Kassenschelte!
Die Bilanz des UPD-Monitor 2018: Es gab weniger Beratungen 2018 (128.568) als 2017 (154.921). „Bei der Beratung gibt es noch Luft nach oben“, räumte UPD-Geschäftsführer Thorben Krumwiede bei der Vorstellung des Monitors am 24.6. in Berlin ein. Weiter in der Kritik stehen vor allem die Kassen. Schon im Vorjahr hatte die UPD über irreführend wirkende Zwischeninformationen von Krankenkassen bei Widersprüchen berichtet. Und dieses Problem bestehe nach wie vor: „Versicherte erhalten weiterhin ohne erkennbaren Anlass Schreiben, die bei den Empfängern den Eindruck der Erfolglosigkeit eines Widerspruchs erwecken. Der eigentlich klar geregelte Ablauf des Verwaltungsweges wird dadurch regelrecht konterkariert“, erklärte Krumwiede. Genau dieses Vorgehen hatte das Bundesversicherungsamt bereits im vergangenen Jahr bei den Kassen moniert.
Beratungswege 2018
Im Berichtszeitraum 2018 wurden an die UPD 113.219 Anfragen telefonisch gestellt, 2017 waren es 135.924 Anfragen. 8.629 Anfragen wurden im Jahr 2018 schriftlich gestellt, davon 8.069 online (per Webformular oder über das Beratungsportal), 560 per Post. Zum Vergleich: Im Jahr 2017 waren es 10.094 schriftliche Anfragen, davon 9.279 online und 815 per Post. In 6.738 Fällen wandten sich die Ratsuchenden persönlich an die UPD – also entweder an die Stellen der Vor-Ort-Beratung (30 Beratungsstellen bundesweit) oder an die mobile Beratung (UPD-Mobil). Im Jahr 2017 waren es 8.903 Fälle. Am häufigsten genutzt wird also nach wie vor der telefonische Weg: Rund neun von zehn Ratsuchenden lassen sich am Telefon beraten (siehe Grafik nächste Seite).
Die UPD steht Ratsuchenden 80 Stunden pro Woche telefonisch zur Verfügung – montags bis freitags von 8 bis 22 Uhr und samstags von 8 bis 18 Uhr. Zu erreichen ist die UPD aus allen Telefonnetzen kostenfrei unter der Nummer 0800-0117725.
Es gibt auch fremdsprachige Beratungen auf Russisch, Türkisch und Arabisch. Eine russischsprachige Beratung wurde am häufigsten nachgefragt.
Abgelehnt – ohne Begründung!
Bei Beratungen zu „Leistungsansprüche gegenüber Kostenträgern“ – mit 40.294 Beratungen das den Zahlen nach größte Beratungsthema im Jahr 2018, beobachtet die UPD mit Sorge, dass Ratsuchende immer wieder über Ablehnungen ohne Angabe einer individuellen Begründung berichten. Die Patientenbeauftragte der Bundesregierung, Prof. Dr. Claudia Schmidtke, sagte dazu: „Versicherte müssen sich darauf verlassen können, dass sie die ihnen zustehenden Leistungen auch erhalten. Es gibt klare Vorgaben zum Ablauf von Widerspruchsverfahren und damit für eine neutrale Kommunikation mit den Versicherten. Daran haben sich alle Krankenkassen zu halten. Zudem müssen sie ihrem gesetzlichen Auftrag zu Auskunft, Aufklärung und Beratung der Versicherten uneingeschränkt nachkommen.“
Auf Platz zwei der Beratungen stand 2018 das Thema „Patientenrechte“ (13.492 Beratungen), gefolgt von Beratungsthemen rund ums „Krankengeld“ (15.202). Zu „Änderungen durch den Gesetzgeber“ gab es 15.202 Beratungen, zum Thema „Verdacht auf Behandlungsfehler“ 5.876. Ebenfalls großen Beratungsbedarf gab es zum Thema „Zugang zum Gesundheitswesen“ (4.014).
Sortiert man die Beratungen nach Fachgebieten liegt die Zahnmedizin laut auf Platz 3 hinter Innerer Medizin und Pharmakologie. Thematisiert wurde die Zahnmedizin auf der Pressekonferenz zwar nicht. Laut Bericht sind die Beratungsgespräche im zahnmedizinischen Bereich aber von 5.068 auf 4.690 zurückgegangen, wobei der prozentuale Anteil an allen Beratungen aufgrund der insgesamt gesunkenen Beratungstätigkeit der UPD gestiegen ist (2018: 3,6 Prozent; 2017: 3,3 Prozent). Als zusätzliches Problemfeld bei der zahnmedizinischen Beratung wird im Monitor 2018 die Aufklärung bezüglich Allergien auf Zahnersatz thematisiert.
Schreckt die DSGVO die Patienten ab?
Als Grund für den Rückgang der Beratungszahlen insgesamt nannte die UPD die Einführung der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Die damit verbundenen Anforderungen an eine persönliche, telefonische oder schriftliche Beratung hätten sich auch auf die Arbeit der UPD ausgewirkt.
Aufgrund der DSGVO ist die UPD verpflichtet, Ratsuchende vor dem Gespräch umfangreich über das Thema Datenschutz zu informieren, eine aktive Einwilligung ist vor der Verarbeitung ihrer Daten erforderlich. Und genau dies könne mit den gesunkenen Beratungszahlen in Verbindung gebracht werden, erklärte Krumwiede den Journalisten. Die Abbruchquote der Anrufer, die während der Ansage zum Datenschutz vor einem Gespräch wieder aufgelegt hatten, habe sich vorübergehend von sechs auf 24 Prozent erhöht (nach einer Anpassung hatte sich die Quote wieder verringert). Als weiteren Grund nannte Krumwiede die jährliche Themenfluktuation. Themen, die 2018 zu vielen Nachfragen führten (beispielsweise der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff oder Cannabis), seien in diesem Jahr offenbar nicht so wichtig gewesen.
Der Monitor, den die UPD als Teil ihres gesetzlichen Auftrags jährlich erstellt, soll Krankenkassen, Ärzteschaft, Gesetzgeber und anderen Akteuren des Gesundheitswesens Hinweise geben, wie das Gesundheitssystem patientenorientierter gestaltet werden kann. Für alle transparent. Doch gerade dies war in letzter Zeit Stein des Anstoßes: Wiederholt war die UPD in der Öffentlichkeit mit Vorwürfen der fehlenden Unabhängigkeit, der mangelnden Transparenz über die Mittelverwertung und der Verschlechterung der Beratungsqualität konfrontiert. Dazu erklärte die Patientenbeauftragte, nach eingehender Prüfung gebe es „keine Anhaltspunkte“ für die Vorwürfe. Auch die medizinischen Informationen auf der Webseite seien einer eingehenden Qualitätsprüfung unterzogen worden. Schmidtke appellierte daher an die Akteure im Gesundheitswesen, die Hinweise des UPD-Monitors zur Patientenberatung aufzugreifen und umzusetzen.
Wichtig ist ihr eine Behandlung auf Augenhöhe, Voraussetzung dafür – Transparenz. Schmidtke: „Nur informierte und aufgeklärte Patienten können selbstbestimmte Entscheidungentreffen.“ Im Herbst soll mit allen an der Patientenberatung Beteiligten ein Treffen stattfinden, um zu klären, welche Hinweise – für mehr Patientenorientierung – aufgegriffen und umgesetzt werden.
Patientenstimmen – Beispiele
Schreiben einer Kasse an einen Patienten
Bei meiner Krankenkasse habe ich die Kostenübernahme für einen Rollator beantragt. Die Kasse hat den Antrag abgelehnt. Auf meinen Widerspruch hin erklärte sie mir, dass sie die Kosten nur für ein einfaches, nicht höhenverstellbares Modell übernimmt. Da ich aber sehr groß bin und Rückprobleme habe, brauche ich unbedingt einen verstellbaren Rollator. Die Krankenkasse will jetzt wissen, ob ich den Widerspruch zurücknehme, und dass ich eine entsprechende Erklärung unterschreibe. Ist das schon die Ablehnung meines Widerspruchs? Was soll ich denn jetzt tun?“
Ein klarer Rechtsanspruch läuft ins Leere:
Ich bin Migränepatientin und war über einen Zeitraum von ca. zwei Jahren Patientin bei einem Neurologen, habe die Behandlung aber im vergangenen Herbst abgebrochen. Mein Hausarzt hat von mir eine schriftliche Einverständniserklärung erhalten, meine Unterlagen einzufordern, doch leider reagiert mein Neurologe nicht – auch nach mehrmaligen Nachfragen. Auf eigene Nachfrage wurde mir mitgeteilt, dass ich persönlich in der Praxis zu erscheinen und 50 Euro für die Kopien der Akte zu hinterlegen habe. Nach dem, was ich gelesen habe, darf mir der Neurologe bis zu 50 Cent pro Kopie in Rechnung stellen. Woanders habe ich aber gehört, dass ein Arzt mir die Kopien meiner Akte kostenfrei zur Verfügung stellen muss. Was stimmt denn nun?“
Quelle: UPD 2018