Editorial

World Dental Federation – Wer hört die Worte …

Die internationale Standespolitik der Zahnärzteschaft, vereint in einer Organisation namens World Dental Federation, kurz FDI, mit Sitz in Genf, kämpft mit dem gleichen Problem wie die hiesige Professionspolitik: Wer von den Kollegen hört die Worte? Zum Beispiel, dass ein „(weltweit) reaktionsstarker und widerstandsfähiger Berufsstand (aus-)gebildet werden soll“? Oder liegt es doch daran, dass die zahnmedizinische Relevanz der bearbeiteten Themen weit weg vom heimischen Geschehen scheint? Was durchaus in der Natur der Sache liegt, denn die von der FDI bespielten Themen scheinen auf den ersten Blick nur eine kleine, um nicht zu sagen sehr kleine, Schnittmenge mit der heimischen Situation zu haben. Deshalb ein kurzer Blick auf die Organisationsstruktur der FDI.

Deutschland gehört zur Regionalorganisation Europa (ERO). So weit, so vermeintlich vergleichbare Zustände der zahnmedizinischen Versorgung. Diese Perspektive verschiebt sich jedoch erheblich, betrachtet man die vier anderen Regionen – Afrika (ARO), Asien-Pazifik (APRO), Lateinamerika (LARO) und selbst in Teilen für Nordamerika (NARO). Je nach Region fällt die Beurteilung, was für die Mundgesundheit der Bevölkerung in den einzelnen Ländern als „Standard“ gilt, erheblich anders aus. Und das nicht nur, weil die Gesundheitssysteme deutlich differieren. Die naheliegende Schlussfolgerung, dass dieses halt Ländersache sei und somit eine Organisation wie die FDI nur wenig bis keinen Sinn macht, ist trotzdem falsch.

Ein Beispiel: Das Thema Amalgam war und ist ein Thema, das auf der internationalen Ebene aufkam (UN und WHO), dann nach Europa gespült wurde und heute in nationales Recht als Europäische Verordnung verbindlich umzusetzen ist. In diesem Lichte betrachtet ist die Forderung für eine weltweite Verbesserung der Mundgesundheit deutlich mehr als nur eine Aufforderung. Den dazu notwendigen Erfahrungs- und Wissensaustausch zu organisieren und das gemeinsame Ziel einer möglichst einheitlichen Ausrichtung der zahnmedizinischen Profession ist die wesentliche Aufgabe der FDI. Gerade, weil nicht jedes Land dieser Welt über die Möglichkeiten und Ressourcen eines Industrielandes wie Deutschland verfügt. Und kein Zweifel, es geht auch um die Einbringung der zahnmedizinischen Positionen in die Politik. Alles keine Übungen, die sofortigen Erfolg versprechen, aber von enormer Bedeutung für einzelne Länder werden können.

Der derzeit gültige „Strategic Plan 2018–2021“ – am Update wird derzeit im Oral Health Observatory Task Team unter deutschem Vorsitz von Dr. Michael Sereny gearbeitet – zielt im Wesentlichen darauf ab, dass die Mundgesundheit weltweit zugänglich, verfügbar und bezahlbar sowie in die allgemeine Gesundheitsagenda integriert werden muss. Die Forderung zur Beachtung ethischer Grundsätze bei der internationalen Rekrutierung von Zahnärzten und zahnärztlichem Personal ist angesichts der Spahn’schen Personalgewinnungsaktivitäten auch hierzulande ein hochaktuelles Thema. Alles gute Gründe, warum das Engagement der deutschen Zahnärzteschaft von großer Bedeutung ist. Womit wir mitten im Geschehen des diesjährigen Weltkongresses und der Generalversammlung der World Dental Federation sind, der Anfang September in San Francisco stattfand.

Denn es standen Wahlen an, die für die deutsche Delegation (das heißt wirklich so) von erheblicher Bedeutung waren, so die zum President Elect der FDI. Es traten an: Prof. Dr. Ihsane Ben Yahya aus Marokko, Dr. Jack Cottrell aus Kanada und Dr. Peter Engel, Präsident der Bundeszahnärztekammer. Schlussendlich wählte die Generalversammlung Ihsane Ben Yahya mit 99 Stimmen in das Amt. Auf Peter Engel entfielen 77 Stimmen – ein mehr als respektables Ergebnis und Ausweis seiner internationalen Wertschätzung.

Apropos Wertschätzung: Gerade die Vielfalt der kulturellen Facetten, der unterschiedlichen Motivationslagen und Meinungen machen das demokratische Procedere auf Ebene einer FDI so spannend. Und so überraschte Dr. Juliane von Hoyningen-Huene aus Berlin, die zur Präsidentin der Womens Dentists Worldwide (WDW), einer von drei Sektionen der World Dental Federation, gewählt wurde. Näheres lesen Sie in einem Interview auf Seite 20 in dieser Ausgabe. Weiteren Aspekten und Akteuren widmen wir uns in der nächsten zm – denn die internationalen Aktivitäten der deutschen Zahnärzteschaft verdienen durchaus eine größere Wahrnehmung!

Dr. Uwe Axel Richter
Chefredakteur

Dr. Uwe Axel Richter

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