Private Finanzplanung

„Oftmals reiten Sparer jahrelang ein totes Pferd!“

Wie sollte eine gute Finanzplanung aussehen?, haben wir Markus Wahle gefragt. Der auf Zahnmediziner spezialisierte Honorarberater ist seit 20 Jahren im Geschäft – und kennt sich aus mit „todsicheren“ Geldanlagen, überteuerten Immobilienverkäufen an Zahnärzte und geschlechterspezifischem Anlageverhalten.

Herr Wahle, Sie sind Honorarberater. Was dürfen und können Sie in dieser Funktion tun, was nicht?

Markus Wahle: Grundsätzlich berate ich als reiner Honorarberater gemäß § 34h der Gewerbeordnung komplett ohne irgendwelche Produkt- und Verkaufsinteressen, da der Mandant einen Honorarberater für dessen Finanzmeinung, Analysen und sehr individuelle Umsetzung seiner Kundenwünsche engagiert und bezahlt. Diese Unabhängigkeit von der traditionellen Finanzbranche führt zu spannenden Finanzlösungen, die die Mandanten vorher so nicht kannten. Durch den Wegfall der hohen Provisionen und anderer Kosten sind gute Renditen mit weniger Risiko zu erreichen – und ein Berater profitiert immer langfristig vom Erfolg seines empfohlenen Finanzplans. Eine gute Zweckgemeinschaft. Was er nicht darf: Honorare und Provisionen parallel zu verbuchen. Das wäre strafbar. 

Was zeichnet einen guten Finanzplan aus?

Ein guter Finanzplan orientiert sich immer an den langfristigen Zielen des Mandanten und wird bei Bedarf in Nuancen an die aktuelle Lebenssituation angepasst. Er hat nie etwas mit Produkten oder Steuersparen et cetera zu tun. Er ist so verständlich aufgebaut, dass der Mandant und seine Familie sich immer wieder daran orientieren können. Kurz: Es geht darum, die komplexen Abläufe einer Finanzplanung für den Mandanten leicht und verständlich darzustellen. 

Welche kurz-, mittel- und langfristigen Ziele sollte man sich setzen? 

In einem typischen Finanzplan steht immer eine ausreichende Liquiditätsreserve als kurzfristiges Ziel, zum Beispiel 50.000 Euro, als mittelfristiges Ziel beispielsweise  die Sicherung der Ausbildung der Kinder. Das würde man dann so berechnen: Anzahl der Kinder, geteilt durch den monatlichen Betrag pro Kind, geteilt durch die Laufzeit der Ausbildung. Und als langfristiges Ziel meistens die Absicherung der Einkünfte im Alter, die schuldenfreie Immobilie oder die Erfüllung eines Traums. Hört sich banal an, aber daran scheitern schon die meisten Planungen. 

Ich lege noch großen Wert auf die finanzielle und juristische Absicherung der Familie und des Vermögens im Fall von Geschäftsunfähigkeit, Tod oder Pflegebedürftigkeit. Das alles macht einen guten Finanzplan schon recht komplex.

Was sind nach Ihrer Erfahrung die größten Fehler in der Geldanlage?

Generell besteht der größte Fehler darin zu meinen, Marktentwicklungen, den Fonds der Woche oder auch andere Entwicklungen in der Welt prognostizieren zu können. Menschen haben manchmal die Eingebung, aufgrund von Insidertipps, der Lektüre von Fachzeitungen oder eines guten Bauchgefühls die „todsichere“ Geldanlageentscheidung treffen zu können. Gerne auch im eigenen Land. Emotionen, Meinungen, Gier und Prognosen führen somit zu den größten Fehlern beim Geldanlegen. All das ist langfristig nicht erfolgreich – das ist wissenschaftlich belegt. Leider gibt es aber auch viele Produkte am Markt, etwa Kapitallebensversicherungen, die aufgrund der Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank, der hohen Kosten in den Produkten und den zu hohen Prognosen beim Verkauf ihr Ziel oftmals nicht erreichen können – und dies kann natürlich zum Beispiel bei endfälligen Praxisfinanzierungen mit Lebensversicherungen fatale Folgen haben. Oftmals reiten die Sparer dann jahrelang ein totes Pferd, ohne es zu merken. 

Und der größte Fehler besteht sicherlich darin, einfach verschiedenen Menschen sein Geld anzuvertrauen, ohne wirklich zu verstehen, wie das alles funktioniert, welche Risiken man sich einkauft und welche Kosten man hat.

Wie lassen sich Fehler – möglichst kostenneutral – korrigieren? 

Der erste Schritt ist die Entscheidung, sich einmal aktiv und intensiv mit seinen Finanzen zu beschäftigen, um zu verstehen, was eigentlich mit dem eigenen Geld bisher passiert ist. Bei komplexeren Sachlagen wie Praxisfinanzierungen und Kapitalanlagen sollte das Finanzpaket einmal von neutraler Stelle auf Kosten, Risiken und Zielerreichung durchleuchtet werden. Oftmals reichen schon kleinere Korrekturen beziehungsweise Umstellungen, um eine positive Trendwende zu erreichen. Manchmal sind die Lücken aber so eklatant, das eine Neuaufstellung unabdingbar ist, um 20 Jahre lang verlorenes Terrain wieder wettmachen zu können – das geht aber in den meisten Fällen relativ kostenneutral und unspektakulär.

Stimmt das Klischee vom in Immobilien investierenden Zahnarzt noch? 

Offen gesagt waren Zahnmediziner in den vergangenen 20 Jahren immer wieder eine beliebte Zielgruppe von Immobilienvertrieben und dergleichen – der Steuerspartrieb ist anscheinend schon recht groß … und man will einfach auch diesen schönen Modellrechnungen Glauben schenken. 

Persönlich bin ich ein großer Fan von Immobilieninvestitionen. Meine Mandanten wissen, wie solch eine Investition funktioniert und wie man damit intelligent Vermögen aufbauen kann. Aber so eine Investition muss sich immer vor einer möglichen Steuerersparnis rechnen. Eine Denkmalabschreibung als einziges Motiv für einen – oftmals überteuerten – Immobilienkauf ist keine gute Idee aus meiner Sicht. Das geht langfristig selten auf, also wenigstens nicht für den Investor …

Haben Zahnärztinnen andere Anlagebedürfnisse als Zahnärzte? 

Frauen sind in einem ersten Schritt vernünftiger und vorsichtiger in der Finanzplanung als Männer – sie gehen eher Schritt für Schritt vor. Männer sind dagegen oftmals risikofreudiger und orientieren sich eher an langfristigen und größeren Zielen. Pauschal gesagt, ohne irgendeine Wertung. Einfach meine Erfahrung aus fast 20 Jahren Finanzplanung. Das Groteske ist jedoch, dass beide dann in ihren Portfolios oftmals identische Produkte haben – die „üblichen Verdächtigen“ halt.

Zum 1. Januar 2019 weist das Vermittlerregister des Deutschen Industrie- und Handelskammertages 191 Honorar-Finanzanlagenberater mit Erlaubnis nach Paragraf 34h Gewerbeordnung (GewO) und 37.874 Finanzanlagenvermittler aus. Finanzanlagenvermittler dürfen anders als Honorarberater Honorare und Provisionen annehmen.

mth

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