„Wir müssen die Standespolitik entstauben!“
Aller Anfang ist bekanntlich schwer – das gilt auch für die Standespolitik. Die größte Hürde besteht darin, zum Mitglied der Kammerversammlung gewählt zu werden. Als standespolitischer Neuling und junger Kollege muss man sich deshalb umso mehr anstrengen, um auf sich aufmerksam zu machen.
Im Vorfeld der Wahlen im Sommer 2020 habe ich deswegen meine regionalen Kolleginnen und Kollegen in ihren Praxen besucht, mich persönlich vorgestellt und meine Ideen von moderner Standespolitik präsentiert. Denen ist vor allem eines klar geworden: Da will sich jemand für die regionale Kollegenschaft engagieren – über das normale Maß hinaus. Dafür gab es reichlich Zustimmung und Bestätigung, die mich in diesem Prozess sehr unterstützt und ermutigt haben.
„Wenn nicht du, wer dann?“ Stimmt!
Unverhofft erhielt ich WhatsApp-Nachrichten ehemaliger Kommilitoninnen und Kommilitonen: „Wenn nicht du, wer dann? Klasse, dass du dich für uns einsetzt!“ Dass ich dann gleich im ersten Anlauf zum Mitglied der Kammerversammlung gewählt worden bin, hat wohl einige „alte Hasen“ erstaunt, mich aber dafür umso mehr mit Vorfreude auf die vor mir liegenden Herausforderungen erfüllt. Im Herbst 2020 wurde ich dann auch noch zum Delegierten der Bundesversammlung der BZÄK ernannt. Engagement wird gesucht und schlussendlich auch belohnt.
In meiner Funktion als Vorsitzender des Ausschusses „Beruflicher Nachwuchs, Praxismanagement und Familie“ war ich überrascht davon, wie viel Beachtung juristischen Aspekten geschenkt werden muss. Es ist ein gutes Gefühl, dass der gesamte Vorstand und die Verwaltung der Zahnärztekammer Niedersachsen standespolitischen Neulingen wie mir aufgeschlossen gegenüberstehen und diese aktiv unterstützen. Meiner Meinung nach ist dies eine wichtige Grundvoraussetzung, um dem Nachwuchs Lust auf Standespolitik zu machen.
Mehr auf zm-online
Eine Praxisübernahme ziemlich bester Freunde
Wie Fabian Godek zusammen mit seiner Kommilitonin Lisa Piecha ins Abenteuer eigene Praxis startete, lesen Sie auf zm-online.de
Leider scheint dies nicht in allen standespolitischen Gruppierungen gegeben zu sein: So komme ich stark ins Grübeln, wenn ich lese, dass ein neu gewählter Bundesvorstand des Freien Verbands Deutscher Zahnärzte (FVDZ) vor allem die junge Generation in den Fokus nehmen will, aber gleichzeitig nicht ein Mitglied eben dieses Vorstands als – bei allem Respekt – „jung“ bezeichnet werden kann. Umso erfreulicher finde ich, wenn es auf Landesebene wie bei uns mit den Zahnärzten für Niedersachsen (ZfN) alternative Gruppierungen gibt, bei denen die „alte“ und die „junge“ Generation gemeinsam standespolitische Wege einschlagen.
Die Jungen sind im Fokus, aber nicht im Vorstand?
Sich auf diesen Weg zu begeben, bedeutet aber eben auch Mehrarbeit: Als Existenzgründer im Jahr 2019 liegt mein beruflicher Fokus selbstverständlich größtenteils auf der Etablierung und Entwicklung meiner Praxis. Das standespolitische Engagement bedeutet durchschnittlich etwa fünf bis zehn Stunden zusätzlicher Aufwand pro Woche, je nach Jahres- und Sitzungszeit und dies vornehmlich in den Abendstunden oder an freien Nachmittagen. Diese Extra-Termine wahrnehmen zu können, erfordert einen gut geführten Kalender und wäre ohne die Flexibilität und Unterstützung meiner Kollegin Lisa Piecha nur deutlich schwieriger zu realisieren.
Aber: Es ist möglich und auch hier werden inzwischen durch variable Sitzungstermine – auch online – vermehrt flexible Strukturen geschaffen! Denn die Standespolitik braucht vermehrt junge Kolleginnen und Kollegen, die sich engagieren und so weiterhin eingestaubte Vorurteile abbauen sowie aktiv neue Lebens- und Berufsausübungsmodelle etablieren. Und die Mehrarbeit lohnt sich, erhält man dadurch doch die Möglichkeit, zahnärztliche Selbstverwaltung aktiv mitzugestalten und die eigenen Vorstellungen einer modernen Berufsausübung zu realisieren.