Repetitorium: Gicht

Die symptomatische Hyperurikämie

Erhöhte Harnsäurewerte im Blut können asymptomatisch bleiben oder sich als Gicht manifestieren. Das Krankheitsbild ist mit der Entwicklung verschiedenster Störungen vom Diabetes mellitus bis hin zu Erektionsstörungen assoziiert und wird in seiner Bedeutung noch oft unterschätzt.

Bei der Gicht, die auch als symptomatische Hyperurikämie bezeichnet wird, handelt es sich um eine weit verbreitete Stoffwechsel-erkrankung, die sich im Allgemeinen auf der Basis einer ausgeprägten genetischen Prädisposition ausbildet (primäre Hyperurikämie). Nur vergleichsweise selten sind erhöhte Harnsäurespiegel eine Folge anderer Erkrankungen. Insbesondere Diuretika sowie Zytostatika, die zum Abbau von Tumorzellen führen und so den Zellumsatz und das anfallende Purin steigern, können eine Hyperurikämie triggern (sekundäre Hyperurikämie).

Die Störung ist ernst zu nehmen, da sich bei erhöhten Harnsäure-Konzentrationen Harnsäurekristalle (Uratkristalle) bilden. Sie können sich als sogenannte Gichttophi im Gewebe wie auch in den Gelenken ablagern und zu Schwellungen, Entzündungen und starken Schmerzen führen.

Entsprechend der Leitlinie werden verschiedene Stadien der Erkrankung unterschieden: asymptomatische Gewebeablagerungen, eine akute Gicht und interkritische Perioden zwischen zwei Gichtanfällen bis hin zur chronischen Gicht. 

Prävalenz

In den Industrieländern zählt die Gicht nach Angaben der Organisation „Internisten-im-Netz“ damit zu den häufigsten Stoffwechsel-Erkrankungen. Ein bis zwei Prozent der erwachsenen Bevölkerung leiden unter der Erkrankung. Dabei wird seit Jahren weltweit ein Anstieg der Gicht wie auch der asymptomatischen Hyperurikämie registriert.

Zu 90 bis 95 Prozent sind Männer betroffen. Der erste Gichtanfall tritt bei ihnen meist im Alter zwischen 40 und 60 Jahren auf. Frauen erkranken meist in einem etwas höheren Lebensalter, bei ihnen steigen die Harnsäurewerte in aller Regel erst nach den Wechseljahren und es kommt im Mittel erst im Alter von 50 bis 60 Jahren zur Gicht.

Harnsäure (2,6,8-Trihydroxy-Purin) entsteht im Organismus vor allem beim Abbau körpereigener Purine, insbesondere beim Zellabbau sowie beim Abbau von mit der Nahrung aufgenommenen Purinkörpern. Diese werden im Zuge der Oxidation von Hypoxanthin und Xanthin durch die Xanthinoxidase zu Harnsäure metabolisiert. Der größte Teil wird renal, ein kleinerer Teil fäkal ausgeschieden, da das Stoffwechselend-produkt im Organismus nicht weiter verwendet werden kann. Das physiologische Gleichgewicht wird gestört, wenn im Körper zu hohe Mengen an Harnsäure anfallen oder über die Nieren zu geringe Mengen ausgeschieden werden. Die Folge sind erhöhte Harnsäurespiegel.

Die Basis kann ein ungünstiges Ernährungsverhalten sein mit vermehrter Aufnahme purinreicher Nahrungsmittel (Fleisch, Fisch, Innereien), strengem Fasten sowie ein exzessiver Alkoholkonsum. Dabei kann Alkohol die Ausscheidung von Harnsäure über die Niere hemmen und auch zu einer Übersäuerung des Bluts führen, wodurch die Löslichkeit von Harnsäure herabgesetzt wird, so dass Harnsäurekristalle leichter entstehen können. 

Akute Gicht

Von einer Hyperurikämie ist ab Harnsäurewerten von 6,5 mg/dl im Blut auszugehen, wobei das Risiko für einen akuten Gichtanfall mit steigenden Harnsäurekonzentrationen im Blut zunimmt. So erleiden: 0,5 Prozent der Patienten den ersten Gichanfall bei 7 bis 9 mg/dl Harnsäure im Blut, 5 Prozent bei mehr als 9 mg/dl und mehr 90 Prozent bei mehr als 10 mg/dl.


  • Die Diagnose „akuter Gichtanfall“ ist entsprechend den aktuellen Leitlinien zu stellen, wenn

  • sich innerhalb eines Tages ohne Prodromi eine schmerzhafte Monoarthritis entwickelt,

  • ein peripheres kleines oder das Kniegelenk befallen ist

  • und weder Traumata noch intraartikuläre Injektionen oder ein insgesamt schlechter Allgemeinzustand vorliegen.

Der erste Gichtanfall tritt typischerweise nachts auf. Die Patienten erwachen mit sehr starken Schmerzen, wobei meist nur ein Gelenk, am häufigsten dabei das Großzehengrundgelenk, betroffen ist. Das Gelenk zeigt ausgeprägte Entzündungszeichen mit Rötung, Überwärmung und Schwellung. Es besteht oft eine extreme Berührungsempfindlichkeit, so die Informationen von Internisten-im-Netz. Es können ferner Fieber, Kopfschmerzen, Herzrasen und Übelkeit auftreten. Die Symptomatik klingt meist nach einigen Tagen ab, es kommt jedoch in aller Regel nach einem beschwerdefreien Intervall zu einer rezidivierenden Attacke.
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Chronische Gicht

Besteht eine Gichterkrankung über viele Jahre (chronische Gicht), lagern sich Harnsäurekristalle in so genannten Gichtknoten (Tophi) ab, beispielsweise unter der Haut oder in Gelenknähe an Händen und Füßen, den Sehnenscheiden, Schleimbeuteln und am Ohrknorpel. Durch die abgelagerten Uratkristalle und die sich ergebenden Entzündungsreaktionen kann langfristig eine Gichtarthritis (Arthritis urica) entstehen mit Gelenkschäden bis hin zu Gelenkdeformationen und einer Knochendestruktion. Auch eine Ablagerung der Harnsäure in den Nieren als Nierengrieß oder Nierensteine ist möglich.

Arthritis urica

Die Gichtarthritis stellt nach Angaben der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie die häufigste Form der Arthritis hierzulande dar. Die Behandlung zielt darauf ab, die durch die abgelagerten Uratkristalle bedingten Beschwerden zu lindern und darüber hinaus die Hyperurikämie als metabolische Ursache zu reduzieren. Laut Fachgesellschaft bestehen jedoch bei der Versorgung noch erhebliche Defizite, die Gichtarthritis wird weder systematisch noch konsequent und somit insgesamt inadäquat behandelt, heißt es in den Leitlinien.

Die Gicht gilt als Wohlstandskrankheit, es besteht eine hohe Assoziation zu weiteren Erkrankungen wie Übergewicht, Fettstoffwechselstörungen, einem Diabetes mellitus und auch einer Hypertonie. So weisen mehr als 70 Prozent der Patienten mit Hyperurikämie eine arterielle Hypertonie und/oder eine Niereninsuffizienz auf, mehr als jeder Zweite ist adipös und mehr als jeder Vierte hat einen Typ 2-Diabetes. Die Hyperurikämie gilt daher auch als Risikofaktor für die Entwicklung eines Diabetes mellitus, mit einem Harnsäureanstieg von 1 mg/dl nimmt das Diabetesrisiko um 15 bis 20 Prozent zu.

Die Hyperurikämie wird daher zunehmend als Systemerkrankung verstanden und mit kardiovaskulären Erkrankungen, Nieren-insuffizienz und erektiler Dysfunktion assoziiert. Je höher der Serumharnsäurewert ist, umso höher ist auch das Risiko einer Schädigung der Niere mit der Folge einer Niereninsuffizienz. Daher wird auch von einer sogenannten Gichtniere gesprochen.

Die Erektionsstörungen sind dabei offenbar weniger eine direkte Folge der Hyperurikämie, sondern bedingt durch die damit einhergehende erhöhte Xanthinoxidase-Aktivität, die ihrerseits zu einer Schädigung der Gefäße führen kann. Der erhöhten Aktivität der Xanthinoxidase wird zudem ein atherogenes Potenzial und damit eine ursächliche Bedeutung bei der Entwicklung einer Atherosklerose zugesprochen.

Behandlung

Eine Behandlungsindikation besteht bei Harnsäurewerten ab 6,5 mg/dl, wenn bereits akute Gichtattacken manifest geworden sind oder eine chronische Gichtarthritis vorliegt. Ziel der Therapie ist ein Harnsäurespiegel deutlich unter der Löslichkeitsgrenze der Harnsäure, konkret unter 6 mg/dl und in schweren Fällen sogar unter 5 mg/dl.

Zunächst sind allgemeine Maßnahmen wichtig wie etwa eine Ernährungsumstellung mit weitgehendem Verzicht auf purinreiche Nahrungsmittel. Hierzu gehören neben Fleisch, Fisch und Innereien auch beispielsweise Bohnen und Linsen. Zu bevorzugen sind purinarme Lebensmittel wie Milch und Milchprodukte, Eier, Obst sowie die meisten Gemüsearten. Zudem ist reichliches Trinken vorteilhaft, wobei neben Alkohol auch fruchtzuckerhaltige Softdrinks zu vermeiden sind, da Süßgetränke aufgrund des Fruchtzuckergehaltes eine Hyperurikämie begünstigen.

Erweist sich diese Strategie nicht als ausreichend, ist eine medikamentöse Therapie angezeigt. Behandelt wird üblicherweise mit Urikostatika wie Allopurinol oder Febuxostat, die das Enzym Xanthinoxidase inhibieren und damit den Abbau von Purinen zu Harnsäure hemmen. Es bildet sich dadurch eine leichter auszuscheidende Harnsäure-Vorstufe. Allerdings wird die Behandlung oftmals nicht begonnen, die verordneten Medikamente werden häufig zu niedrig dosiert und es gibt insbesondere Probleme bei der Compliance der Patienten.

Bei der Therapie im akuten Gichtanfall geht es primär um die Linderung der Schmerzen und das Zurückdrängen der Entzündungsreaktion. Entsprechend wird mit schmerzlindernden entzündungshemmenden Wirkstoffen wie den nicht steroidalen Antirheumatika und gegebenenfalls auch mit Colchicin oder Kortikoiden behandelt. Zusätzlich sind kühlende Umschläge und die Ruhigstellung des betroffenen Gelenks hilfreich. Eine harnsäuresenkende Behandlung sollte laut Leitlinie nicht beim akuten Gichtanfall, sondern erst nach etwa zwei Wochen begonnen werden. Eine bereits vor dem akuten Gichtanfall begonnene Behandlung kann jedoch unverändert fortgeführt werden, weil ansonsten Schwankungen des Harnsäurespiegels im Serum ihrerseits Gichtanfälle begünstigen können.

Aus Sicht der Zahnmedizin

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Charakteristische Selbstverletzungen

Therapie

Fazit für die Praxis

Univ.-Prof. Dr. Dr. Monika DaubländerLeitende Oberärztin der Poliklinik für Zahnärztliche ChirurgieUniversitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität MainzPoliklinik für Zahnärztliche ChirurgieAugustusplatz 255131 Mainzdaublaen@uni-mainz.de

PD Dr. Dr. Peer W. Kämmerer, M.A.Stellvertetender Klinikdirektor derPoliklinik für Mund-, Kiefer-und Plastische Gesichtschirurgie derUniversität RostockSchillingallee 3518057 Rostock

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