Zahnpasta mit Hydroxylapatit

Zahnpastahersteller schürt gezielt die Angst vor Fluorid

nb/mg
Die Dr. Kurt Wolff GmbH &Co. KG hat eine neue Zahnpasta auf den Markt gebracht, die einen umfassenden Karies-Schutz verspricht - ohne Fluorid. Mit Verweis auf diffuse Vergiftungstheorien bedient die Bielefelder Firma beim Marketing nun gezielt die Ängste der Verbraucher.

Wer auf die Homepage der Firma Dr. Kurt Wolff GmbH &Co. KG geht, wird mit der Frage konfrontiert „Nutzen oder schaden Fluoride der Gesundheit?“

„Angst vor Fluorid“: ein Verkaufsargument?

Die Antwort des Herstellers: „Fluoride werden in der Zahnpflege seit Jahrzehnten zum Schutz vor Karies eingesetzt. In entsprechend hoher Konzentration wurde für Fluoride in den 1950er Jahren eine prophylaktische Wirkung gegenüber Karies nachgewiesen. Heute ist deren Einsatz aufgrund möglicher Nebenwirkungen in der Europäischen Kosmetikverordnung reglementiert, denn in höheren Dosierungen wirkt Fluorid toxisch. Insbesondere wenn sich unterschiedliche Fluoridquellen addieren.“

Um Verbraucher vor solchen Nebenwirkungen zu schützen, gebe es deshalb von der EU strenge Grenzwerte für den Fluoridgehalt in Zahnpasten. Es folgt eine Auswahl entsprechender Beiträge, darunter: „Fluorid in Zahnpasta: So riskant ist der Stoff wirklich“ (Focus Online, 1.9.2016) oder „Macht Fluorid in Zahnpasta krank?“ (Spiegel Online, 10.2.2014). Auch ein TV-Beitrag der Pro7-Sendung „Galileo“ vom 19.1.2015 wird angeführt, der sich in der Reihe „Verschwörungstheorien“ damit beschäftigt, warum Fluoride den Weg in die Kariesprophylaxe gefunden haben.


Das Statement der Bundeszahnärztekammer

„Verwendung fluoridhaltiger Zahnpasta ist sicher und schützt wirksam vor Karies“

"Die Verwendung fluoridhaltiger Zahnpasta ist eine der wirksamsten kariespräventiven Maßnahmen. Fluoride sind eines der weltweit am gründlichsten untersuchten Medikamente: In über 300.000 wissenschaftlichen Untersuchungen wurde bisher kein Hinweis auf eine etwaige Gefährdung der Gesundheit bei korrekter Einnahme gefunden. Der starke Kariesrückgang in Deutschland wird unter anderem auch der Fluoridanwendung zugeschrieben.

Fluoride bieten einen hervorragenden Schutz vor Karies, indem sie sich in die Zahnstruktur einlagern und dadurch den Zahn „härten“, d.h. äußerst widerstandsfähig gegen die von Kariesbakterien unter Nutzung von Zucker freigesetzten Säuren machen, zum anderen die ständig ablaufenden Vorgänge der De- und Remineralisierung auf der Zahnoberfläche beeinflussen. Fluoride hemmen so das Herauslösen von Mineralien aus der Zahnoberfläche nach einem Säureangriff aus der Nahrung oder der Plaque und fördern bei ständiger Verfügbarkeit in geringen Dosen (meist aus dem Speichel heraus) die Remineralisation des Zahnes.

Fluoridzufuhr: Die Aufnahme kann auf verschiedene Arten erfolgen: Durch Tabletten (nur im Kleinkindalter), durch mit Fluorid angereichertes Speisesalz, durch Milch (nicht in Dt.), Mineralwässer (Mineralwässer mit einem Fluoridgehalt von über 5 mg/l werden als Heilwässer bezeichnet) oder Trinkwasser (nicht in Dt.). Oder lokal durch Zahnpasten, welche z.B. mit Aminfluorid (maximal 0,15%; bei Kinderzahncremes 0,025-0,050%) angereichert sind, Fluoridgelees oder Spülungen, durch Applikation von Fluoridlacken in der Zahnarztpraxis.

Nach Untersuchungen der letzten 15 Jahre ist die kontinuierliche lokale Zufuhr (Zahnpasten, Mundspülungen) von Fluoriden als wichtigste Wirkung anerkannt (s. Leitlinie www.zzq-berlin.de). Grundsätzlich gilt deshalb, dass die Verwendung fluoridhaltiger Zahnpasta eine der wirksamsten kariespräventiven Maßnahmen ist. Der kariespräventive Effekt im bleibenden Gebiss steigt mit zunehmender Fluoridkonzentration in der Zahnpasta und häufigerer Verwendung.

Zur angeblichen Giftigkeit der Fluoride: Fluoride sind eines der weltweit am gründlichsten untersuchten Medikamente. Die „Giftigkeit“ der Fluoride ist nach wissenschaftlichen Untersuchungen fast 10mal geringer als die von Kochsalz. Chemisch bestehen Fluoride aus den Elementen Natrium oder Kalzium und Fluor. Als reines Element sind Chlor und Fluor hochgiftig. Fluoride sind nahe verwandt mit Kochsalz, welches aus den giftigen Elementen Chlor und Natrium besteht. Wie man beim Kochsalz sieht, ist die Verbindung zweier giftiger Grundsubstanzen ein äußerst lebensnotwendiges Salz. Ebenso verhält es sich bei den Fluoriden, die ein wichtiges Spurenelement für den menschlichen Körper sind.

Untersuchungen zeigen, dass eine ständige Fluoridaufnahme bei Kindern bis zum Alter von 6-8 Jahren, die mehr als Doppelte der empfohlenen Zufuhr beträgt, zu geringfügigen weißlichen Schmelzflecken führen (Zahnfluorose), die nicht mit gesundheitlichen Nachteilen verbunden sind, führen kann. Bei stärkerer Überdosierung kann es zu deutlich braunen Zahnverfärbungen kommen. Eine Fluoridzufuhr, die zu einer Knochenfluorose führt (10-25 mg Fluoride pro Tag über mindestens 10 Jahre) kann durch die Verwendung der herkömmlichen Zufuhrarten (z.B. Trinkwasser, Speisesalz, Tabletten) nicht auftreten."

Hier finden Sie die wissenschaftlich abgesicherten Patienteninformation „Fluoridierungsmaßnahmen zur Kariesprophylaxe"


Ebenso findet sich jene jüngst publlizierte Studie hier wieder, in der kanadische Forscher einen Zusammenhang zwischen der Fluoridaufnahme von schwangeren Frauen und der Intelligenz ihrer Kinder gefunden haben wollen. „Fluorid macht dumm!“ titelten damals die Medien. Zu Unrecht, denn die Übertragung der Studienergebnisse auf unsere Verhältnisse hält einer kritischen Beleuchtung natürlich nicht stand.

Dennoch: Das Marketing für Karex setzt auf die Angst der Verbraucher vor Fluorid. „Aufgrund der zunehmenden Zweifel an der alltäglichen Verwendung von fluoridierten Zahnpasten ist die heutige Zahnmedizin seit Jahren auf der Suche nach bedenkenfreien Alternativen“, heißt es auf der Homepage. „Besonders vielversprechend in diesem Zusammenhang ist die Verwendung von Hydroxylapatit, da diese Substanz dem natürlichen Zahnschmelz nachempfunden wurde.“

Schließlich wird dem Verbraucher weisgemacht, dass in Japan „der Schutz vor Karies durch eine Hydroxylapatit-haltige Zahnpasta an Kindern gezeigt“ werden konnte und bereits 1987 erste klinische Studien mit Hydroxylapatit publiziert wurden. Deutschen Wissenschaftlern sei es nun weltweit erstmals in einer klinischen, multizentrischen Studie gelungen, „nachzuweisen“, „dass es jetzt auch eine verbrauchertaugliche fluoridfreie Zahnpasta (mit dem biomimetischen Wirkstoff Hydroxylapatit) gibt, die klinisch genauso gut vor Karies schützt wie eine Fluoridzahnpasta“.


Hintergrund

Darum verzichtet Dr. Wolff auf Fluorid

Dass Dr. Wolff bei seiner BioRepair-Zahnpasta ebenso wie bei Karex auf Fluorid verzichtet, hat einen einfachen Grund: Der Wirkstoff der Pasten, die Kalziumverbindung Hydroxylapatit, reagiert mit Fluorid zu Kalziumfluorid, als Folge wird das Fluorid inaktiv. Diese Reaktion findet bereits in der Zahnpastatube statt, so dass das zugesetzte Fluorid seine Wirkung als Kariesschutz verliert.

„Die Frage, ob Fluorid mit dem Hydroxylapatit reagiert, stellt sich uns nicht, da wir bewusst Hydroxylapatit und kein Fluorid verwenden“, lautete seinerzeit die Rückmeldung an die Redaktion von Spiegel Online, die 2015 nach der Einführung von BioRepair kritisch über die Wirksamkeit der Zahnpasta berichtet hatte.


Wie die Bundeszahnärztekammer mitteilt, verzeichnet sie momentan verstärkt Anfragen von verunsicherten Verbrauchern. Aktuell stellt sie deshalb auf ihrer Homepage wissenschaftliche Informationen zur Verfügung, die belegen, dass Fluoride in Zahncremes unbedenklich und kariespräventiv wirksam sind.


Die Bundeszahnärztekammer zu Fluorid

Bis zu welchem Grad lässt sich durch Fluorid Karies vorbeugen?

Die Verwendung fluoridhaltiger Zahnpasta ist eine der wirksamsten kariespräventiven Maßnahmen. Der starke Kariesrückgang in Deutschland wird wesentlich auch der Fluoridanwendung zugeschrieben.

Fluoride bieten einen hervorragenden Schutz vor Karies, indem sie sich in die Zahnstruktur einlagern und dadurch den Zahn „härten“, d.h. äußerst widerstandsfähig gegen die besonders durch Kariesbakterien, vornehmlich unter Nutzung von Kohlehydraten, freigesetzten Säuren machen, zum anderen die ständig ablaufenden Vorgänge der De- und Remineralisierung auf der Zahnoberfläche beeinflussen. Fluoride hemmen so die Entkalkung der Zahnoberfläche nach einem Säureangriff aus der Nahrung oder der bakteriellen Plaque und fördern bei ständiger Verfügbarkeit in geringen Dosen die Remineralisation des Zahnes. Die Erfolge der Kariesreduktion in Deutschland sind gut dokumentiert und befinden sich insbesondere bei Kindern und Jugendlich im internationalen Vergleich auf einem weltweitem Spitzenplatz. In den letzten 25 Jahren kam es zu einer Kariesreduktion von 88 Prozent.

Ist das Zähneputzen mit fluoridfreien Zahncremes empfehlenswert?

Nein. Nach wissenschaftlichen Untersuchungen der letzten 15 Jahre ist die kontinuierliche lokale Zufuhr (Zahnpasten, Mundspülungen) von Fluoriden als wichtigste Wirkung zur Kariesvorbeugung anerkannt.

Die Verwendung fluoridhaltiger Zahnpasta ist eine der wirksamsten vorbeugenden Maßnahmen gegen Karies. Der kariespräventive Effekt im bleibenden Gebiss steigt mit häufigerer Verwendung.

Kann man zu viel Fluorid aufnehmen - und wie würde sich dies äußern?

Untersuchungen zeigen, dass eine ständige Fluoridaufnahme bei Kindern bis zum Alter von 6 bis 8 Jahren, die mehr als das Doppelte der empfohlenen Zufuhr beträgt, zu geringfügigen weißlichen Schmelzflecken führen kann, die nicht mit gesundheitlichen Nachteilen verbunden sind. Bei stärkerer Überdosierung kann es zu deutlich braunen Zahnverfärbungen kommen.

Eine Fluoridzufuhr, die zu einer Knochenfluorose führen könnte (10-25 mg Fluoride pro Tag über mindestens 10 Jahre) kann durch die herkömmlichen Zufuhrarten (in Deutschland vornehmlich Zahnpasta, Speisesalz oder bei Kleinkindern Fluoridtabletten) nicht auftreten.

Ist es gefährlich, wenn Kinder fluoridhaltige Zahnpasta verschlucken?

Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) weist darauf hin: Kinderzahnpasta (mit 0,05 % Fluoridgehalt) führt nach dem Essen von ca. 70 g (eine Tube, was höchst unwahrscheinlich ist)  allenfalls zu Bauchschmerzen. Eine Vergiftung ist nicht zu befürchten.


nb/mg

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