenntnisse zügig so weiterentwickelt, dass das medizinisch notwendige Behandlungsspektrum im Leistungskatalog der GKV abgebildet wird. Gleiches gilt für die Weiterentwicklung des BEMA.

  • Bei welchen Themen sieht Ihre Partei Chancen der Digitalisierung des Gesundheitswesens?

  • Und wie schaffen Sie es, dabei Datenschutz und -sicherheit zu gewährleisten?

SPD

Die fortgesetzte Digitalisierung des Gesundheitswesens ist eine der zentralen Herausforderungen auch für die 19. Wahlperiode. Wir haben mit dem E-Health-Gesetz im Jahr 2015 die Rahmenbedingungen für eine nunmehr zügige Umsetzung der Telematikinfrastruktur und einen Ausbau telemedizinischer Angebote geschaffen. Unser Ziel bleibt ein einheitliches Kommu‧nikationsnetz von Leistungserbringern, Kassen und Patientinnen und Patienten auf höchstem Sicherheitsniveau, das seines‧gleichen sucht. Datenschutz und -sicherheit haben hier höchste Priorität! Am Ende der bisher im E-Health-Gesetz beschriebenen Entwicklung wird eine elektronische Patientenakte stehen, die es mit Zustimmung des Patienten erlaubt, Diagnose- und Versorgungsdaten behandelnden Leistungserbringern zur Verfügung zu stellen. Das wird die Versorgung nicht weniger als revolutionieren und dabei helfen, fortgesetzt hocheffiziente Strukturen zu schaffen. Wir werden uns neben der Telematikinfrastruktur aber auch neuen Herausforderungen widmen müssen. Beispielsweise dem Umgang mit neuen Anwendungen in der Versorgung – insbesondere Smartphone-Apps. Hier muss klar erkennbar werden, was nützt und vor allem sinnvoll für den Patienten ist.

Die Linke

E-Health-Anwendungen und die Digitalisierung im Gesundheitswesen können die Qualität der Versorgung und die Arbeitsbedingungen verbessern sowie zur Präven‧tion von Erkrankungen beitragen. DIE LINKE begrüßt grundsätzlich den Aufbau einer Telematikinfrastruktur zur sicheren Kommunikation, hält das Konzept der elektronischen Gesundheitskarte aber für gescheitert. Die Chancen der Digitalisierung dürfen nicht den Blick dafür verstellen, dass E-Health-Anwendungen wie andere Methoden auch Risiken für die Patientinnen und Patienten und im Datenschutz bergen können. Qualität, Nutzen und Sicherheit der meisten E-Health-Anwendungen sind nicht überprüft. Wir fordern, schnell valide und praktikable Bewertungsverfahren für den Patientennutzen zu entwickeln, um die Spreu vom Weizen zu trennen. Nur wenn digitale Anwendungen den Patientinnen und Patienten wirklich nutzen und der Datenschutz gesichert ist, sollten sie in die GKV-Versorgung gelangen.

FDP

Wir Freie Demokraten setzen uns für den weiteren Ausbau digitaler Gesundheitsdienstleistungen und für verbesserte Rahmenbedingungen für eine sichere Digitalisierung des Gesundheitssystems ein, die sich an den Bürgerinnen und Bürgern als dessen Nutzerinnen und Nutzern orientiert. Denn digitale Dienstleistungen sorgen für ein effizienteres, schnelleres und sichereres Gesundheitssystem. Sogenannte E-Health-Systeme, bei denen relevante Daten gesammelt und nutzbar gemacht werden, bieten eine Vielzahl von Möglichkeiten, um Verbesserungen im Gesundheitswesen einzuführen. Diese Systeme ermöglichen bei einer dezentralen Speicherung beim und in der Verfügungsgewalt des jeweiligen Bürgers und der jeweiligen Bürgerin den schnellen Zugriff im Notfall, soweit dies auch von den Patientinnen und Patienten gepflegt und gewünscht wird. 

Zum Dienst am Menschen gehört auch der Schutz seiner Daten. Der Staat muss die Hoheit des Einzelnen über seine Daten stets gewährleisten. Patientinnen und Patienten bestimmen über ihre Daten und darüber, wer wann wie lange und für welchen Zweck darauf zugreifen darf. Daher ist auch jeder Zugriff zu dokumentieren, damit Missbrauchsversuche zügig geahndet werden können. Die Digitalisierung verbindet dabei das Ziel des Bürokratieabbaus mit der Entschlackung von Diagnostik-, Dokumentations- und Abstimmungsprozessen und erweitert Forschungsmöglichkeiten zur Bekämpfung von Krankheiten. Dabei setzen wir uns für die technischen Möglichkeiten des freiwilligen, direkten und sicheren Datenaustauschs zwischen den Beteiligten im Gesundheitswesen bei Sicherung des höchstmöglichen Niveaus an Datenschutz und -sicherheit ein.

Bündnis 90/Die Grünen

Wir meinen: Zwischen Datenschutz und Digitalisierung gehört ein „und“ und kein „oder“. Wir erwarten eine Stärkung der Datensouveränität der Patientinnen und Patienten, weil sie künftig viel besser entscheiden können, was mit ihren sensiblen Daten geschieht. Wir sehen daneben ihre bessere Einbeziehung in den Behandlungsprozess und letztlich auch eine wirtschaftlichere Versorgung, weil zum Beispiel unnötige Doppeluntersuchungen vermieden werden können. Prioritär sind für uns bessere rechtliche, finanzielle und technische Rahmenbedingungen für die Telemedizin sowie die Einführung einer elektronischen Patientenakte.

CDU/CSU

Die Digitalisierung eröffnet viele neue Möglichkeiten für eine bessere Versorgung der Patientinnen und Patienten und für Fortschritte in der medizinischen Forschung. CDU und CSU werden die Digitalisierung des Gesundheitswesens entschlossen ausbauen und sehen hier einen besonderen Schwerpunkt für die kommende Legislaturperiode. Die Möglichkeiten der Digitalisierung im Gesundheitswesen werden wir entschlossen nutzen. 

Das E-Health-Gesetz ist dazu ein erster wichtiger Schritt: Wir sichern den Schutz höchstpersönlicher Daten und geben Patientinnen und Patienten zukünftig die Möglichkeit, wesentliche Gesundheitsinformationen den behandelnden Ärztinnen und Ärzten zur Verfügung zu stellen.

Das kommt allen zugute und kann Leben retten. Die Möglichkeiten der Digitalisierung im Gesundheitswesen werden wir entschlossen nutzen. Das E-Health-Gesetz ist dazu ein erster wichtiger Schritt: Wir sichern den Schutz höchstpersönlicher Daten und geben Patientinnen und Patienten zukünftig die Möglichkeit, wesentliche Gesundheitsinformationen den behandelnden Ärztinnen und Ärzten zur Verfügung zu stellen. Das kommt allen zugute und kann Leben retten.

  • Wie will Ihre Partei den Besonderheiten der Zahnmedizin bei der Ausgestaltung der Versorgung stärker Rechnung tragen, insbesondere in den Bereichen Qualität, Selbstverwaltung und Zahnarzt-MVZ?

CDU/CSU

Wir haben in den vergangenen Jahren, insbesondere über den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA), das Thema der Qualitätssicherung vorangebracht. Im Rahmen der Weiterentwicklung der Qualitätssicherung begrüßen wir ausdrücklich eine stärkere Berücksichtigung der Qualität in der medizinischen Versorgung. Der Qualitätswettbewerb spielt hierbei eine entscheidende Rolle. CDU und CSU werden den beschrittenen Weg der umfassenden Qualitätssicherung weiter verfolgen. Ziel dabei kann auch eine qualitätsbezogene Vergütung sein. Hierzu sind jedoch noch weitere Vorarbeiten notwendig. So ist z. B. die Risikoadjustierung eine wichtige Voraussetzung für eine faire qualitätsbezogene Vergütung. In jedem Fall werden wir die derzeit auch wissenschaftlich stattfindende Diskussion um „pay-for-performance-Ansätze“ verfolgen und wenn nötig, daraus gesetzgeberischen Handlungsbedarf ableiten.

SPD

Die zahnmedizinische Versorgung der Bevölkerung hat Spitzenqualität und verfügt über solide Strukturen. Dies ist vor allem auch der engagierten Zahnärzt*innenschaft zu verdanken, wofür wir Ihnen Danke sagen wollen. Es vollzieht sich ein besagter Wertewandel in der gesamten Ärzt*innenschaft, der darauf hindeutet, dass sich die Versorgungsstrukturen langfristig verändern werden. Es wird voraussichtlich zu einen stärkeren Mix aus Niederlassung und Anstellung kommen. Diesen Prozess begleiten wir weiter durch die stete Anpassung der ordnungspolitischen Rahmenbedingungen. Unser Ziel sind flexiblere Strukturen, die auch den Interessen der Leistungserbringer entgegenkommen.

Die Linke

Zahnärztinnen und Zahnärzte leisten in Deutschland gute Arbeit. Der Feind des Guten ist das Bessere. Wir sind überzeugt davon, dass die zahnärztliche und die gemeinsame Selbstverwaltung in der Lage sind, die Arbeit qualitativ ständig weiterzuentwickeln. Dass wir dafür auch die Mitarbeit der Patientenvertretung für hilfreich halten, ist auch in anderen Antworten schon deutlich geworden. Zu Zahnarzt-MVZ siehe Antwort auf Frage 2.

Bündnis 90/Die Grünen

Qualitätssicherung muss der besseren Versorgung dienen, sie darf kein bürokratischer Selbstzweck sein. Wir befürworten eine größere Qualitätstransparenz, damit insbesondere die Patientinnen und Patienten erkennen können, bei welchem Leistungs‧erbringer sie gut versorgt werden. Uns liegen keine Erkenntnisse vor, dass die seit Ende 2016 geltende sektorübergreifende Qualitätsmanagement-Richtlinie die Zahnmedizin benachteiligt. Jedoch sind nach § 136 Abs. 2 SGB V Ausnahmen möglich, wenn sektorenbezogene Regelungen im Einzelfall geeigneter sind.

FDP

Die Qualität von Gesundheitsleistungen ist seit je her ein bestimmendes Thema der Medizin. Sie ist vom Wohl des hilfesuchenden Patienten geprägt und diesem verpflichtet. Insoweit setzen wir Freie Demokraten auch auf die Weiterentwicklung der Qualität der medizinischen Versorgung. Transparenz und Vergleichbarkeit sind dabei die im Vordergrund stehenden Instrumente. Eine Qualitätsbeurteilung allein nach monetären Parametern wird diesem Anspruch nicht gerecht.

Die zur Messung von Qualität notwendigen und sinnvollen Strukturen und Indikatoren sind primär durch die Gremien der Selbstverwaltung zu entwickeln. Dieser kommt damit eine entscheidende Verantwortung zur Qualitätssicherung und -entwicklung zu. Projekte wie „Jeder Zahn zählt“ weisen in die richtige Richtung.

Qualitätsentwicklung ist ein dauernder Prozess.Darin sind nicht nur Behandlungsmethoden, sondern alle Rahmenbedingungen, mithin auch die Formen ärztlicher Praxisstrukturen weiter einem ständigen Überprüfungs- und Weiterentwicklungsprozess zu unterziehen.

  • Das zahnmedizinische Versorgungssystem in Deutschland ist eines der besten der Welt und dies auch dank des Wettbewerbs innerhalb und zwischen den Kranken‧versicherungssystemen mit den zwei dazugehörigen Gebührenordnungen. Wird Ihre Partei sich für den Erhalt des versorgungsfreundlichen dualen Krankenversicherungssystems mit einer privaten Gebührenordnung neben dem Einheitlichen Bewertungsmaßstab (BEMA) einsetzen?

Bündnis 90/Die Grünen

Wir lehnen, wie Sie, eine Einheitsversicherung ab und befürworten mehr Wahlfreiheit für die Versicherten. Das heutige duale System führt hingegen zu einem Wettbewerb um junge, gesunde und gut verdienende Versicherte. Mit der Bürgerversicherung schaffen wir mehr Qualitätswettbewerb und stärken die finanzielle Stabilität und die Solidarität in unserem Gesundheitswesen.

Eine wichtige Grundlage ist eine gemeinsame Gebührenordnung. Durch eine Bürgerversicherung wird der Versorgung kein Geld entzogen, die durch BEMA und GOZ insgesamt zur Verfügung stehenden Mittel bleiben erhalten.

SPD

Neben fortgesetzten Bemühungen um die Sicherung der Gesundheitsversorgung in Stadt und Land wird es in der kommenden Legislaturperiode vor allem darauf ankommen, die Kosten der Gesundheits‧versorgung gerechter zu verteilen. Deshalb wirbt die SPD weiter für die Einführungen eines einheitlichen Versicherungsmarktes unter Einbeziehung aller Bürgerinnen und Bürger. Maßgeblich bei der Finanzierung ist dabei die individuelle Leistungsfähigkeit. Die paritätische Bürgerversicherung muss aus unserer Sicht wieder zwingend zu gleichen Teilen von Arbeitnehmern und Arbeitgebern finanziert werden.

Wir sehen außerdem auch die Notwendigkeit zur Zusammenführung von BEMA und GOZ. In diesem Zusammenhang haben wir wiederholt betont, dass eine Zusammenführung von gesetzlichem und privatem Honorar ausdrücklich nicht zu Einkommenseinbußen für die Leistungserbringer führen soll. Für uns Sozialdemokraten ist diese Frage zentral für die Akzeptanz einer Reform zur Einführung einer paritätischen Bürgerversicherung.

CDU/CSU

Wir halten an der bewährten Grundstruktur unseres Krankenversicherungssystems fest. Die Einführung einer sogenannten Bürgerversicherung lehnen wir ab. Der Wettbewerb zwischen privaten und gesetzlichen Krankenversicherungen ist ein Motor für Verbesserungen und Innovationen und trägt damit ganz wesentlich zu einer bedarfsgerechten und guten Patienten‧versorgung auf hohem Niveau bei.

Die Linke

Das deutsche Gesundheitssystem ist ohne Zweifel sehr leistungsfähig, auch in der Zahnmedizin. Die Dualität hat damit aller‧dings nichts zu tun, sie ist im Gegenteil eine Bremse für die Leistungsfähigkeit und die Effizienz. Markt und Wettbewerb sind in der Gesundheitsversorgung nicht nützlich, das kann man weltweit beobachten. Die PKV ist in Deutschland die Hauptursache für eine Ungleichbehandlung der Versicherten, sei es in der Beitragszahlung, in der (Zahn-) Arztpraxis, im Krankenhaus oder in anderen Bereichen des Gesundheitssystems. Die Existenz der PKV ist historisch zu erklären, sie ist aber nicht nur ungerecht, sondern auch hochgradig ineffizient, sorgt für persönliche Härten im Alter und an den Grenzen der beiden Versicherungssysteme, entzieht dem Solidarsystem gesunde und gutverdienende Mitglieder und setzt An‧reize für eine schädliche Überversorgung und nicht-evidente Behandlungsmethoden. Daher wollen wir die bislang privat Kranken- und Pflegeversicherten zu einem gut vorbereiteten Stichtag in die Solidarische Gesundheits- und Pflegeversicherung überführen. Mit einem solchen Konzept ist keine Aus‧sage darüber getroffen, wie hoch das Ver‧gütungsvolumen insgesamt sein soll. Wir sprechen uns dafür aus, unterm Strich mit dieser Maßnahme keine Kürzung der Ver‧gütung für ärztliche Leistungen herbeizuführen.

Es kann aber sehr wohl sein, dass diejenigen Leistungserbringer, die bisher überdurchschnittlich viele Privatpatientinnen und ‧-patienten hatten, weniger Einnahmen haben werden; diejenigen, die unterdurchschnittlich viele Leistungen privat ab‧rechneten, werden allerdings eine höhere Vergütung erhalten. Denn wir sehen es nicht als gerechtfertigt an, dass Ärztinnen und Ärzte nach dem Versicherungsstatus ihrer Patientenschaft bezahlt werden statt nach ihrer Leistung und Qualifikation. 

Wir wollen, dass sämtliche notwendigen Leistungen in guter Qualität, auf dem Stand der Wissenschaft und ohne Eigenanteile allen in Deutschland lebenden Menschen zur Verfügung stehen. Dazu haben wir unser Konzept einer Solidarischen Gesundheits- und Pflegeversicherung entwickelt. Danach sollen alle mit allen Einkommen einbezogen werden. Nach einem Gutachten von Prof. Dr. Heinz Rothgang (Uni Bremen) kann so der Beitragssatz ohne Leistungseinschränkung von derzeit 15,7 um rund ein Viertel auf unter 12 Prozent gesenkt werden. So ergeben sich Spielräume für Leistungsverbesserungen, die angesichts der ungewöhnlich hohen Selbstbeteiligungen im zahnärztlichen Bereich dringend notwendig sind.

FDP

Wir Freie Demokraten stehen für Eigenverantwortung und Solidarität im Gesundheits‧system, in dem die Wahlfreiheit des Ver‧sicherten durch Kassenvielfalt gewährleistet ist. Dazu setzen wir uns neben einer starken privaten Krankenversicherung (PKV) auch für eine freiheitliche gesetzliche Kranken‧versicherung (GKV) ein. Einer als „Bürgerversicherung“ getarnten staatlichen Zwangskasse erteilen wir eine klare Absage. Staatlich organisierte und rationierte Zuteilungsmedizin führt langfristig zu einer drastischen Verschlechterung der Versorgung der Bevölkerung und verschärft die demografischen Probleme der gesetzlichen Krankenversicherung. Jede Bürgerin und jeder Bürger soll frei und unabhängig vom Einkommen wählen können, ob sie oder er sich für den Versicherungsschutz bei GKV oder bei einem Anbieter der PKV entscheidet und welches Modell für seine Lebensform am besten geeignet ist. 

Wir wollen die Möglichkeiten vereinfachen, zwischen gesetzlicher und privater Krankenversicherung zu wechseln. Ebenso muss es Rückwege aus der PKV in die GKV geben. Beide Krankenversicherungen müssen zukunftsfest weiterentwickelt werden.

Im Fall der Öffnung des Marktes muss die PKV verpflichtet werden, jedem Antrag‧steller ausreichenden Versicherungsschutz zu gewähren. Zugleich muss die Möglichkeit für jeden Versicherten verbessert werden, Altersrückstellungen bei einem Ver‧sichererwechsel innerhalb der PKV mitzunehmen. Die gesetzlichen Kassen sollen mehr Selbstständigkeit bei Tarifoptionen und Leistungsangeboten bekommen, um den immer individuelleren Bedürfnissen ihrer Versicherten entgegenzukommen. Starre und restriktiv angelegte Vergütungsordnungen wie der BEMA müssen dafür systematisch flexibilisiert werden. Für alternative Behandlungen im Vertrauensverhältnis zwischen Ärzte- und Patientenschaft müssen Gestaltungsräume geöffnet werden. 

Es darf keine Diskriminierung oder Wettbewerbsverzerrung geben. Die Versicherungen sollen miteinander in fairem und trans‧parentem Wettbewerb stehen. Um das zu gewährleisten, sind die Effizienz und der Verteilungsmechanismus des Gesundheitsfonds rasch und gründlich zu überprüfen und entstandene Marktverzerrungen und Ungerechtigkeiten zu beseitigen. Vor allem ist der morbiditätsorientierte Risikostrukturausgleich (MorbiRSA) auf eine manipulationssichere Basis zu stellen.

Zudem wollen wir die Budgetierung im Gesundheitswesen abschaffen. Denn sie führt zu Zwangsrationierung und dem Vorenthalten von Therapien. Wir wollen, dass die Bürgerinnen und Bürger über ihre Behandlung mitentscheiden können und Leistungen sowie Kosten transparent werden.

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