Zahngesundheit in Australien

Was von dem berühmten Aussie-Lächeln übrig bleibt

Ein Aussie-Lächeln enthüllt sofort den sozioökonomischen Status, ist der erste Indikator für Karriereaussichten und ein Prädiktor für die körperliche Gesundheit. In Australien erreicht die Debatte um den Wert der Mundgesundheit einen Höhepunkt.

Nirgends kommen in Australien die zunehmenden Ungleichheiten zwischen armen und reichen, ländlichen und städtischen, indigenen und nicht-indigenen Bevölkerungsgruppen stärker zum Ausdruck als bei der Mundgesundheit. Das zeigen erstmalig Zahlen der Australian Health Policy Collaboration von März 2018.

Nirgends kommt Ungleichheit stärker zum Ausdruck als bei der Mundgesundheit

Gerade für indigene Australier ist die Lage laut aktuellen Berichten katastrophal, besonders in abgelegenen Gegenden, in denen zuckerhaltige verarbeitete Lebensmittel allgegenwärtig sind, aber zahnärztliche Versorgung knapp ist.

Den Statistiken zufolge gab es im ganzen Land von 2015 bis 2016 insgesamt 67.060 vermeidbare Krankenhausaufenthalte wegen oraler Gesundheitsprobleme - das sind 10 Prozent aller vermeidbaren Krankenhausaufenthalte - zu geschätzten Kosten von etwa 230 Millionen US-Dollar. Immer mehr Kinder müssen außerdem wegen Karies unter Anästhesie im Krankenhaus zahnärztlich behandelt werden.

Die Whitlam-Regierung schloss in den 1970ern die Zahnpflege in der Medibank (dem Vorläufer von Medicare) nicht mit ein, unter anderem weil die Staaten und Territorien bereits eigene öffentliche zahnmedizinische Systeme besaßen. Jetzt finanzieren das Commonwealth und die Staaten gemeinsam zahnmedizinische Leistungen für Menschen mit geringem Einkommen durch nationale Partnerschaftsabkommen.

916 Tage Wartezeit auf einen Zahnarzttermin

Aber während 36 Prozent der Bevölkerung Anspruch auf zahnärztliche Leistunge haben, reichen die Kapazitäten für nur etwa ein Fünftel dieser Gruppe. Von 2015 bis 2016 betrug die geringste durchschnittliche Wartezeit 87 Tage (Westaustralien), die höchste 916 Tage (Tasmanien).

Australien: Mundgesundheit in Zahlen

  • Im Zeitraum 2015 bis 2016 betrugen die jährlichen Ausgaben für Zahnmedizin 9,9 Milliarden US-Dollar.

  • Im Durchschnitt bezahlten die Patienten 58 Prozent der Behandllungskosten selbst.

  • Aber 20Prozent der Bevölkerung kann sich die erforderliche zahnmedizinische Behandlung nicht leisten.

  • 44 Prozent der nicht versicherten und 20 Prozent der versicherten Australier gehen zu spät oder gar nicht zum Zahnarzt.

  • Nur die Hälfte aller Australier putzt sich zweimal am Tag die Zähne.

  • Jedes vierte Kind im Alter von 5 bis 10 Jahren leidet unter unbehandelter Milchzahnkaries.

  • Einer von 25 Australiern ab 15 Jahren besitzt keine eigenen Zähne mehr.

  • Ungefähr 5,7 Millionen Australier leben mit mindestens einem Zahn- oder Mundgesundheitsproblem.

  • Etwa jeder fünfte Australier erreicht nicht das empfohlene Level an Mundgesundheit.

Die private Zusatzkrankenversicherung, die 55,7 Prozent der Bevölkerung besitzen, ist teuer und leistet nicht das, was sie leisten soll: einen Schutz vor unerwarteten Kosten. Im Allgemeinen zahlt sie zahnärztliche Leistungen nur bis zu einer definierten Obergrenze, was bedeutet, dass für die Mehrheit der dort versicherten Erwachsenen bei Zahnarztbesuchen trotzdem Kosten anfallen. Die Situation verschärft sich, weil die Regulierung der Zahnmedizin sich nicht auf die Preisgestaltung oder die Definition geeigneter Behandlungsmethoden erstreckt.

80 Prozent der Zahnärzte arbeiten in städtischen Gebieten in Privatpraxen

Obwohl Australien ein Überangebot an Zahnärzten hat, arbeiten 80 Prozent in städtischen Gebieten und in privater Praxis. Als Folge davon berichten Menschen, die in ländlichen Gebieten wohnen, über vollständigen Zahnverlust, den geringsten Zahnversicherungsschutz und die höchste Unzufriedenheit mit ihrer Mundgesundheit.

Es gibt Forderungen, diese Ungleichheiten und Ungerechtigkeiten durch die Einführung eines Medicare-ähnlichen Systems anzugehen. Das könnte aber bis zu zwei Milliarden Dollar pro Jahr kosten.

Jüngsten Umfragen zufolge wollen 48 Prozent der Australier die Steuersubventionierung für die private Krankenversicherung abschaffen und die daraus resultierenden Einsparungen für die zahnmedizinische Versorgung verwenden. Freigesetzt würden damit bis zu 12 Milliarden US-Dollar, was zusammen mit den laufenden Kosten für Zahnarztpraxen und den indirekten Kosten für die Wirtschaft (geschätzte 1,2 Milliarden US-Dollar) ein Programm für die zahnärztliche Grundversorgung - ähnlich dem von der National Health and Hospitals Reform Commission vorgeschlagenen Denticare-Programm - finanzieren könnte. 

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