Es ist ein Meilenstein
Mit der neuen PAR-Richtlinie wird die parodontologische Versorgung ab dem 1. Juli auf eine neue Grundlage gestellt. Wir Zahnärzte bekommen damit die notwendigen Instrumente in die Hand, um den jahrelangen Stillstand in der Parodontitistherapie endlich zu beenden. Unsere Vorstellungen einer zeitgemäßen Versorgung haben wir in der Zahnärzteschaft gemeinsam mit der Wissenschaft bereits vor Jahren klar formuliert: Wir brauchen die sprechende Zahnmedizin, um unsere Patientinnen und Patienten in der Therapie „mitzunehmen“ und um die Mundgesundheitskompetenz zu stärken. Wir müssen die Ergebnisse der Therapie evaluieren können. Ebenso müssen wir den Behandlungserfolg durch eine unterstützende Parodontitistherapie nachhaltig sichern können.
Die Zeichen standen gegen uns: Das IQWiG hatte der Unterstützenden Parodontitistherapie (UPT) die Evidenz abgesprochen, der Nutzen der sprechenden Zahnmedizin wurde infrage gestellt, die Beratungen im G-BA waren oft von harten und langwierigen Verhandlungen geprägt. Und auch innerhalb der Zahnärzteschaft war manche intensive Diskussion über den richtigen Kurs zu führen.
Heute können wir feststellen: Wir haben mit der PAR-Richtlinie im G-BA alle unsere Ziele erreicht und die Erwartungen mehr als erfüllen können. Gelungen ist uns das mit einer klaren Zielvorstellung, zäher Verhandlungstaktik und insbesondere einem engen Schulterschluss mit der Wissenschaft. Den Nutzen der UPT als dem zentralen Element einer zeitgemäßen Behandlung haben wir gegen alle Widerstände und Verfahrenshindernisse auch nach den hohen Standards des G-BA belegen und sie so in die Versorgung bringen können. Auch die sprechende Zahnmedizin ist nun im Leistungsgeschehen fest verankert. Das Gleiche gilt für die individuelle Mundhygieneunterweisung, ein weiterer wichtiger Baustein in der neuen Behandlungsstrecke. Bei all diesen Bemühungen standen dabei immer unsere Patienten im Mittelpunkt und damit die Frage, wie deren Versorgung wirklich verbessert werden kann.
Doch die fachliche Fundierung ist nur die eine Seite des Erfolgs. Es war immer klar, dass eine echte Verbesserung in der Versorgung auch im Sinne unserer Patienten nur dann gelingen kann, wenn unsere Zahnärztinnen und Zahnärzte die neuen Leistungen auf einer betriebswirtschaftlich tragfähigen Grundlage erbringen können. Und auch hier können wir heute sagen: Wir haben dieses Ziel erreicht. Nach intensiven Verhandlungen im Bewertungsausschuss haben wir uns mit dem GKV-Spitzenverband im Konsens auf ein Paket einigen können, das die systematische Parodontitistherapie endlich angemessen vergütet. Damit revidieren wir die Folgen der schweren politischen Fehlentscheidungen, die mit der zwangsweisen Abwertung der PAR-Leistungen 2003 und 2004 einhergingen.
Fachlich und betriebswirtschaftlich ist nun der Weg bereitet, der Parodontitis wirksam eine zeitgemäße wissenschaftlich gestützte Behandlung entgegenzusetzen. Denn der Handlungsbedarf ist groß. Parodontitis ist keine Bagatellerkrankung. Es gilt, die Versorgungslücken, die sich in der Vergangenheit aufgetan haben, zu schließen. Wir sind daher als Zahnärztinnen und Zahnärzte jetzt gefordert, die Prävention und Früherkennung und die Therapie voranzubringen, um insgesamt die Mundgesundheit unserer Patientinnen und Patienten zu verbessern. Dafür ist der Instrumentenkoffer gut gefüllt. Wir können im Einklang mit der Wissenschaft die Behandlung aktiv gestalten und die vor uns liegenden Herausforderungen meistern. Die Parodontitistherapie wird ab dem 1. Juli 2021 auf neue, feste Füße gestellt. Natürlich gilt es, den Informationsbedarf, der sich aus dieser Neustrukturierung naturgemäß ergibt, umfänglich zu stillen. Wir werden hierzu in bewährter Weise in Kürze alle notwendigen Informationen aufbereiten, damit die gesamte Kollegenschaft gut gerüstet ist. Und auch neben der Behandlung der Parodontitis im engeren Sinne liegen weitere große Aufgaben vor uns. Die kausalen Bezüge von Parodontalerkrankungen mit systemischen Erkrankungen wie Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder rheumatoider Arthritis werden wir zukünftig verstärkt in den Blick nehmen müssen. Gemeinsam mit der Wissenschaft und den ärztlichen Kollegen werden wir neue Formen der interdisziplinären Kooperation schaffen müssen. Nach den erzielten Erfolgen sind wir uns sicher, dass uns auch das im Sinne der Versorgung gelingen wird. Heute können wir uns jedoch zunächst über die großen Erfolge freuen, die wir als Zahnärzteschaft erreicht haben.
Dr. Wolfgang Eßer
Vorsitzender des Vorstandes der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung
Martin Hendges
Stellvertretender Vorsitzender des Vorstandes der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung
Dr. Karl-Georg Pochhammer
Stellvertretender Vorsitzender des Vorstandes der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung
Einen Beitrag zur neuen PAR-Richtlinie finden Sie auf Seite 12.