Editorial

Jetzt erst recht?!

Für viele steht der erste richtige Sommerurlaub seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie kurz bevor – andere sind schon mittendrin. Manches ist wieder unbeschwerter, aber die richtig lockere Aufbruchsstimmung will trotzdem nicht aufkommen, denn von Normalität sind wir immer noch weit entfernt. Kaum hatte man geglaubt, durch die zunehmende Zahl an Geimpften werde man die Pandemie zügig in den Griff bekommen, steht die Delta-Variante vor der Tür, die sich durch die aktuelle Reisetätigkeit rasch über den europäischen Kontinent verbreiten wird. Es steht zu befürchten, dass die niedrigen Inzidenzzahlen nicht von Dauer sein werden. Das trägt nicht unbedingt dazu bei, mit gutem Gefühl wieder richtig durchstarten zu können. Umso interessanter die Ergebnisse einer Umfrage unter 400 britischen Zahnärztinnen und Zahnärzten, die – ungeachtet der massiven Ausbreitung der Delta-Variante in Großbritannien – einen hohen Nachholbedarf sehen und in den nächsten zwölf Monaten richtig Gas geben wollen (zm-online berichtete). Nun hatte die Pandemie die britischen Zahnärztinnen und Zahnärzte besonders hart getroffen, aber dieses „Jetzt erst recht“-Gefühl ist sicherlich nachahmenswert. Daher stellen wir in den „zm“ auch immer wieder Gründerinnen und Gründer vor, die sich von der Pandemie nicht haben beeindrucken lassen. 

Das politische Berlin ist inzwischen auch in die Sommerpause gegangen, allerdings nimmt der Bundestagswahlkampf langsam, aber sicher Fahrt auf. Nachdem der Höhenflug der Grünen ziemlich jäh endete, ist wieder viel offen. Die Bundeszahnärztekammer (BZÄK) und die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) haben sich darauf vorbereitet. In den vergangenen Wochen tagten die legislativen Organe der BZÄK und der KZBV wieder in Präsenz. Beide Standesvertretungen haben sich dort deutlich positioniert – die BZÄK mit ihren „Gesundheitspolitischen Positionen zur Bundestagswahl 2021“ und die KZBV mit der „Agenda Mundgesundheit 2021–2025“. Auf beiden Versammlungen waren deutliche – und vor allem selbstbewusste – Worte zu hören. Nachdem die Politik die Zahnärzteschaft zu Beginn der Pandemie im Stich gelassen hatte, meisterten die deutschen Zahnärztinnen und Zahnärzte die Krise aus eigener Kraft. Zurück bleiben zwei Erkenntnisse: Auf die Politik ist im Zweifel kein Verlass (sicher keine ganz neue Erkenntnis) und die Zahnärzteschaft leistet dessen ungeachtet ihren Teil für die medizinische Versorgung in Deutschland.

Beides geht einher mit einem neuen Selbstbewusstsein. Nicht laut und schrill, sondern gespeist aus dem Verständnis, sich mit den eigenen Leistungen nicht verstecken zu müssen. Dazu scheint auch in der Politik langsam anzukommen, dass Mundgesundheit ein zentraler Bestandteil der medizinischen Versorgung ist, dem entsprechend Rechnung getragen werden muss. Aber man darf sich natürlich nichts vormachen, Ressentiments gegenüber der Zahnärzteschaft werden in der Politik auch weiterhin existieren – parteipolitisch unterschiedlich ausgeprägt. Abbauen lassen sich diese nur durch kontinuierliche Aufklärungsarbeit über die Bedeutung der Zahnmedizin.

Diese Ausgabe der „zm“ setzt den umfangreichen Fortbildungsteil zur digitalen Zahnmedizin fort. Neben den digitalen Innovationen in der Prothetik beschäftigen wir uns mit der Digitaltechnik in der Kieferorthopädie sowie mit den Perspektiven der Datenzahnmedizin unter Einbeziehung von Künstlicher Intelligenz. Wir wünschen viele neue Erkenntnisse.

Ans Herz möchte ich Berlin-Besucherinnen und -Besuchern noch die Ausstellung „schrecklich schön. Elefant – Mensch – Elfenbein“, die ab dem 20. Juli im Humboldt Forum im Stadtschloss zu sehen sein wird. Das Besondere: Es werden auch Exponate des Dentalhistorischen Museums aus dem sächsischen Zschadraß gezeigt. Wir berichten schon einmal in diesem Heft.

Nicht vergessen: Auch die „zm“ gehen in eine kleine Sommerpause. Wir erscheinen wieder am 16. August mit einer Doppelausgabe. Tagesaktuelle Informationen gibt es bis dahin natürlich wie immer auf „zm-online“.

Genießen Sie den Sommer.

Sascha Rudat

Chefredakteur

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