Regelverstöße bei Werbemaßnahmen

Wettbewerbsrecht – Was ist erlaubt, was nicht?

Im Jahresbericht der Wettbewerbszentrale 2017 finden sich auch Beispiele aus dem zahnärztlichen Bereich. Über die Gratwanderung zwischen legalen und illegalen Werbemaßnahmen sprachen die zm mit Christiane Köber, der Geschäftsführerin der Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs.

Wie viele Fälle, in denen Zahnärzte gegen das Wettbewerbsrecht verstießen,  sind bei Ihnen im vergangenen Jahr auffällig geworden

2017 gab es aus dem Gesundheitsbereich insgesamt 551 Fälle. Sie betreffen Ärzte, Tierärzte, Heilpraktiker, die Pharmaindustrie, den Dentalhandel, Krankenkassen etc. Nicht eingerechnet sind die Beschwerden aus dem Bereich des Gesundheitshandwerks. 24 Beschwerden betrafen Zahnärzte.

Gibt es einen „Trend“ bei den Zahnärzten, also: Nehmen die Zahlen zu oder ab? Wie sind die Zahlen der Vorjahre? 

Die Fallzahl ist eher abnehmend – in den Vorjahren waren es 33 respektive 34 Fälle. Sicher ist das auch darauf zurückzuführen, dass Zahnärzte sich mehr als früher beraten lassen, ehe sie eine Werbeaktion starten.

Wie ist die Spannbreite der Vergehen? Welche Arten von Vergehen gibt es? 

Wie in fast jeder Branche liegt ein Schwerpunkt der Fälle im Bereich der Irreführung. Getäuscht werden kann der Patient über die Größe der Praxis, über die Qualifikation des Zahnarztes oder auch über die Behandlung. So führt die Wettbewerbszentrale derzeit einen Prozess, in dem es um die Frage geht, ob sich eine Zahnarztpraxis, die über keinerlei Möglichkeit der stationären Aufnahme verfügt, als „Praxisklinik“ bezeichnen darf. Das Landgericht hat das bejaht, das Oberlandesgericht hat die Praxis zur Unterlassung verurteilt – bleibt abzuwarten, wie sich der Bundesgerichtshof äußert.

Eine weitere Fallgruppe sind Geschenke, die Zahnärzte ankündigen – das dürfen sie nach den Regelungen des Heilmittelwerbegesetzes nicht. Der spektakulärste Fall war sicherlich das Angebot von Zahnärzten, sich in der Zweitpraxis im Oman die Zähne sanieren zu lassen und dafür dem Patienten den Flug und eine Übernachtung in einem 5-Sterne-Hotel in Maskat zu spendieren.

Und dann gibt es noch die Fälle, in denen Zahnärzte gegen die Vorgaben der GOZ verstoßen, etwa indem sie mit Sonderpreisen werben.

Gibt es „typische“ Fälle, die gehäuft auftreten?

War Preiswerbung bisher dem Handel vorbehalten, so stellt die Wettbewerbszentrale seit einigen Jahren fest, dass Preisaktionen auch im Zahnarztbereich kein Tabu mehr sind. Dort aber sind die gesetzlichen Vorgaben andere als im Bereich des Handels, der in seiner Preisgestaltung weitgehend frei ist. Die GOZ sieht dagegen die Abrechnung innerhalb eines Gebührenrahmens und zwar nach sachlich-medizinischen Kriterien vor – und damit zwangsläufig nach Ende der Behandlung. 

Rabatte für Studenten, der Mengenrabatt in Form eines Partnergutscheins, Eröffnungsangebote und Ähnliches verbieten sich damit. Wer dagegen verstößt, handelt zugleich wettbewerbswidrig.

Wie werden die Fälle geahndet? 

Die Wettbewerbszentrale schreibt den Zahnarzt oder die Zahnärztin an, schildert den Sachverhalt beziehungsweise den darin liegenden Wettbewerbsverstoß und fordert zur Abgabe einer Unterlassungserklärung auf. Wichtig ist eine Vertragsstrafe, mit der die Unterlassungserklärung abgesichert wird. Das verlangen auch die Gerichte. Mit einer solchen Unterlassungserklärung kann der Fall kostengünstig abgeschlossen werden.

In manchen Fällen führt die Wettbewerbszentrale Prozesse, auch um Grundsatzfragen zu klären, wie zum Beispiel eben die, wann sich eine Praxis als „Klinik“ bezeichnen darf.

Wie können sich Zahnärzte davor schützen, dass sie bei Ihnen zu einem Fall werden? 

Zahnärzte sollten sich, wenn sie ungewöhnliche Aktionen planen, rechtlich beraten lassen. Zudem bieten viele Zahnärztekammern Veranstaltungen an, in denen es um das Thema „Richtig werben – Stolperfallen vermeiden“ geht. So hat die Wettbewerbszentrale zum Beispiel einige Veranstaltungen gemeinsam mit der Zahnärztekammer Niedersachsen durchgeführt. 

Irreführung und mangelnde Transparenz

Jahresbericht der Wettbewerbszentrale

Nach Angaben der Wettbewerbszentrale sind im Jahr 2017 knapp 470 Anfragen und Beschwerden wegen unlauteren Wettbewerbs im Bereich Gesundheit bei ihr eingegangen. Das betrifft vor allem Fälle bei Apothekern, Ärzten und anderen Heilberuflern, Krankenkassen sowie bei der Pharmaindustrie. Drei Beispiele: 

  • Ein Versicherer bietet über eine App den „digitalen Arztbesuch“ für seine Versicherten an. Beworben werden dabei nicht nur Diagnose und Therapieempfehlung, sondern auch die Krankschreibung per App. Die ärztlichen Leistungen selbst werden von Ärzten in der Schweiz erbracht. Die Zentrale hat diese Werbung wegen des geltenden Werbeverbots für Fernbehandlungen moniert.

  • Transparenz von Vergleichsportalen: Wenn die auf einem Portal aufgeführten Arztpraxen nur deshalb dort erscheinen, weil die betreffenden Ärzte dem Plattformbetreiber ein pauschales Entgelt für das Einstellen ihres Profils auf der Plattform oder eine erfolgsabhängige Vermittlungsprovision zahlen, ist aus Sicht der Wettbewerbszentrale ein entsprechender Hinweis erforderlich. 

  • Bei nicht indizierten Schönheitsoperationen hat die Wettbewerbszentrale 2017/2018 in 14 Fällen sogenannte Vorher-nachher-Fotos erfolgreich beanstandet. Diese sind bei Schönheitsoperationen per se unzulässig. Unterbunden hat die Wettbewerbszentrale auch die Werbung für eine „Botox-Night“ als „chilligen After-Work-Abend mit Prosecco und finger-food“.

Quelle: Wettbewerbszentrale

Die Wettbewerbszentrale ist eine Selbstorganisation der deutschen Wirtschaft. Getragen wird sie nach Eigenangaben von mehr als 1.200 Unternehmen und über 800 Kammern und Verbänden der Wirtschaft.

Bei der Frage, ob eine Werbung irreführend ist oder nicht, hilft es bei Zweifeln oft schon, Familie oder Freunde zu fragen. Auch hier gilt: Wissen ist die beste Vorsichtsmaßnahme. Dabei geht es nicht darum, aus dem Zahnarzt einen Wettbewerbsjuristen zu machen, sondern ihn zu sensibilisieren für die „Stolperfallen“.

Der Zahnarzt befindet sich also in der Klemme zwischen Lockerung des Wettbewerbsrechts und Tretminen?

Das (zahn-)ärztliche Werberecht ist seit vielen Jahren von den Gerichten erheblich liberalisiert worden. Das verschafft Zahnärzten auf der einen Seite größere Freiräume. Sie können ihre Praxis und ihre Qualifikationen darstellen und so den Patienten informieren. 

Auf der anderen Seite sind die Freiräume nicht grenzenlos. Diese Grenzen muss der Zahnarzt kennen, um mit Blick auf die größtmögliche Transparenz verantwortungsvoll mit diesen Werbemöglichkeiten umzugehen.

sg

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