Was Zahnärzte von der neuen Koalition erwarten
Die Bundestagswahl am 24. September hat überraschend die bisher bestehende Parteienlandschaft verändert. Das wird nicht ohne Auswirkungen auch für den zahnärztlichen Bereich sein. Wir dürfen gespannt sein, welche gesundheitspolitischen Themen im neuen Koalitionsvertrag aufgegriffen und auf welche Schnittmengen sich die Parteien einigen werden.
Es war sehr vorausschauend, dass die BZÄK bereits weit im Vorfeld der Wahl mit ihren „Gesundheitspolitischen Perspektiven 2017–2021“ Forderungen aufgestellt hat und mit den wichtigsten Politikern, die auch in der neuen Legislaturperiode die Agenda der Gesundheitspolitik maßgeblich mitbestimmen werden, in kontinuierlichem Gespräch ist. Denn: Die Herausforderungen für das Gesundheitswesen bleiben die gleichen, auch nach der Wahl – und verlangen nach effizienten Lösungen. Aus zahnärztlicher Sicht sind es vor allem vier Schwerpunktthemen, bei denen dringender Handlungsbedarf erforderlich ist:
Die Novellierung der zahnärztlichen Approbationsordnung (ZApprO):
Über die längst überfällige ZApprO, die ursprünglich am 22. September im Bundesrat verabschiedet werden sollte, wird jetzt voraussichtlich am 3. November entschieden. Die erneute Vertagung über die vergangene Legislaturperiode hinaus ist deswegen erfolgt, weil immer noch Unklarheiten in den Ländern über die konkreten finanziellen Folgen der Novelle für die einzelnen Hochschulstandorte und die Länderhaushalte bestehen. Die BZÄK wird weiterhin konstruktiv auf eine Verabschiedung durch die Länder hinwirken und etwaige Unklarheiten mit fachlicher Expertise ausräumen.
Medizinische Versorgungszentren (MVZ):
Mit dem GKV-Versorgungsstärkungsgesetz wurden seinerzeit die Voraussetzungen für arztgruppengleiche MVZ geschaffen. Die Folge war ein bislang ungebremster Anstieg von reinen Zahnarzt-MVZ. Gerade die Möglichkeit der unbegrenzten Anstellung führt zu Wettbewerbsvorteilen der MVZ – mit kontraproduktiven Effekten für die Versorgung. Das betrifft vor allem den ländlichen Raum. Zunehmend stellen Fremdkapitalgeber und Finanzinvestoren eine Bedrohung dar, die die Kettenbildung in Ballungsräumen forcieren. Ganz neu und kritisch sind hier etwa Bestrebungen von Unternehmensberatern aus Großbritannien zu beobachten, die sich für den deutschen Markt interessieren. Gerade diese Entwicklung zeigt, wie wichtig das Thema Europa und Freiberuflichkeit auch für die Zahnärzteschaft ist. Um eine hochwertige zahnärztliche Versorgung im ländlichen Raum auch künftig zu gewährleisten, fordern wir von der Politik ganz dringend, Anstellungsgrenzen in reinen Zahnarzt-MVZ im gleichen Umfang einzuführen, wie sie auch für Einzel- und Mehrbehandlerpraxen gelten.
Die aktuellen Verfahren zu zahnärztlichen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden im G-BA:
Hierzu zählt das Thema systematische PAR-Behandlung, die Früherkennung zur Prävention von ECC und die Verhütung von Zahnerkrankungen bei Pflegebedürftigen und Menschen mit Behinderung. In Bezug auf die Nutzenbewertungen, die im G-BA zu diesen Themen in nächster Zeit anstehen, fordern wir, die Methodik zu überdenken: Neben der Berücksichtigung der wissenschaftlichen Evidenz sollten auch die klinische Erfahrung sowie die individuellen Wünsche des Patienten in die Entscheidungen mit einbezogen werden. Ebenso muss die Versorgungsforschung mit ihrem spezifischen Blick auf die Praxis mit integriert werden. Wir haben unsere Forderung in einem entsprechenden BZÄK-Memorandum untermauert.
Nein zur Bürgerversicherung:
Die BZÄK spricht sich klar dafür aus, das duale Krankenversicherungssystem von GKV und PKV beizubehalten und patientenorientiert zu reformieren und weiterzuentwickeln. Eine Bürgerversicherung lehnen wir entschieden ab.
Wir wollen die Zahnmedizin für Patienten und Kollegen zukunftsfest machen. Garant dafür ist die Freiberuflichkeit und eine an ethischen Standards ausgerichtete Berufsausübung. Freiberuflichkeit muss – auch gegen Bestrebungen zur Regulierung und Ökonomisierung des Gesundheitswesens aus Europa – verteidigt werden. Sie dient uns als Messlatte, an der wir die Politik der künftigen Koalition festmachen werden.