Die Patienten im Blick
Auch jenseits der Pandemie dreht sich zum Glück das gesundheitspolitische Leben weiter. Aus zahnärztlicher Sicht gibt es durchaus Positives zu vermelden. Zum 1. Juli geht die neue PAR-Richtlinie an den Start (wir berichteten bereits). Damit wird ein neues Kapitel in der Parodontits-Behandlung in Deutschland aufgeschlagen. Die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) hat dazu mit dem GKV-Spitzenverband einen Leistungskatalog verhandelt, der eine angemessene Vergütung der neuen Behandlungsstrecke sicherstellt. Nur so ist es möglich, die systematische und wissenschaftliche fundierte Parodonitis-Behandlung in der Fläche zu etablieren. Dies wird sicher ein langfristiger Prozess werden, an dessen Ende eine bessere Zahngesundheit der Bevölkerung steht. Denn das Wissen um die Entstehung, die Folgen und die Behandlungsmöglichkeiten der Parodonitis ist derzeit in der Bevölkerung noch sehr unterentwickelt. Die Bundeszahnärztekammer (BZÄK) hat sich deshalb zum Ziel gesetzt, entsprechende notwendige Aufklärung zu leisten.
Um das Patientenwohl ging es auch bei der Anhörung im Gesundheitsausschuss des Bundestages zum Thema Aligner-Behandlung am 17. Mai. Die FDP-Fraktion hatte einen Antrag gestellt, in dem Maßnahmen gefordert werden, die unterbinden sollen, dass Aligner-Behandlungen nicht mehr von gewerblichen Unternehmen ohne eine umfassende zahnärztliche Begleitung angeboten werden können. „Im Internet werden inzwischen immer mehr Behandlungen angeboten, die keine vollumfängliche Betreuung durch einen Zahnarzt oder Kieferorthopäden sicherstellen“, heißt es in dem FDP-Antrag. KZBV und BZÄK machten in der Anhörung deutlich, dass die Patientensicherheit Vorrang haben muss. Gerade bei der sensiblen Behandlung von Zahnfehlstellungen mittels Alignern müsse die Verantwortung und engmaschige Begleitung durch Zahnärzte oder Kieferorthopäden bei jedem Behandlungsschritt sichergestellt sein. Gleichzeitig forderten sie neue gesetzliche Regelungen, da die gewerblichen Anbieter mit dem Zahnheilkundegesetz nicht zu greifen sind. Auch wenn offen ist, wie es mit dem FDP-Antrag weitergehen wird, so ist nach Meinung der Beteiligten erstmals gelungen, auf breiter Basis ein Problembewusstsein bei den Bundestagsfraktionen zu schaffen. Denn vielen Abgeordneten war offenbar nicht klar, dass bei nicht sachgemäß durchgeführten Aligner-Behandlungen Patienten zu Schaden kommen können – und dass es sich dabei inzwischen nicht mehr nur um Einzelfälle handelt.
Beides zeigt, wie sich die Selbstverwaltungsorgane durch eine beharrliche und sachlich fundierte politische Arbeit zu verlässlichen Anwälten des Patientenwohls machen. Das zahlt auch auf eine positiv besetzte Wahrnehmung durch die politischen „Gegenspieler“ ein und ist sicher auch mit Blick auf die nicht absehbaren politischen Konstellationen nach der Bundestagswahl im Herbst nicht von Schaden.
Am 4. und 5. Juni kommt nun endlich die Bundesversammlung der BZÄK in Berlin zusammen, um einen neuen Geschäftsführenden Vorstand (GV) zu wählen. Pandemie-bedingt musste die Wahl im vergangenen Herbst verschoben werden. Der jetzige GV, der in dieser Zusammensetzung fast zehn Jahre an der Spitze der BZÄK stand, blickt in diesem Heft in einem Interview auf seine Arbeit zurück. Auf den neuen GV warten nicht wenige Aufgaben, die es anzugehen gilt.
Außerdem berichten wir in diesem Heft über die Behandlung eines stark übergewichtigen Patienten und die damit verbundenen praktischen Schwierigkeiten. Damit, dass Zahnärztinnen und Zahnärzte nicht nur ihre Patienten im Blick haben sollten, sondern auch ihre eigene Gesundheit, befasst sich ein Artikel zum Thema Ergonomie in der Zahnarztpraxis, der zeigt, dass es auch auf die richtige Haltung ankommt. In zm-starter berichten wir unter anderem, wie es mit Praxisgründer Philipp Tavrovski weitergeht. Die Finanzierung steht, die Personalsuche läuft an.
Viel Spaß bei der Lektüre!
Sascha Rudat
Chefredakteur