Leitartikel

Gesundheitskompetenz: Wir gestalten mit!

Im digitalen Zeitalter sind Informationen über Gesundheit nur einen Mausklick entfernt. Damit eröffnet sich auch für Patientinnen und Patienten ein Tor zu einer unübersichtlichen Vielfalt an Auskünften. Dabei wissen wir, dass mehr als die Hälfte der Erwachsenen in Deutschland über eine nur eingeschränkte Gesundheitskompetenz – die Fähigkeit gesundheitsbezogene Informationen finden, verstehen und anwenden zu können – verfügt. Eine Herausforderung, mit der das gesamte Gesundheitswesen, Zahnärzte, Ärzte und weitere Gesundheitsberufe tagtäglich konfrontiert sind.

Gesundheitskompetenz, auch und vielleicht ganz besonders digitale Gesundheitskompetenz, ist eines der zentralen Themen des Gesundheitswesens im 21. Jahrhundert. Das wurde auch bei einer großen Fachtagung der Allianz für Gesundheitskompetenz Anfang Februar in Berlin sehr deutlich. Wir stecken mitten in einem Umbruchprozess. Experten sprechen sogar von einer digitalen Transformation, die alle Gesellschaftsbereiche nachhaltig verändern wird. Die Allianz – der neben dem BMG eine Vielzahl von Organisationen und Gesundheitsberufen angehören – hat sich zum Ziel gesetzt, Maßnahmen zu entwickeln, um die Gesundheitskompetenz kontinuierlich zu stärken. Auch die KZBV und die BZÄK gehören der Allianz an. In Paneldiskussionen wie auch in einem viel beachteten Workshop hat sich die KZBV hier eingebracht, wobei die Förderung der Mundgesundheitskompetenz schon lange zu unseren Arbeitsschwerpunkten gehört. Richtungsweisend haben wir das von uns schon im Juni 2017 entwickelte Strategiepapier „Mundgesundheitskompetenz“ in die Allianz eingebracht.

Unser Anspruch ist, dass alle Menschen – ungeachtet ihrer Lebensumstände – einen gleichberechtigten, barrierearmen Zugang zur Versorgung und zu zahnärztlichen Präventionsleistungen haben. Unser ganz besonderer Fokus gilt der Förderung der Gesundheitskompetenz vulnerabler Patientengruppen – seien es Pflegebedürftige oder Menschen mit einer Beeinträchtigung oder Menschen mit Migrationshintergrund. Auf der Tagung in Berlin haben wir deutlich gemacht, dass unsere Strategie die Grundlage für ein umfangreiches und ausdifferenziertes Informationsangebot bildet, bei dem wir ganz unterschiedliche Formate und Medien nutzen, um unsere Patienten zielgruppengerecht bei der Navigation im zahnärztlichen Versorgungssystem zu unterstützen. Dazu zählt insbesondere die seit Jahrzehnten anerkannte und sehr gut angenommene Patientenberatung der KZVen und Kammern. Dazu gehören auch unsere evidenzbasierten Broschüren für Patienten, Angehörige und Pflegefachkräfte, bei denen wir eng mit den Verbänden der freien Wohlfahrtspflege und dem Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste kooperieren. Viele Patienteninformationen der KZBV sind auch in mehreren Sprachen veröffentlicht.

Ein weiterer wichtiger Baustein ist die Vermittlung von Mundgesundheitskompetenz über digitale Medien und online verfügbare Informationen. Das umfasst beispielsweise ein Erklärvideo zum Heil- und Kostenplan, digitale Broschüren zum Download, eine spezielle Themen-Webseite zur Versorgung mit Zahnersatz oder einen virtueller Rundgang durch eine barrierearme Zahnarztpraxis. Uns ist es wichtig, die Mundgesundheitskompetenz unserer Patienten zu stärken. Dabei haben wir bei der Gestaltung der Rahmenbedingungen stets die patientenorientierte Ausrichtung im Blick. In der Planung ist derzeit ein neues Erklärvideo zur Verhütung von Zahnerkrankungen bei Pflegebedürftigen.

Digitale Kommunikation ist zwar ein zentraler Baustein, wenn es um niedrigschwellige Informationen und Wege zur Stärkung der Gesundheitskompetenz geht. Im zahnärztlichen Praxisalltag hat sich aber auch gezeigt, dass es auf ein austariertes Zusammenspiel von digitalen und analogen Informationsmedien ankommt. Das betrifft gerade vulnerable und nicht immer online-affine Gruppen wie ältere Menschen oder Pflegebedürftige, die wir besonders gezielt ansprechen wollen. Online-Medien sind kein Ersatz für ein zahnärztliches Gespräch vor oder nach einer Behandlung. Wir müssen immer die Bedürfnisse aller Patienten im Blick behalten – deswegen spielt die auf das Individuum ausgerichtete Sprechende Zahnmedizin eine große Rolle. Unser Ziel ist es, den Gestaltungsanspruch als zahnärztlicher Berufsstand im Prozess der digitalen Transformation deutlich zu machen und unsere Expertise einzubringen – im Sinne der Kollegenschaft und unserer Patientinnen und Patienten.

Dr. Wolfgang Eßer

Vorsitzender des Vorstands der KZBV

51567-flexible-1900

Dr. Wolfgang Eßer

Vorstandsvorsitzender der KZBV

Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung
Universitätsstr. 73,
50931 Köln

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