Kolumne Halbes Halbe

Wie geht man mit Low Performern um?

Die Idealvorstellung jeder Zahnärztin ist ein voller Terminkalender, motivierte Mitarbeiter und zufriedene Patienten. Doch was tun, wenn die Rädchen nicht mehr ineinander greifen, es zu Konflikten im Team kommt, weil einer weniger Leistung erbringt als die anderen, und dieses Konfliktpotenzial auch nach außen nicht verborgen bleibt? Im Job stellen Low Performer – Minderleister – keine Seltenheit dar, in der Zahnarztpraxis kann dies fatale Folgen haben.

Von Minderleistern ist im Rechtssinn auszugehen, wenn ein Arbeitnehmer auf dem ihm zugewiesenen, seiner Ausbildung entsprechenden Arbeitsplatz nicht nur vorübergehend schuldlos eine unzureichende Arbeitsleistung erbringt. Man unterscheidet zwischen qualitativer und quantitativer Minderleistung. Während im Fall qualitativer Minderleistung von einer Reihe objektiver Fehlleistungen auszugehen ist, stehen bei der quantitativen Minderleistung die Arbeitsergebnisse eines Mitarbeiters und deren erhebliches Zurückbleiben hinter den Leistungen vergleichbarer Arbeitnehmer im Blick.

Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) muss jeder Arbeitnehmer das tun, was er soll, so gut wie er kann (BAG, Urteil vom 11. Dezember 2003 – 2 AZR 667/02). Das betriebliche Risiko verbleibt grundsätzlich beim Arbeitgeber, dem es obliegt, die betrieblichen Strukturen zu schaffen, dass der zu leistende Arbeitsaufwand in der vorgesehenen Arbeitszeit mit den personellen Mitteln auch zu erbringen ist.

Motivation

Bevor der Arbeitnehmer für seine mindere Leistung sanktioniert wird, etwa durch Abmahnung oder Kündigung, empfiehlt es sich, zunächst positiv auf den Arbeitnehmer einzuwirken. Dabei sollte man versuchen, ihm ins Bewusstsein zu rufen, dass die Arbeit des Einzelnen wertvoll ist und einen wichtigen Beitrag zum Gesamterfolg leistet. Oftmals kann man auf diesem Weg bereits viele Konflikte lösen.

Im Fall von Sanktionen stehen eine Abmahnung oder eine Kündigung im Raum. Eine Kürzung der Vergütung ist grundsätzlich nicht möglich; diese dürfte nur dann in Betracht kommen, wenn es sich faktisch um eine Nicht-Leistung des Arbeitnehmers handelt. Im Fall von verprovisionierten Arbeitnehmern verringert sich die variable Vergütung bereits automatisch.

Abmahnung

Bei einer Abmahnung hat der Arbeitgeber in einer für den Arbeitnehmer hinreichend deutlich erkennbaren Art und Weise grundsätzlich seine Beanstandungen vorzubringen, indem er seinen Mitarbeiter auf dessen vertragliche Pflichten hinweist, ihn für die Zukunft zu einem vertragstreuen Verhalten auffordert und ihm zugleich die Folgen für den Fall einer erneuten Pflichtverletzung vor Augen führt. Hierzu gehört nach dem BAG auch der unmissverständliche Hinweis, dass im Wiederholungsfall Inhalt und Bestand des Arbeitsverhältnisses gefährdet sein werden (BAG NZA 1994, 656).

Wird wegen quantitativer Minderleistung abgemahnt, müssen die konkreten zur Minderleistung führenden (Einzel-)Pflichtverletzungen nicht bezeichnet werden – vor dem Hintergrund, dass für den Arbeitgeber oftmals nur sehr schwer ersichtlich ist, worauf diese überhaupt beruhen. In diesem Fall geht es darum, die Arbeitsergebnisse und deren erhebliches Zurückbleiben hinter den Leistungen vergleichbarer Kollegen zu rügen und den Mitarbeiter aufzufordern, seine persönliche Leistungsfähigkeit zukünftig auszuschöpfen. Hierbei ist grundsätzlich zu berücksichtigen, dass ein Arbeitnehmer nicht zur Erzielung bestimmter Arbeitserfolge verpflichtet ist und daher nur dazu angehalten werden kann, seine persönliche Leistungsfähigkeit auszuschöpfen (BAG, Urteil vom 27. November 2008 – 2 AZR 675/07).

Kündigung

Sollte der Arbeitgeber nach Ausspruch einer einschlägigen Abmahnung für sich nur noch den Ausspruch einer ordentlichen Kündigung als Mittel sehen, kann diese als verhaltens- oder personenbedingte Kündigung gerechtfertigt sein.

Eine verhaltensbedingte Kündigung setzt voraus, dass man dem Arbeitnehmer eine Pflichtverletzung nachweisen kann. Hierbei kann eine längerfristige deutliche Unterschreitung der durchschnittlichen Arbeitsleistung einen Anhaltspunkt dafür bieten, dass der Mitarbeiter weniger arbeitet, als er eigentlich könnte. Eine personenbedingte Kündigung kommt hingegen in Betracht, wenn bei einem über längere Zeit erheblich leistungsschwachen Arbeitnehmer auch für die Zukunft mit einer schweren Störung des Vertragsgleichgewichts zu rechnen ist.

Insofern kommt es maßgeblich darauf an, ob die Arbeitsleistung die berechtigte Erwartung des Arbeitgebers von der Gleichwertigkeit der beiderseitigen Leistungen in einem Maße unterschreitet, dass ihm ein Festhalten an dem bestehenden Arbeitsvertrag unzumutbar wird (LAG Düsseldorf, Urteil vom 8. April 2009 – 7 Sa 1385/08).

Die Kündigung eines Minderleisters ist also grundsätzlich möglich, aber mit nicht unerheblichem Aufwand verbunden. Zunächst muss man die Leistungsmängel benennen; also Tatsachen vortragen, aus denen ersichtlich ist, dass die Leistungen des Arbeitnehmers deutlich hinter denen vergleichbarer Kollegen zurückbleiben, mithin die Durchschnittsleistung erheblich unterschreiten. Hier ist eine umfassende und vollständige Dokumentation unumgänglich, für die indes im Praxisalltag oftmals die Zeit fehlt. Grundsätzlich gilt, dass ein Mitarbeiter der vertraglichen Pflicht genügt, wenn er unter angemessener Ausschöpfung seiner persönlichen Leistungsfähigkeit arbeitet. Ein Arbeitnehmer verstößt gegen seine Leistungspflicht nicht allein dadurch, dass er die durchschnittliche Fehlerhäufigkeit aller Arbeitnehmer überschreitet (BAG, Urteil vom 17. Januar 2008 – 2 AZR 536/06).

Der Mitarbeiter wiederum muss auf die Vorwürfe seines Chefs reagieren und belegen, warum er mit seiner deutlich unterdurchschnittlichen Leistung – etwa aufgrund von altersbedingten Leistungsdefiziten, Beeinträchtigungen durch eine Krankheit oder auch betrieblichen Umständen – dennoch seine persönliche Leistungsfähigkeit ausschöpft.

Prof. Dr. jur. Bernd Halbe, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Medizinrecht, Rechtsanwälte Prof. Dr. Halbe, Rothfuß & Partner mbB, www.medizin-recht.com

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Prof. Dr. Bernd Halbe

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