USA

Root Cause: Wie ein Film die Angst vor der Endo schürt

Heftarchiv Zahnmedizin
ck
Brustkrebs aufgrund einer Wurzelkanalbehandlung? Krebs wegen einer Weisheitszahnextraktion? Der Dokumentationsfilm "Root Cause" strotzt vor solchem hanebüchenen Unsinn. In den USA sind die Patienten trotzdem verunsichert. Die großen US-amerikanischen Zahnärzteverbände warnen vor Panikmache.

Zahnärzte, Endodontologen und Wissenschaftler haben Netflix, Apple, Amazon und Vimeo in einem Schreiben aufgefordert, den Dokumentarfilm „Root Cause“ von ihrer Plattform zu nehmen: Der Streifen schüre Angst und verbreite Falschinformationen über Wurzelkanalbehandlungen und die Extraktion von Weisheitszähnen.

In besagtem Film versucht der australische Filmemacher Frazer Bailey die Ursache für seine jahrelange Müdigkeit, Angst und Depressionen herauszufinden. Dabei unterzieht er sich diversen Therapien, nimmt Antidepressiva, probiert es mit Saftfasten, Chakrenausgleich und Hypnose. Er trinkt sogar seinen eigenen Urin.

Die Quelle seines Unwohlseins: eine Wurzelkanalbehandlung

Mithilfe von Vertretern der ganzheitlichen Zahnmedizin kommt er schließlich zu dem Schluss, dass die Quelle seines Unwohlseins eine Wurzelkanalbehandlung ist, die bei ihm in jungen Jahren durchgeführt worden war.

Diese sogenannten Experten kommen in Baileys 72-minütigem Film zahlreich und in extenso zu Wort. Sie behaupten unter Zuhilfenahme fragwürdiger Studien und Annahmen, dass asymptomatische Wurzelkanalentzündungen beziehungsweise die nach einer Weisheitszahnextraktion entstehenden Lücken Krebs, Herzerkrankungen und andere schwere Krankheiten verursachen.

Sehr glaubhaft wird vermittelt, dass Bakterien und andere Toxine im Kiefer schwären und dann entlang von "Meridianlinien" zu anderen Organen wandern würden, um dort Infektionen verbreiten und Krebs und andere Krankheiten entstehen zu lassen.

"98 Prozent der Frauen mit Brustkrebs hatten zuvor eine Wurzelkanalbehandlung auf der Seite der erkrankten Brust"

Konstruiert wird insbesondere ein Zusammenhang zwischen Wurzelkanalbehandlungen und Brustkrebs: "98 Prozent der Frauen mit Brustkrebs hatten zuvor eine Wurzelkanalbehandlung auf der Seite der erkrankten Brust", heißt es in dem Film.

Panikmache durch Falschinformationen

Die American Dental Association (ADA), die American Association of Endodontists (AAE) und die American Association of Dental Research (AADR) haben die Medienunternehmen Ende Januar in einem Brief gewarnt, dass der Film Panikmache sei und Falschinformationen verbreite. Sie fordern die Streaming-Dienste auf, den Film offline zu nehmen.

"Die Annahmen des Films gehen auf Forschungen aus den 1920er Jahren zurück, die später widerlegt wurden", heißt es in dem Brief. Der Film stelle diese widerlegten Informationen fälschlicherweise als Fakten dar.

In einem separaten Brief an ihre rund 174.000 Mitglieder geben die drei Verbände Anregungen, wie Fragen der Patienten zum Film beantwortet werden können. Es ist das erste Mal, dass die AAE und der AADR als Reaktion auf ein Film- oder Fernsehprogramm eine landesweite Warnung veröffentlichen beziehungsweise einen Brief an eine Medienplattform schreiben.

Patienten haben mehr Fragen zu Wurzelkanalbehandlungen

"Root Cause" erhielt wenig Aufmerksamkeit, als er im Herbst 2018 auf den Markt kam, aber Zahnärzte sagen, dass Patienten mehr über die Sicherheit von Wurzelkanalbehandlungen wissen wollen, seit der Film letzten Monat in das Programm von Netflix aufgenommen wurde.

Melden Sie sich hier zum zm-Newsletter des Magazins an

Die aktuellen Nachrichten direkt in Ihren Posteingang

zm Heft-Newsletter


Sie interessieren sich für einen unserer anderen Newsletter?
Hier geht zu den Anmeldungen zm Online-Newsletter und zm starter-Newsletter.