TSVG verabschiedet

Eine Planungsquote für Z-MVZ

Mit dem neuen Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG), das am 1. Mai in Kraft tritt, hat der Gesetzgeber in Sachen Zahnärztlicher Medizinischer Versorgungszentren Klarheit geschaffen: Es gibt künftig eine gestaffelte Beschränkung der Gründungsbefugnis von Krankenhäusern für Z-MVZ. Maßgeblich ist der Versorgungsgrad des jeweiligen Planungsbereichs.

Die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) hatte sich vehement dafür eingesetzt, dass hier klare Regeln geschaffen werden, um die Versorgung insgesamt nicht zu gefährden.

Nach dem Beschluss des neuen TSVG im Bundestag am 14. März zeigt sich die KZBV sehr zufrieden. Dr. Wolfgang Eßer, Vorsitzender des Vorstands der KZBV, kommentiert die neue Regelung so: „Wir erkennen die guten Ansätze des TSVG im Hinblick auf die vertragszahnärztliche Versorgung ausdrücklich an. Insbesondere begrüßen wir, dass die Gründungsmöglichkeiten von Z-MVZ durch Krankenhäuser beschränkt und damit einem ausgeklügelten Geschäftsmodell von versorgungsfremden Investoren Grenzen gesetzt werden.“

Die Regelung wird nach Auffassung Eßers dazu beitragen, die nötige Anbietervielfalt in einem gut austarierten Versorgungssystem zu gewährleisten und die Versorgung der Patienten überall wohnortnah und flächendeckend sicherzustellen. Zugleich wird der bislang gänzlich ungebremste Zustrom von Fremdinvestoren und Private-Equity-Fonds, die überwiegend von Rendite-Erwartungen getrieben seit einiger Zeit massiv in die heimische Versorgung drängen, durch die verabschiedete Vorgabe ordnungspolitisch ausgewogen und sinnvoll reguliert.

Die neue Regelung

Mit der Einführung des neuen § 95 Abs. 1b ins SGB V wird eine Spezialregelung für die vertragszahnärztliche Versorgung und für Z-MVZ geschaffen. Sie macht die grundsätzlich fortbestehende Gründungsbefugnis von Krankenhäusern für Z-MVZ künftig von bestimmten gestaffelten Versorgungsanteilen in einem Planungsbereich abhängig, die das Krankenhaus dadurch hat, wenn es ein Z-MVZ in diesem Planungsbereich erwirbt.

Hintergrund: Mit der 2015 im GKV-Versorgungsstrukturgesetz eingeräumten Möglichkeit, fachgruppengleiche, auch reine Z-MVZ zu gründen, wurde faktisch der gesamte ambulante zahnärztliche Versorgungsmarkt dem potenziellen Zugriff von (auch versorgungsfremden) Finanzinvestoren eröffnet. Sie konnten ein zur Gründung von MVZ berechtigtes Krankenhaus erwerben und dann beliebig viele Z-MVZ gründen oder betreiben. Mit der jetzt vorliegenden Quotenregelung soll die Gründungsberechtigung nun auf bestimmte Versorgungsanteile begrenzt werden – ohne die Berechtigung jedoch ganz auszuschließen. Die Gründungsbefugnis von Z-MVZ durch Zahnärzte ist von der neuen Regelung nicht betroffen, es geht ausschließlich um Krankenhäuser.

Abrechnungsgeschehen in Z-MVZ

Die Beschlussempfehlung des Gesundheitsausschusses greift Abrechnungsanalysen der KZBV auf: So lagen etwa im Bereich der konservierend-chirurgischen Behandlung die abgerechneten Punktmengen je Fall im Abrechnungszeitraum 1. Januar 2017 bis 30. Juni 2018 bei den Investoren-MVZ (121,77) weit über den Punktmengen der Einzelpraxen (86,20). Auch gegenüber den Berufsausübungsgemeinschaften (90,93) und den nicht Investor-gesteuerten MVZ (107,77) waren die Punktmengen der Investoren-MVZ deutlich erhöht. Im Bereich der Zahnersatzleistungen lag das zahnärztliche Honorar je Fall in dem genannten Abrechnungszeitraum in den Investoren-MVZ (435,99) ebenfalls deutlich höher als das Honorar von Einzelpraxen (290,67) und abermals deutlich über dem Honorar der Berufsausübungsgemeinschaften (299,06) und der nicht Investor-gesteuerten MVZ (385,74).

Das sind die Quoten

Die neuen Quoten bemessen sich am Versorgungsanteil eines Planungsbereichs:

  • Grundsätzlich (das heißt in weder über- noch unterversorgten Planungsbereichen, Versorgungsgrad von 50 bis 109,99 Prozent) beträgt der zulässige Versorgungsanteil eines Krankenhauses maximal 10 Prozent, mindestens jedoch fünf Z-MVZ-Sitze oder Zahnarztstellen in Planungsbereichen mit einem Versorgungsgrad von 50 bis 99,99 Prozent.

  • In unterversorgten Planungsbereichen (Versorgungsgrad unter 50 Prozent) erhöht sich der zulässige Versorgungsanteil auf maximal 20 Prozent.

  • In überversorgten Planungsbereichen (Versorgungsgrad ab 110 Prozent) reduziert sich der zulässige Versorgungsanteil auf maximal 5 Prozent.

Maßgeblich sind jeweils die Zahnarztstellen (Vertragszahnärzte und Angestellte) in Vollzeitäquivalenten.

Argumente der KZBV aufgegriffen

In seiner Beschlussempfehlung mit Bericht für den Bundestag hatte der Bundestagsgesundheitsausschuss zentrale Argumente der KZBV aufgegriffen, denen der Bundestag auch so gefolgt ist. Die KZBV hatte im gesamten Gesetzgebungsverfahren gemeinsam mit weiteren zahnärztlichen Verbänden immer wieder mit Nachdruck auf die Gefahren hingewiesen, die von Fremdinvestoren und Private-Equity-Gesellschaften für die Versorgung ausgehen. In Stellungnahmen und Hintergrundgesprächen und mit umfangreichen Versorgungsanalysen und Statistiken konnte die KZBV darlegen, dass der zahnärztliche Versorgungsbereich gerade in den vergangenen eineinhalb Jahren besonders stark von Übernahmeprozessen betroffen war. Das bezieht sich vor allem auf Ballungsräume und einkommensstarke Regionen.

Weitere Regelungen im TSVG

Der Gesetzgeber hat weitere zentrale Forderungen der KZBV aufgegriffen:

  • Abschaffung der Degression

  • Einführung einer Mehrkostenregelung in der kieferorthopädischen Versorgung

  • Schaffung einer Rechtsgrundlage für das bundesmantelvertragliche Gutachterverfahren

  • Erhöhung der Festzuschüsse bei Zahnersatz

Und wichtig für die Selbstverwaltung: Das Bundesgesundheitsministerium ist ab jetzt mit 51 Prozent Mehrheitsgesellschafter der gematik.

Dieses Anliegen griff der Gesetzgeber vollumfänglich auf. Sein Ziel ist der Erhalt der Anbietervielfalt in der vertragszahnärztlichen Versorgung und die Verhinderung einer wettbewerbsfeindlichen Anbieterdominanz durch MVZ in der Trägerschaft weniger Krankenhäuser. Als Hintergrund führt der Gesetzgeber bereits bestehende Konzentrationsprozesse im vertragszahnärztlichen Versorgungsbereich auf, denen rechtzeitig entgegengewirkt werden soll. Für die vertragszahnärztliche Versorgung gilt es für ihn deshalb, die Vielfalt der vertragszahnärztlichen Leistungserbringer zukunftssicher zu erhalten. Mit der Änderung wird auch ein Anliegen des Bundesrats aufgegriffen, Konzentrationsprozessen, die für das Versorgungsgeschehen und die Versorgungssicherheit schädlich sind, wirksam zu begegnen.

Insbesondere nach der im GKV-Versorgungsstärkungsgesetz eingeführten Möglichkeit zur Bildung fachgruppengleicher MVZ war einen deutlicher Aufwärtstrend bei der Gründung zahnmedizinischer Versorgungszentren und der Verbindung zu sogenannten Zahnmedizin-Ketten zu beobachten, führt die Beschlussempfehlung des Gesundheitsausschusses in ihrem Bericht an den Bundestag weiter an. Es besteht demnach die wissenschaftlich begründete Erwartung, dass sich die Zahl der MVZ im Eigentum von Beteiligungsgesellschaften bei dem gegenwärtigen Wachstumstempo der Zahnarztketten in der Hand von Private-Equity-Gesellschaften bei ungehinderter Fortentwicklung in naher Zukunft weiter massiv erhöhen wird. So sind von den derzeit mindestens sieben zahnmedizinischen Unternehmensketten drei Unternehmensgruppen allein im Jahr 2018 dem Markt beigetreten. Auch nach den Auswertungen der KZBV ist die Anzahl der vertragszahnärztlichen MVZ in der Hand von Private-Equity-Gesellschaften allein im Zeitraum vom 30. September 2017 bis 30. September 2018 um knapp 79 Prozent gestiegen, führt die Beschlussempfehlung weiter an.

Vielversprechendes Investitionsfeld

Damit ist, so die Empfehlung, der Bereich der vertragszahnärztlichen Versorgung von bestehenden Übernahmeprozessen besonders stark betroffen. Diese Erkenntnis entspricht aktuellen Mitteilungen aus der Praxis der Wirtschaftsberatung sowie den Zielformulierungen der Kapitalgeber, die im deutschen Dentalmarkt ein vielversprechendes Investitionsumfeld erkennen. Nach bisherigen Einschätzungen ist dies vor allem auf den niedrigen Regulierungsgrad im vertragszahnärztlichen Bereich, hohe Selbstzahlerleistungen, besonders gewinnbringende Leistungsbereiche (zum Beispiel Implantologie) und die Möglichkeit zum Aufbau eigener Dentallabore zurückzuführen.

Dentalketten in Europa

Beispiele aus Europa zeigen: Je mehr Marktmacht Dentalketten gewinnen, desto mehr hängt die Versorgungssicherheit vom einzelnen Anbieter ab (siehe zm 1-2/2019, S. 18ff.):

  • Großbritannien: Die Kette mydentist ist Marktführer, über einen Zusammenbruch wird spekuliert. Sollte die Kette bankrott gehen, wären landesweit vier Millionen Patienten betroffen.

  • Frankreich: Der Skandal um die bankrotte Dentalkette Dentexia zieht Kreise. Patienten wurden gedrängt, sich für Implantate zu verschulden und erhielten eine schlechte Versorgung.

  • Spanien: Die Dentalkette iDental ist mittlerweile zwangsweise geschlossen. Sie bot bedürftigen Patienten hohe Preisnachlässe auf die Behandlungskosten. Die Nachlässe wurden für Leistungen gewährt, die zuvor zu überhöhten Preisen angeboten worden waren.

Und weiter heißt es: „Mit dem Ziel der Erreichung nennenswerter Marktanteile verfolgen sämtliche Private-Equity-Zahnarztketten ihre auf kurzfristige Gewinne angelegten Geschäftsmodelle (buy and build, exit) bislang hauptsächlich über den Erwerb von Krankenhäusern als Träger für den Kauf von MVZ, die nur im Ausnahmefall einen fachlichen Bezug zur Zahnmedizin haben. Dabei werden Zahnarzt-MVZ überwiegend in Großstädten und Ballungsräumen gegründet.“

Auch die Kritik der KZBV am Abrechnungsverhalten von Z-MVZ ist beim Gesetzgeber auf Gehör gestoßen. In der Beschlussempfehlung heißt es weiter: „Aufgrund der rein renditeorientierten Motivation von Private-Equity-Gesellschaften besteht die begründete Gefahr, dass medizinische Entscheidungen von versorgungsfernen Zielvorgaben stärker beeinflusst werden. Insoweit zeigt auch die Analyse des Abrechnungsverhaltens in sogenannten Investor-MVZ deutliche Hinweise auf eine renditeorientierte Leistungserbringung, die bei der rückläufigen Entwicklung der Morbidität im zahnmedizinischen Bereich nicht erklärbar und auch mit dem Abrechnungsverhalten sonstiger Leistungserbringer nicht in Einklang zu bringen ist.“

Resolution des CED

Das Beschlusspapier greift ferner die Erfahrungen mit Investoren-getriebenen Zahnarztketten im Ausland auf. Dort heißt es: „Die hieraus abzuleitenden Hinweise auf eine Über- und Fehlversorgung in Investor-MVZ werden bestätigt durch Erfahrungen aus dem europäischen Ausland, wo die investorgesteuerten Zahnarztketten zum Teil bereits große Anteile an der zahnärztlichen Versorgung halten.“ Aufgegriffen wird hier die Resolution des Council of European Dentists (CED) vom 16. November 2018, der vor einer Kommerzialisierung zahnärztlicher Leistungen gewarnt und dabei insbesondere die von Finanzinvestoren betriebenen Zahnarztketten kritisiert hatte. Er monierte Gefahren für das Patientenwohl, unethische Praktiken und Druck auf die Beschäftigten. Die Bundeszahnärztekammer war in die Arbeit des CED im Vorfeld der Resolution eingebunden und hatte Aspekte des Berufsrechts und der Berufsaufsicht dort mit eingebracht.

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