Im System auch mal die Spur wechseln
Mit einem Beschluss hatte die Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen ihre Vorstellungen zur Weiterentwicklung der Krankenversicherung konkretisiert – zuvor hatte sie die Marschrichtung bereits in ihrem Wahlprogrammentwurf festgelegt. Ziel ist eine Bürgerversicherung für alle, die auf den Prinzipien der gesetzlichen Krankenversicherung fußt und in der alle – unabhängig vom Einkommen – verlässlich abgesichert und qualitativ hochwertig versorgt sind. Prävention und Gesundheitsförderungen sollen einen hohen Stellenwert haben.
Die Grünen wollen außerdem einen „Spurwechsel zwischen dem privaten und dem gesetzlichen Weg der Krankenversicherung“ ermöglichen. Damit das klappt, wollen sie ein Ausgleichssystem aufbauen, in dem die Versicherten die individualisierbaren Bestandteile der Altersrückstellung in die gesetzliche Krankenversicherung mitnehmen können, wenn sie ein privates Krankenversicherungsunternehmen verlassen.
Verbesserungsbedarf sieht die Partei in beiden Bereichen – sowohl bei der PKV als auch bei der GKV. Hier ihre Vorschläge:
1. Mehr Wahlfreiheit
Mehr Transparenz für Versicherte in der PKV: Die Privaten Krankenversicherungen sollen gesetzlich verpflichtet werden, ihre Mitglieder von sich aus regelmäßig und detailliert über mindestens ebenbürtige und zugleich preisgünstigere Tarife im gleichen Unternehmen zu informieren.
Für mehr Verbraucherschutz sollen der PKV-Ombudsmann unabhängiger und die Unabhängige Patientenberatung Deutschland (UPD) stabiler finanziert werden.
Beim PKV-Basistarif sollen Prämien reduziert werden, die ärztliche Vergütung soll mindestens wie bei der GKV erfolgen.
Bei den Verträgen mit Leistungserbringern soll die PKV sich mehr im Sinne der Qualität der erbrachten Leistungen einbringen.
Erleichterung beim Krankenkassenwechsel: Privat Versicherte sollen ihre Altersrückstellung zu einem anderen Unternehmen mitnehmen können. Hierzu soll ein Ausgleichssystem geschaffen werden.
Wahlfreiheit für Beamte: Sie sollen die freie Kassenwahl erhalten und auch in die GKV wechseln können – zum Beispiel durch beihilfefähige Tarife in der GKV.
2. Mehr Solidarität
Bessere Versorgung auch in der GKV: Die Kostenübernahme durch die gesetzliche Krankenversicherung bei Sehhilfen und beim Zahnersatz soll schrittweise wieder ausgeweitet und der Schutz hilfsbedürftiger Versicherter vor finanzieller Überforderung verstärkt werden.
Eigenständige Krankenversicherung: Alle Bürger sollen eigenständig krankenversichert und so ab Geburt individuell abgesichert sein.
Einkommensabhängiger Beitrag in einem Fonds: Privat Versicherte sollen künftig wie gesetzlich Versicherte einen einkommensabhängigen Beitrag zahlen. Das Geld fließt dann in einen Fonds, dieser Zuschuss entspricht in der Höhe etwa der Zuweisung, die die gesetzlichen Krankenkassen für vergleichbare Versicherte aus dem Gesundheitsfonds erhalten.
3. Mehr Gerechtigkeit
Bei der Beitragsbemessung sollen Kapitalerträge berücksichtigt werden, um eine gerechte Beteiligung aller an der Finanzierung des Gesundheitswesens zu gewährleisten.
Den endgültigen Beschluss zum Wahlprogramm wollen die Grünen auf ihrem Bundesparteitag Mitte Juni fassen.
Anfang März hatte die SPD bereits ihr Wahlprogramm für die kommende Bundestagswahl vorgestellt. Im Bereich Gesundheit plant sie mit der Einführung der Bürgerversicherung ein „Update für die Gesundheit“. Die Bürgerversicherung soll einen gleich guten Zugang zur medizinischen Versorgung für alle garantieren. Auch die Linken haben Mitte April ihren Programmentwurf zur Bundestagswahl präsentiert. Sie wollen die „Zwei-Klassen-Medizin“ beenden und die Trennung zwischen gesetzlicher und privater Krankenversicherung aufheben.