Von Zahnärztinnen für Zahnärztinnen
Wir möchten die Zahnärztinnen unterstützen, erfolgreich im Job zu sein und die Arbeit mit ihrer Familien- und Lebensplanung zu vereinbaren. Der Zahnärztinnentag als Baustein eines umfangreichen Konzepts soll Möglichkeiten aufzeigen und Anregungen für moderne Arbeitsmodelle liefern“, sagte Dr. Sabine Wagner zu Beginn. Die Vorstandsbeauftragte der KZVWL führte durch die Veranstaltung – eine besondere Herausforderung angesichts der Tatsache, dass rund 150 Teilnehmerinnen auf unterschiedlichen Kanälen zugeschaltet waren.
Schon heute sind über 50 Prozent der KZVWL-Mitglieder bis 50 Jahre weiblich. Bislang habe es bei der KZV jedoch keine besondere Unterstützung oder Beratung für Zahnärztinnen gegeben, berichtete der KZV-Vorsitzende Dr. Holger Seib bei seiner Begrüßung. „Da die möglichen Hemmnisse bei Zahnärztinnen jedoch sehr spezifisch sind, insbesondere wenn es um die Berufsausübung in der Selbstständigkeit geht, haben wir uns entschlossen, ein solches Angebot einzurichten.“ Die Maßnahmen seien Bestandteil eines ganzen Pakets zur zukünftigen Sicherstellung der Versorgung, „bei dem selbstverständlich nicht nur Genderaspekte eine Rolle spielen“, hob Seib hervor.
Bei der Themenauswahl wurde einerseits das Feedback der Pilotveranstaltung berücksichtigt. Zugleich war die neue AG Zahnärztinnen der KZVWL – eine Gemeinschaft von Zahnärztinnen aller Altersklassen mit verschiedensten Arten der Berufsausübungen – stark involviert, um möglichst repräsentativ die Interessen der weiblichen Mitglieder abdecken zu können.
Dürfen und können statt immmer nur müssen
Den ersten Vortrag hielt dieses Jahr Dr. Dr. Astrid Windels-Pietzsch. Sie hatte sich nach dem Zahnmedizinstudium in Münster als Vertragszahnärztin in eigener Praxis in Bochum niedergelassen und nach der Geburt ihres Sohnes Jura studiert. Seit 2005 ist sie als Rechtsanwältin zugelassen und betreut in Dortmund aufgrund der Doppelqualifikation überwiegend Zahnärzte. Auf dem Zahnärztinnentag erläuterte sie den rechtlichen Background bei Schwangerschaften in der Zahnarztpraxis. Wie die vielen Fragen im Nachgang belegen: ein Thema von hoher Relevanz! Sie führte die Teilnehmerinnen durch das Mutterschutzgesetz und die zu beachtenden Hürden. Außerdem stellte sie die unterschiedlichen Rahmenbedingungen für angestellte und selbstständige Zahnärztinnen vor.
Dr. Judith Brockmann ist seit über 15 Jahren selbstständig und Mutter von zwei Töchtern. Nach drei Jahren Assistenz und Anstellung war die Zahnärztin elf Jahre als Partnerin einer Gemeinschaftspraxis tätig. „Einerseits war es eine tolle Symbiose, ich konnte von meinem erfahrenen zahnärztlichen Partner sehr viel lernen. Andererseits war ich nicht ganz frei in meinen Entscheidungen“, bilanziert Brockmann rückblickend. Mit der Übernahme einer Praxis in Lienen-Kattenvenne änderte sich das grundlegend. „Ich muss nicht mehr müssen – ich darf‘s! Ich kann’s!“
Wer da ist, entscheidet auch
Nebst der Entscheidungsfreiheit in der eigenen Praxis sowie im Umgang mit den Patienten und dem Team ist ihr die Vereinbarkeit von Beruf und Familie enorm wichtig. „Jede freie Minute gehört meinen Kindern“, sagt die zweifache Mama. Sie sei damals etwas unfreiwillig aus ihrer Komfortzone gekickt worden und habe sich daraufhin selbstständig gemacht. Nach einer anfänglichen Unsicherheit sei sie jetzt zu 100 Prozent zufrieden mit ihrer Entscheidung. Sie ermutigte die Zahnärztinnen, diesen Schritt zu wagen – sie habe für sich so die maximale Selbstverwirklichung gefunden.
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Die Managerinnen Julia Staudt und Anna-Katharina Schak beschreiben auf zm-online.de, wie Jobsharing auf Führungsebene funktioniert.
Einen auf den ersten Blick etwas fachfremden Vortrag lieferten die Managerinnen Julia Staudt und Anna-Katharina Schak von der Deutschen Bahn, die sich dort eine Leitungsposition teilen. Sie berichteten über ihre „Führung im Tandem“ in Form von Jobsharing und gaben Tipps, wie man das Modell auf die Zahnarztpraxis übertragen kann. Denn für beide hat der geteilte Job eindeutig Vorteile. „Durch die Führung im Tandem wachsen wir als Individuen – und gemeinsam“, berichtete Staudt. Gemeinsame Werte und absolutes Vertrauen seien jedoch eine Grundvoraussetzung. Schak: „Natürlich kann es auch mal sein, dass wir unterschiedlicher Meinung sind – vor anderen stärken wir einander aber immer den Rücken und würden Probleme im Nachhinein unter vier Augen besprechen.“
Es gilt: Wer da ist, entscheidet. Und wer abwesend ist, steht dann mit zu dieser Entscheidung. So kämen Mitarbeiter nicht auf die Idee, die beiden gegeneinander auszuspielen. Wichtig sei bei diesem Konstrukt – egal ob in einem Konzern oder in der Zahnarztpraxis –, den richtigen Partner zu finden, vorab die wichtigsten Spielregeln zu klären und dann fair und im Team zu handeln, ohne für sich auf Informationsvorsprünge aus zu sein. Das Modell sei wie eine Ehe – viel Kommunikation und Feedback seien dabei essenziell.
Eine gemeinsame Leitung ist wie eine Ehe
Schak und Staudt sind jedoch auch der Meinung, dass man die Teampartnerin oder den Teampartner vorab nicht unbedingt gut kennen muss. Ihnen seien auch erfolgreiche Tandems bekannt, die durch eine Art „Matching“ zusammengeführt wurden – wie auf einem Datingportal.
Die Tatsache, dass auch nach dem letzten Vortrag noch zahlreiche Fragen aus dem Publikum und über den Chat hereinkamen, zeigt: Die Themen des Zahnärztinnentages hatten Relevanz und sorgten für Inspiration. „Ein erfolgreicher Tag“, resümierte Wagner zufrieden.
Ann-Kathrin Kampmeier, M. Sc.
Abteilungsleiterin Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Kassenzahnärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe
Hier stellt sich die AG Zahnärztinnen der KZVWL vor: https://www.zahnaerzte-wl.de/pages/zahnarztinnentag-der-kzvwl