In diesem Waschsalon geht es auch um Zähne
„Luthers Waschsalon“ wird von der Diakonie Mark-Ruhr betrieben und richtet sich an Obdachlose und Menschen mit geringem Einkommen ohne Krankenversicherung. Warum die gemeinnützige Einrichtung so heißt? Weil sie 1997 als Kooperationsprojekt der Bahnhofsmission der Diakonie und der Lutherkirchen-Gemeinde in Hagen gegründet wurde. Inzwischen ist die Diakonie alleinige Trägerin. Das Besondere an Luthers Waschsalon ist – neben kostenlosen Angeboten wie Frühstück und Wäschepflege – die zahnmedizinische Ambulanz. Sie wird seit 2007 von Zahnarzt Dr. Hans Ritzenhoff betreut. Kooperationspartner ist die eine halbe Autostunde entfernte Universität Witten/Herdecke (U/WH).
Für die Zahnmedizinstudierenden der U/WH ist die Teilnahme am Projekt in Form eines Praktikums obligatorisch: Sie sollen lernen, dass zum Beruf eines Arztes nicht nur fachliche Fertigkeiten, sondern auch menschliche Zuwendung und karitatives Engagement gehören. Eine Pflichtveranstaltung, ja.
Das Engagement bleibt
Aber, sagt Prof. Stefan Zimmer, Leiter der Abteilung für Zahnerhaltung und Präventive Zahnmedizin und Leiter des Departments für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde: „Viele Studenten leisten weit mehr als die vorgeschriebenen Stunden. Zahlreiche dort erbrachte Leistungen werden außerdem angerechnet. Und das Wichtigste: Meist bleibt das Engagement!“ Bei der Preisverleihung lobte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn gerade dieses Praktikum: „Wer eine 0,9 im Abi hat, aber nicht gerne mit Menschen in einem Raum ist, der sollte nicht Arzt werden.“
Springer Medizin CharityAward 2018
Springer Medizin zeichnet jährlich Stiftungen, Organisationen und Institutionen aus, die sich in herausragender Weise der Gesundheitsversorgung in Deutschland verpflichtet fühlen. Eine neunköpfige Jury stimmte über die Gewinner ab. Dotiert ist der CharityAward mit insgesamt 60.000 Euro und zusätzlichen Medienleistungen, aufgeteilt auf folgende drei Gewinner:
Erster Preis: Zahnärztliche Ambulanz in „Luthers Waschsalon“, Hagen (NRW)
Zweiter Preis: Mamazone, Augsburg (Bayern):
Der zweite Preis ging an Mamazone, Frauen und Forschung gegen Brustkrebs e. V. Mit ihren fast 2.000 Mitgliedern ist diese Einrichtung die größte aktive Brustkrebspatientinnen-Initiative Deutschlands. Ziel ist, gemeinsam mit Ärzen und Wissenschaftlern die Überlebensperspektiven der betroffenen Frauen zu verbessern.
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ritter Preis: Nestwärme e.V. Deutschland, Trier (Rheinland-Pfalz):
Den dritten Preis erhielt Nestwärme e. V. Deutschland. Das Angebot des Vereins richtet sich an Familien mit physisch und psychisch stark beeinträchtigten Kindern. Teil der Initiative sind ein „ZeitSchenker“-Netzwerk und ein Kinderkompetenzzentrum mit einem Angebot für Kinderkrankenpflege und Kinderhospizdienst. Der Verein bietet Beratung, Begleitung oder Schulung, kurzum alles, was diese Familien entlastet.
Die Praxis ist an zwei Vormittagen in der Woche geöffnet. Bei Krankheit und Urlaub stehen mehrere Zahnärzte zur Vertretung bereit, so dass die Sprechstunde das ganze Jahr hindurch angeboten werden kann.
Kurzinterview mit einer Zahnmedizinstudentin
„Wenn der danach wieder breit lächeln kann, macht mich das froh!“
Christine Hanswille studiert seit 2014 Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde an der Universität Witten/Herdecke (U/WH). Teil des Curriculums sind Pflichtpraktika in „Luthers Waschsalon“, zweimal pro Semester sowohl im siebten als auch im achten Studienhalbjahr. Eingesetzt werden jeweils zwei Studenten. Termine sind immer montags ab 9 Uhr; bei Prüfungen, anderen Pflichtpraktika oder Krankheit gibt es donnerstags Ausweichtermine. Wie lange die Behandlungen dauern, hängt vom Andrang ab. Die Studenten notieren alle geleisteten Stunden.
Frau Hanswille, wie erlebten Sie die Zeit an der zahnärztlichen Ambulanz von „Luthers Waschsalon“?
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Christine Hanswille, Zahnmedizinstudentin
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Privat
Christine Hanswille:
Mein interessantester Fall waren größere prothetische Arbeiten am Ober- und Unterkiefer eines Patienten. Dabei musste ich an mehrere Behandlungsschritte gleichzeitig denken – Höhe, Zahnformen und -farben. Diese Schritte habe ich zusammen mit einem Zahntechniker geplant, das war sehr lehrreich. Und der Patient war superfreundlich und geduldig, er hat auch gut mitgearbeitet. Gerade die Patienten, die nach den regulären Sprechstunden zusammen mit den beiden erfahrenen Zahnmedizinern in der Ambulanz behandelt werden, sind wegen der prothetischen Arbeiten besonders spannende Fälle.
Was empfanden Sie als besonders motivierend?
Bei einigen Patienten war viel Angst dabei, aber alle waren für die Behandlung dankbar. Ein Mann kam mit völlig unversorgtem Status. Wenn der danach wieder breit lächeln kann, macht mich das froh.
Ihr Fazit?
Ich habe dort über das Pflichtpraktikum hinaus mitgearbeitet und würde das jederzeit wieder tun.
Wie sieht Ihre mittelfristige Planung aus?
Voraussichtlich im nächsten Jahr werde ich mich zum Staatsexamen anmelden. Danach wäre ein Facharzt in NRW nicht schlecht, aber erstmal ist die Assistenzzeit dran.
Was sagen Sie dazu, dass der erste Preis des „Springer Medizin CharityAwards“ 2018 an die zahnärztliche Ambulanz von „Luthers Waschsalon“ geht?
Ich freue mich für Dr. Ritzenhoff und sein gesamtes Team, da auch die dort mitarbeitenden ZFAs wirklich tolle Arbeit leisten.