Die zm-Kolumne rund um die relevanten Praxisfragen

Ein Chef muss führen

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Christian Henrici
Fehlende Führung führt zu innerer Kündigung. Wer meint, dass das Team alles untereinander schon regeln wird, muss sich nicht wundern, wenn das schiefgeht.

Das Personal ist in den meisten Praxen ein großes Thema. Doch selbst wenn der Inhaber ein wunderbarer Mensch und Behandler ist, ist dies kein Garant dafür, dass er sein Personal an sich bindet. Nicht einmal, wenn er ein gutes Gehalt zahlt. Viel eher scheitert es oft an der Fähigkeit, ein Team entsprechend zu führen. Selbst ein Führungsstil, der im Kleinen gut funktioniert, kann bei einem wachsenden Team versagen. Auch kann sich der vermeintliche Glücksgriff mit der Neueinstellung als Unruhestifterin herausstellen, die man aber behält, weil es ohnehin schon zu wenig Personal gibt.

Fehlende Führung führt zu innerer Kündigung

So oder so: Wer meint, dass das Team alles untereinander schon regeln wird, muss sich nicht wundern, wenn er nicht das Personal hat, das er sich wünscht. Denn fehlende (Führungs-)Strukturen führen über kurz oder lang zu Unfrieden und innerer Kündigung. Es ist immer wieder erschreckend für mich zu sehen, wie sich – insbesondere bei den guten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern – dieser Prozess einschleicht.

Bekomme ich Gelegenheit, noch mit den ausscheidenden Angestellten zu sprechen, geht das Feedback oft in die gleiche Richtung: Die Mitarbeiter sehen sich mit der Situation in der Praxis überfordert und fühlen sich vom Inhaber allein gelassen. Sei es mit den Problemen im Team, mit den eingefahrenen, ineffektiven Prozessen oder in der tagtäglichen, immer schwieriger werdenden Kommunikation mit den Patienten. Oft fehlt ihnen auch einfach die Möglichkeit, mal etwas thematisieren zu können, ohne gleich als „Querulant“ da zu stehen.

Auch der Punkt der fehlenden Anerkennung ist nicht zu unterschätzen. Getreu dem Motto „Nicht geschimpft ist genug gelobt“ bleiben Bestätigungen durch die Praxisleitung aus. Großes Engagement und Einsatz mit Herzblut werden als selbstverständlich hingenommen. Schließlich zahlt man doch (vermeintlich) dafür. Dabei sollten doch gerade in Zeiten des Fachkräftemangels Anerkennung und ein lobendes Wort zum guten Praxiston gehören. Ich bin mir sicher, dass auch Sie sich darüber freuen würden. 

20.000 Euro kostet eine einzige Fluktuation

Es gibt noch immer so viele Praxis-inhaber, die lieber Unsummen in die Gewinnung neuen Personals investieren, als ihre guten Mitarbeiter an sich zu binden und zu fördern. Bereits 1994 beschrieb Günther H. Schust in seinem Buch „Total Performance Management“, dass die Fluktuationskosten für eine qualifizierte Fachkraft, die nach nur neun bis zwölf Monaten das Unternehmen verlässt, auf das Ein- bis Zweifache des Jahresgehalts geschätzt werden. Heutzutage liegen die Kosten der Fluktuation sogar noch drüber. Geld, das der Praxis am Ende fehlt.

Wenn Sie es sich aussuchen können, tanken Sie doch auch lieber an der Tankstelle mit der freundlichen Servicekraft, gehen in das Einkaufszentrum mit dem charmanten Kassierer und essen am liebsten in der Pizzeria ums Eck, weil es dort nicht nur die beste Pasta, sondern auch mit Abstand die netteste Bedienung gibt? Warum sollten Sie also dem Irrglauben unterliegen, dass es den Patienten egal ist, wie freundlich und nett Ihr Praxisteam ist? 

Irgendwann bröckelt die Fassade

Tatsache ist, dass man – egal ob als ZFA oder Inhaber – nur begrenzt die berühmte „gute Miene zum bösen Spiel“ machen kann. Irgendwann bröckelt die Fassade. Die Stimmung im Team wird schlecht, der Patient nervt und überhaupt macht man bestenfalls noch Dienst nach Vorschrift. Die innere Kündigung hat längst begonnen. Als Chef in der Situation aus eigener Kraft das Ruder herumzureißen, ist alles andere als einfach. Aber nicht unmöglich. Man muss nur wissen, wo man ansetzen soll.

In einem persönlichen Gespräch mit Ihrem Team werden Sie vermutlich nie eine aufrichtige Antwort bekommen. Um herauszufinden, wo im Allgemeinen und wo vielleicht nur vereinzelt der Schuh drückt, bietet sich daher eine Mitarbeiterbefragung an. Sie ist anonym und ihr Team kann ehrlich antworten, ohne Konsequenzen befürchten zu müssen.

Idealerweise wählt man für die Praxisteambefragung einen Anbieter, der sich auf Arztpraxen spezialisiert hat. Dabei gibt es mittlerweile sogar Modelle, die Befragungen als Abo anbieten, so dass eine Erhebung turnusmäßig und ohne hohe Kosten durchgeführt werden kann. Eine regelmäßige Befragung hat gleich mehrere Vorteile: Zum einen ist sie für die Mitarbeiter ein Zeichen, dass ein echtes Interesse an dem Team besteht. Allein diese Tatsache motiviert. Zum anderen erkennt man anhand der Auswertungen, ob die eingeleiteten Optimierungsmaßnahmen bereits greifen.

Wer sich dabei den Verbesserungsprozess allein nicht zutraut, bucht eine Variante inklusive Beratungsleistung. Damit hat man die entsprechende Hilfestellung und professionelle Unterstützung bei der Optimierung der Praxissituation gleich inbegriffen. Auch ein Mitarbeiter-Coaching ist sehr hilfreich. Generell haben mein Team und ich die Erfahrung gemacht, dass man mit Mitarbeiter-Workshops durch externe Berater schneller Erfolge verbuchen kann. Sofern natürlich die Leitung wirklich eine Veränderung der Praxiskultur wünscht. Die Offenheit gegenüber einer fremden Person ist oft viel ungehemmter und ehrlicher. Auch werden deren Empfehlungen eher akzeptiert. 

Und reden Sie mit Ihrem Team und hören Sie zu

Reden Sie mit Ihrem Team, hören Sie ihm zu. Ganz gleich wie klein oder groß Ihr Praxisteam ist: Reibungen und Unstimmigkeiten gibt es überall. Und der (wirtschaftliche) Erfolg der Praxis ist so eng umwoben mit der Zufriedenheit des Praxisteams, das man dies wirklich nicht außer Acht lassen sollte.

Manchmal hilft schon ein kleiner Motivationskurs, eine Schulung für den besseren Umgang mit Absagen der Patienten oder ein Workshop für den Verkauf von Zusatzleistungen. Sofern Sie das Gefühl haben, dass Ihr Team noch nicht innerlich gekündigt hat, planen Sie ein gemeinsames Event und schaffen Sie (nicht-monetäre) Anreize.

Probieren Sie Feedback-Gespräche oder – wenn Sie sicher sein möchten, dass das Feedback auch wirklich ehrlich ist – versuchen Sie es mal mit einer anonymen Team-Befragung. Ihr Team wird Ihre Bemühungen mit Motivation und Loyalität danken. Und last but not least steigern Sie erheblich den Wert Ihrer Arbeitgebermarke.

Die Quintessenz aus all diesen Dingen ist, dass Sie wahrscheinlich nie wieder eine wichtigere Kennzahl messen werden als die der Mitarbeiterzufriedenheit.

Kleiner Tipp: Ich habe vor einigen Wochen ein Interview auf dem YouTube-Channel von Dr. Stefan Helka dazu gegeben. Schauen Sie einmal rein. Einfach nach „Henrici“ suchen.

Ihr Christian Henrici

zusammen mit Marc Barten, Mitglied im Team Praxisflüsterer

E-Mail: Henrici@opti-hc.de

www.opti-hc.de

Christian Henrici

Dipl. Kfm. Christian Henrici ist seit 2006 Gründer und Geschäftsführer der OPTI health consulting GmbH, die nach eigenen Angaben seit 2006 rund 3.000 Zahnarztpraxen in Deutschland beraten hat. Henrici ist Lehrbeauftragter und Referent für Controlling, Personal und Businessplanung. Als Autor erschien von ihm im Quintessenz-Verlag das Buch „Wer braucht schon gutes Personal? – Erfolgreich führen in der Zahnarztpraxis“. Christian Henrici schreibt Fachbeiträge zu den Themen Betriebswirtschaft, Organisation und Führung & Personal in der Zahnarztpraxis und seine regelmäßige Kolumne in den zm.

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