Es läuft nicht nach Plan
Seit dem 1. Oktober 2016 haben Patienten, die mindestens drei auf Kassenrezept verordnete, systemisch wirkende Medikamente einnehmen, Anspruch auf eine schriftliche Übersicht – den Medikationsplan. Unerwünschte Arzneimittelwirkungen und Medikationsfehler (Schätzungen gehen von jährlich bis zu 16.000 dadurch bedingten Todesfällen in Deutschland aus) sollen so reduziert werden.
Bisher allerdings gibt es den Medikationsplan nur in Papierform, das heißt, der Arzt ruft den Medikationsplan mit seiner Praxissoftware auf, aktualisiert ihn gegebenenfalls und druckt ihn dann für den Patienten aus. Erst 2019 soll die Anwendung auf der Elektronischen Gesundheitskarte (eGK) implementiert werden. Um zu überprüfen, wie der Umgang mit dem Medikationsplan im Praxisalltag verläuft, schickte Stiftung Warentest zehn Testpersonen los. Die Tester besuchten jeweils ihren Hausarzt, einen ihrer Fachärzte und eine Apotheke.
Ergebnis: Meist erhielten die Patienten nur auf Nachfrage den Medikationsplan. Wenige Ärzte boten von sich aus an, den Plan zu erstellen oder zu aktualisieren. Die Apotheker brachten selbst auf Nachfrage keinen Plan auf den aktuellen Stand.
Beim Hausarzt – nicht vollständig erstellt
Die Stichprobe ergab: Fünf Testpersonen besaßen schon einen Medikationsplan, fünf nicht. Keiner der getesteten Hausärzte bot von sich aus an, den Plan zu erstellen. Auf Nachfrage der Testpersonen händigten vier von fünf den Plan aus. Auf den vier ausgestellten – wie auch auf den fünf bereits vorhandenen – Plänen fehlten jedoch laut Stiftung Warentest oft Angaben, zum Beispiel der Grund für die Medikamente.
Beim Facharzt – nicht aktiv angeboten
Die zehn Fachärzte der Testpersonen verschrieben eine weitere Arznei oder veränderten die Dosierung, doch nur jeder zweite sprach den Medikationsplan von selbst an. Bei den anderen fünf hakten die Tester nach. Die Reaktion war laut Stiftung Warentest abweisend. Teils verwiesen die Fachärzte wieder an den Hausarzt oder erstellten nur einen Medikationsplan mit den selbst verschriebenen Arzneien, ergänzten aber nicht den mitgebrachten. Wurden Pläne bearbeitet, geschah dies laut den Testpersonen handschriftlich oder unvollständig.
Beim Apotheker – nicht ein Plan aktualisiert
Alle zehn Tester kauften rezeptfreie Medikamente in je einer Apotheke und baten, den Medikationsplan zu aktualisieren. Darauf reagierten die meisten Apotheker verwundert, schreibt Stiftung Warentest. Kein Apotheker ergänzte den Plan, viele verwiesen an Haus- und Fachärzte. Jedoch prüften fast alle Apotheker die auf dem Plan gelisteten Arzneien auf Wechselwirkungen mit dem zusätzlich gekauften Medikament. Diese Auskunft gab es aber nur mündlich.
Des Weiteren bemängelt Stiftung Warentest, dass kein Medikationsplan aus der Stichprobe den Vorgaben entsprach. Angaben wie der Grund für ein verschriebenes Medikament oder Hinweise zur Einnahme fehlten oft. Ebenso der Scannercode, ohne den sich der Plan digital nur aufwendig aktualisieren lässt. Handschriftliche Ergänzungen – wie sie in der Stichprobe mehrfach vorkamen – machten die Pläne zudem unleserlich und fehlerhaft in der digitalen Version. Laut KBV sind „größere Probleme bei der Umsetzung des Medikationsplans nicht bekannt“, zitiert Stiftung Warentest. Die Bundesärztekammer spricht dagegen von einer „Einschwungphase, in der sich der Plan befindet“.
###more### ###title### Die Fakten zum Medikationsplan ###title### ###more###
Wann die Zahnärzte mit im Boot sind
Was drinsteht
Wie er funktioniert
Bei Verschreibung sind Hausärzte in der Pflicht einen Medikationsplan zu erstellen:Patienten, die mindestens 28 Tage lang mehr als zwei systemisch wirkende Medikamente einnehmen, muss der betreuende Arzt seit Oktober 2016 auf Wunsch einen Medikationsplan ausstellen. Verordnet er ein weiteres Mittel, muss er den Plan von sich aus anbieten.
Fachärzte müssen keinen Medikationsplan erstellen, dürfen aber:Wenn Fachärzte ein Mittel verordnen, müssen sie Patienten von sich aus über den Anspruch auf einen Medikationsplan informieren. Erstellen oder aktualisieren müssen sie ihn nicht, dürfen es aber.
Auf Nachfrage muss der Apotheker einen Medikationsplan aktualisieren:Kauft der Versicherte ein Medikament und wünscht eine Aktualisierung des Plans, muss der Apotheker dies tun – auch beim Kauf rezeptfreier Mittel.
Der Zahnarzt bleibt unbeteiligt, darf die Daten aber nutzen:Dass auch Zahnärzte am Verfahren zum gedruckten Medikationsplan teilnehmen, ist momentan nicht vorgesehen. Das heißt, sie brauchen keinen Scanner, um den Medikationsplan aufzurufen, sie können die Daten aber selbstverständlich verwenden, um bei der Verordnung von Antibiotika oder Schmerzmitteln auf Kontraindikationen zu achten. Zahnärztliche Medikamente können zudem auch handschriftlich in den Medikationsplan eingefügt werden. Diese können von anderen - Ärzten oder auch Apothekern - dann digital übertragen werden.
Wie es weitergeht