Wissen für den Arbeitsalltag
Fünf deutsche Zahnärzte und fünf kenianische Kollegen hielten an zwei Tagen im Wechsel Vorträge zum Thema Karieserkrankungen und konservierende Versorgungen mit Füllungen. Dabei wurden auch die Bereiche Röntgen und Diagnostik, Zahntrauma, Antibiotikagabe in der Zahnheilkunde, Pflege und Wartung der Dentaleinheiten und Hygienemaßnahmen eingehend besprochen. Insgesamt 35 Teilnehmer waren beim Seminar dabei, darunter zwei kenianische Zahnärzte, die übrigen sind in der Ausbildung oder arbeiten schon als Oral-Health-Worker, außerdem Zahnmedizinstudenten und Medizintechniker. Alle werden oder wurden von DfA während ihrer Ausbildung gefördert und arbeiten zum Teil schon in einer der 14 Zahnstationen (siehe Kasten).
Was ist hängengeblieben vom Vorjahr?
Das diesjährige zahnärztliche Seminar startete mit einem Wissenstest und einer Rückblende auf das letztjährige Thema Endodontie. Noch einmal wurden die Vorgehensweise, Probleme und Schwierigkeiten bei den Behandlungen und Materialfragen besprochen sowie viele Erfahrungen aus dem vergangenen Behandlungsjahr ausgetauscht. Darauf folgten die Vorträge – über Kariesentstehung, Füllungslegung step-by-step, Materialien und Instrumentarium.
Im Anschluss wurde stets viel diskutiert und dabei immer versucht, die theoretischen Grundlagen soweit wie möglich an die kenianischen Möglichkeiten und Gegebenheiten anzupassen. Ein Highlight: der Gastvortrag der kenianischen Parodontologin Dr. Gladys Akama von der School of Dentistry der Moi Universität in Eldoret. Sie schaffte es, die Zuhörer mit viel Verve und Engagement für ihr Thema „Parodontale Erkrankungen und deren Ursachen“ zu begeistern.
Im zweiten Teil wurden die Teilnehmer in kleine Gruppen eingeteilt, es ging an die praktische Umsetzung des Gelernten am Patienten. Unter Anleitung der deutschen Zahnärzte wurde der gesamte Behandlungsablauf durchgeführt: Anamnese, Vorbereitung des Arbeitsplatzes, Befunderhebung, Diagnostik (inklusive Röntgentechniken und einer spontan eingeschobenen Schulung für selbstentwickelnde Röntgenfilme), Behandlungen (Füllungslegung, Extraktionen und Scaling) sowie Hygieneschulung und Wartung der technischen Ausrüstung.
Wiederholen – bis die Behandlungssystematik sitzt
Dabei konnte an den sehr geduldigen Patienten, deren Behandlung an diesen Tagen von DfA bezahlt wurde, viel demonstriert und diskutiert werden. Immer wieder musste dabei auf die speziellen Gegebenheiten in Kenia Rücksicht genommen werden. Viele Patienten leiden unter Infektionen wie Tuberkulose, HIV, Leber- und Bluterkrankungen, zum Teil unbehandelt, und sind dadurch sehr geschwächt, was bei Vorgehensweise und Therapieplanung unbedingt berücksichtigt werden muss.
Da der praktischen Ausbildung an den Universitäten in Kenia oft nicht genügend Raum gegeben wird, waren die Teilnehmer sehr dankbar für das systematische Wiederholen der erforderlichen Arbeitsschritte und für Hinweise und Tipps, die die Arbeit erleichtern. Am Ende der Veranstaltung konnte allen ein in ihrem Arbeitsalltag anwendbares Wissen und eine Behandlungssystematik vermittelt werden. Darüber hinaus war eine Intention der Veranstaltung, eine gute Atmosphäre des Wissens- und Erfahrungsaustauschs der Teilnehmer untereinander zu schaffen, damit sie über eigene Netzwerke in Kontakt bleiben und sich gegenseitig unterstützen können.
Das Seminar wurde gefördert durch die Initiative Klinikpartnerschaften der Else-Kröner-Fresenius-Stiftung in Zusammenarbeit mit der GIZ (Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit).
Die Wünsche der Teilnehmer machen das Programm 2020
Die (anonymisierte) Bewertung des Seminars am Ende der Veranstaltung fiel sehr positiv aus. Vor allem der praktische Teil wurde als sehr wichtig erachtet. Als zukünftige Themen wurden besonders Notfallbehandlungen, systemische Erkrankungen und deren Einfluss auf die oralen Strukturen, zahnärztliche Behandlungen bei schweren Allgemeinerkrankungen, Endodontie und konservierende Behandlungen genannt, so dass diese Vorschläge ins Programm fürs nächste Seminar 2020 eingearbeitet werden können.
Die Begeisterung und die Freude der Kenianer an der gemeinsamen Arbeit hat uns auch in diesem Jahr wieder darin bestärkt, diesen Weg gemeinsam weiterzugehen.
Fürs kommende Jahr ist ein weiterer Ausbau der Kooperation zwischen DfA und der School of Dentistry der Moi Universität geplant. Durch die Unterstützung der dortigen zahnärztlichen Fakultät mit Ausrüstung und Material soll es möglich werden, mehr Zahnärzte qualitativ gut auszubilden, um die zahnärztliche Versorgung der Menschen im Westen von Kenia weiter voranzubringen. Im Rahmen dieses Projekts sollen zusätzliche Weiterbildungsseminare in Kooperation mit der Moi Universität angeboten werden.
Dr. Isa Rait
Fachzahnärztin für Oralchirurgie
82131 Gauting
Die Arbeit in den Zahnstationen
DfA hat in den vergangenen 20 Jahren in Kooperation mit den leitenden Schwestern von zwei Franziskanerorden in Westkenia 14 Zahnstationen aufgebaut, die an örtliche Hospitäler oder Gesundheitszentren angegliedert sind. Deutsche Zahnärzte, kenianische Zahnärzte und Oral-Health-Worker behandeln Patienten vor Ort und führen Mundhygieneaufklärung sowie Behandlungen in Schulen und bei mobilen Einsätzen durch. Auch die Eltern und die Lehrer werden in diese Maßnahmen einbezogen. Die Aus- und Weiterbildung des kenianischen Personals ist dabei ein Schwerpunkt der Arbeit. Durch die Vernetzung der sozialen Projekte – etwa einem Waisenprojekt von DfA, bei dem Waisenkindern durch Patenschaften eine Schul- und Berufsausbildung ermöglicht wird – mit den zahnärztlichen Projekten bietet DfA in Kenia nicht nur die zahnmedizinische Versorgung, Prophylaxe und Aufklärung an, sondern schafft auch langfristig Strukturen, die es jungen Menschen ermöglichen, als qualifizierte Fachkräfte nach ihrer Ausbildung in ihrer Region zu bleiben und sich dort für ihre Gemeinde einzusetzen. Das macht die DfA-Projekte besonders nachhaltig.
Zahnmedizinische Versorgung in Kenia
DfA engagiert sich seit 20 Jahren in Kenia, um der Landbevölkerung (vor allem im westlichen Hochland) Zugang zu Zahnbehandlungen zu ermöglichen. Gerade die Bevölkerung entlegener ländlicher Gebiete hat kaum oder gar keinen Zugang zu zahnmedizinischer Versorgung. In Kenia sind rund 1.000 Zahnärzte für 42 Millionen Einwohner im Einsatz.
Auf einen Zahnarzt kommen circa 42.000 Patienten – der von der WHO empfohlene Schlüssel liegt bei 1:7.000. Darüber hinaus praktizieren 82 Prozent aller Zahnärzte in Kenia in Großstädten beziehungsweise Ballungsräumen.
Die zahnmedizinischen Probleme sind Karies, Gingivitis, parodontale Probleme und Dentalfluorose bei meist schlechter oder fehlender Mundhygiene. Durch den Einfluss der sich in den vergangenen Jahren zunehmend geänderten Ernährungsweise – weg von der traditionellen natürlichen afrikanischen Küche mit viel Gemüse, Fleisch und Obst hin zu industriell produzierten Lebensmitteln mit stark zuckerhaltigen Getränken und Speisen und weniger Vitaminen und Mineralstoffen – sieht man zunehmend durch Karies zerstörte Zähne und Gebisse. Die traditionelle Zahnpflege der Menschen ist für diese Entwicklung nicht ausreichend und leistet der kariösen Zerstörung der Zähne Vorschub. Die Bevölkerung ist sich nicht bewusst und auch nicht darüber aufgeklärt, dass der Konsum von beispielsweise stark säure- und zuckerhaltigen Getränken die Zahnhartsubstanzen zerstört.