IDZ-Studie

Wie ist das Berufs- und Selbstbild junger Zahnärztinnen und Zahnärzte?

David Klingenberger
Das neue Buch „Junge Zahnärztinnen und -ärzte“ von Nele Kettler wurde in der zm 15/16 bereits vorgestellt. Kettler, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut der Deutschen Zahnärzte (IDZ), hat über mehrere Jahre hinweg die Einstellungen der sogenannten Generation Y untersucht und die Ergebnisse in ihrem Buch vorgestellt. Wie insbesondere das Berufs- und Selbstbild der jungen Generation aussieht, wird nachfolgend vorgestellt.

Nichts in der Geschichte des Lebens ist beständiger als der Wandel“, sagte bereits Charles Darwin, der Vater der Evolutionstheorie. Für die Zahnmedizin kann dieser Wandel so beschrieben werden: „Die zahnmedizinische Versorgung in Deutschland ist in einem Wandel begriffen. Dieser umfasst eine veränderte epidemiologische Ausgangssituation und damit andere Versorgungsbedarfe auf der einen Seite; hinzu kommt eine Angebotsseite (Zahnärzte), die einem Strukturwandel unterliegt“ [Jordan, 2019]. Der Berufsstand versteht sich allerdings keineswegs als „passiver Erdulder“ dieser doppelten Dynamik von Angebot und Nachfrage, sondern möchte als „aktiver Gestalter“ an diesem Wandel mitwirken. Hintergrundwissen kann da nicht schaden.

Der Wandel im Berufsstand betrifft besonders junge Zahnärztinnen und Zahnärzte, die am Beginn ihres Berufslebens stehen. Die Frage ist, inwieweit sie die Entwicklungen beeinflussen können und wie sie mit den beruflichen Rahmenbedingungen umgehen. Daher lohnt ein intensiverer Blick auf die beruflichen Erfahrungen, Wünsche und Sorgen dieser Generation.

Die Ansichten der jungen Zahnärztinnen und Zahnärzte über den von ihnen gewählten Beruf werden gemeinhin als „Berufsbild“ bezeichnet. Im statistischen Zahlenbild der Antworten, die das IDZ im Laufe von drei Befragungswellen (2014/2015, 2017, 2019) erhalten hat, kristallisiert sich ein relativ einheitliches Rollenverständnis heraus. Hier wirkt der Prozess der beruflichen Sozialisation durchaus prägend. In diesem Prozess prägen Einflüsse und Erfahrungen die Einstellung wie bereits zuvor die primäre Sozialisation im Elternhaus. Sind oder waren bereits die Eltern zahnärztlich tätig, so hat diese frühe familiäre Sozialisation in der Regel Einfluss auf das spätere Berufsbild.

Was hat sich verändert?

Die während des Sozialisationsprozesses stattfindende Auseinandersetzung mit Arbeitsanforderungen und -bedingungen der Profession formt die Persönlichkeit bereits während des Studiums (Sozialisation in die Profession) und darüber hinaus während des Berufslebens (Sozialisation in der Profession). Zunächst erfolgt im Studium die Aneignung von zahnmedizinischem Wissen und Fertigkeiten. Auch die Interaktionskompetenzen sowie die Fähigkeiten, Entscheidungen zu treffen, umzusetzen und zu verantworten, extreme Belastungen auszuhalten und Affekte kontrollieren zu können, werden in diesem Prozess geschult. In dieser prägenden Phase haben neben der eigenen Persönlichkeit sowohl Idealvorstellungen als auch Vorbilder aus dem beruflichen Umfeld Einfluss auf das Rollenbild.

Das Berufsbild und die Motive, sich für diese Profession zu entscheiden, stehen in enger Beziehung zueinander. Während sich in den Motiven eher die traditionellen Aspekte der Profession widerspiegeln, zeichnen sich im Berufsbild deutlicher Veränderungen ab. Ein grundlegendes Motiv, das sich immer wieder findet, ist der handwerkliche Aspekt der Tätigkeit. Dieser spiegelt das traditionelle Rollenbild des Zahnarztes wider, konkret beispielsweise bei der Restaurierung oder dem Ersatz eines einzelnen Zahnes. Eine Weiterentwicklung dieses traditionellen Motivs stellt dann nicht mehr auf den einzelnen Zahn ab, sondern auf den Patienten als Menschen. Der Prototyp der modernen Zahnärztin beziehungsweise des modernen Zahnarztes ist stärker medizinisch orientiert. Fortschrittliche Möglichkeiten der Behandlung oder eine partizipative Zahnarzt-Patienten-Beziehung können ebenfalls das Berufsbild und Selbstverständnis der nachwachsenden Generation in einer neuen Art und Weise prägen.

Im Umgang mit den veränderten Anforderungen an die Profession wurde bereits vor 20 Jahren ein Trend zu Spezialisierungen beobachtet. Darüber hinaus wurde gleichzeitig der Wunsch nach vereinfachten Anstellungsmöglichkeiten geäußert, um der Vielzahl der Anforderungen gerecht werden zu können [Härlen und Kultermann, 2000]. Daher wichen Zahnärztinnen und Zahnärzte in der Konsequenz vermehrt auf Tätigkeitsformen aus, die eine Reduzierung durch Arbeitsteilung ermöglichten, wie etwa kooperative Praxisformen – das traditionelle Bild des (männlichen) Zahnarztes als Einzelkämpfer, das sich in den 1950er- und 60er-Jahren hierzulande etablierte, begann sich damit am Anfang des 21. Jahrhunderts zu wandeln.

Auch für die nachrückende Generation spielt die (fein-)handwerkliche Komponente der Tätigkeit weiterhin eine große Rolle bei der Berufswahl. Nahezu ebenso wichtig ist ihnen dabei der medizinische Aspekt. Zahnärztinnen und Zahnärzte, deren Eltern ebenfalls zahnärztlich tätig sind, schätzen dagegen vor allem den Abwechslungsreichtum ihrer zukünftigen Tätigkeit sowie die Möglichkeit, schnell in die Selbstständigkeit gehen zu können.

In einigen Aspekten unterscheidet sich die berufliche Eigenwahrnehmung übrigens zwischen Frauen und Männern. Während Zahnärztinnen, wie bei den Beweggründen für die Wahl ihrer Profession, eher soziale Aspekte der Tätigkeit wichtig sind, spielt bei den männlichen Kollegen der medizinische Aspekt eine größere Rolle.

Im Studium und in die ersten Berufsjahre hinein wurde untersucht, wie sich junge Zahnärztinnen und Zahnärzte selbst wahrnehmen. Die Befragten sehen sich oftmals als Vertrauensperson und als ganzheitliche Zahnbehandler/-innen. Die in 2019 bereits niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen verstehen sich hingegen häufig als Zahnärztin oder Zahnarzt aus Familientradition, die Hälfte von ihnen hat zahnärztlich tätige Eltern.

Weitere häufig genannte Facetten des zahnärztlichen Selbstbilds verändern sich dagegen mit fortschreitender Berufserfahrung, wie etwa die Eigenwahrnehmung als passionierte/r Handwerker/-in oder als medizinisch Spezialisierte/r. Dabei ist es nicht ungewöhnlich, dass sich Aspekte des Berufsbilds nach Berufseintritt und im weiteren Verlauf des Erwerbslebens wandeln. Teilweise weichen (zu) ambitionierte Zielsetzungen früher oder später „realistischeren“ Vorstellungen.

Allzu blumige Vorstellungen und Erwartungen über den künftigen Berufsalltag bergen natürlich immer die Gefahr der späteren Enttäuschung. Berufliche Zufriedenheit wirkt hingegen in der Regel motivierend: Hoher subjektiver Erfolg kann insofern zu höherem objektiven Erfolg führen, das heißt, Menschen, die mit ihren Karriereerfolgen subjektiv zufrieden sind, erreichen mit der Zeit vergleichsweise höhere Einkommensstufen und einen höheren beruflichen Status [Abele et al., 2010].

Die Ergebnisse aus der IDZ-Studie zeigen jedenfalls eines deutlich: Die Zufriedenheit nimmt mit jeder beruflichen Statusphase zu (Grafik). Die Unterschiede sind signifikant: Am zufriedensten mit ihren beruflichen Fortschritten sind die etwa vier Jahre nach ihrer Approbation bereits niedergelassenen jungen Zahnärztinnen und Zahnärzte. 

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