Die zm-Kolumne rund um die relevanten Praxisfragen

Entfernen Sie das Unkraut und motivieren Sie Ihren Kellner!

Die Zusammenfassung meiner Antwort würde lauten: Es gibt sehr viele Punkte, an denen Sie Ihren Patienten verlieren können, unabhängig von der Behandlungsqualität. Die bestmögliche Behandlung und die Lösung der Probleme Ihres Patienten sind die Grundvoraussetzungen – aber für den durchschnittlichen Behandelten auch nur das Minimum.

Hart und einfach gesagt: Wenn ich in die Autowerkstatt fahre, erwarte ich auch, dass mein Auto danach wieder heil ist. Darüber hinaus gibt es aber viele Punkte, die für den „Kunden“ stimmen müssen, um ihn zu begeistern – vom Außeneindruck über patientenorientierte Abläufe bis hin zur Digitalisierung. Ich möchte dies anhand eines branchenfremden Beispiels verdeutlichen.

„Herr Ober, die Rechnung bitte“

Stellen Sie sich das folgende, etwas überspitzte Beispiel vor (und klammern Sie dabei bitte die aktuelle Weltsituation aus): Sie planen einen Restaurantbesuch, da Sie schon von mehreren Leuten gehört haben, dass das Essen dort unglaublich gut sein soll. Sie wollen einen Tisch reservieren, müssen dafür allerdings viermal anrufen, da vorher entweder keiner ans Telefon ging oder besetzt war und online leider auch keine Reservierung möglich ist. Nun fahren Sie zum Restaurant und haben einen längeren Fußweg vor sich, da nur wenige Parkplätze für Gäste zur Verfügung stehen. Das Unkraut vor dem Gebäude sehen Sie aufgrund der schlechten Beleuchtung glücklicherweise nicht, außerdem lenkt die Suche nach dem Eingangsschild ab. Sie gelangen nach längerer Wartezeit (trotz Reservierung) an Ihren Tisch, der etwas unbequem ist und leider von einem schlecht gelaunten Kellner betreut wird. Nun wird es spannend: Endlich erhalten Sie Ihr Essen ... Es ist das Beste, was Sie seit langer Zeit gegessen haben! Davon beflügelt drücken Sie ein Auge zu, als Sie die so-lala-saubere Toilette aufsuchen und der Kellner sich zweimal verrechnet, da hier alles noch analog, „nach alter Schule“, gemacht wird. Am nächsten Tag werden Sie gefragt: „Und, wie war es? Ist es zu empfehlen?“

Der komplette Service ist entscheidend

Ob Sie auf die Lieferoption hinweisen oder sich enthalten – 100 Prozent weiterempfehlen werden Sie dieses Restaurant auf keinen Fall. Dafür gab es zu viele Kritikpunkte, die das Erlebnis geschmälert haben. Gnau so muss man sich die Behandlung in einer Zahnarztpraxis vorstellen: Sie ist, wenn man es aus Patientensicht sieht, „lediglich“ das Essen. Der komplette Service drumherum aber entscheidet darüber, ob der Patient Sie weiterempfiehlt, nicht mehr wiederkommt oder sogar im schlimmsten Fall trotz guter Behandlung schlecht über die Praxis spricht. Also entfernen Sie das Unkraut, zeigen Sie stolz Ihr beleuchtetes Schild und motivieren Sie Ihren Kellner.

Ich habe mal ein Schaubild (oben) gezeichnet und jeden Kontaktpunkt eines Kundenerlebnisses bebildert. Das sind schon eine ganze Menge Punkte, die Sie optimieren können.

„Der Köder muss dem Fisch schmecken, nicht dem Angler.“ Diese alte Weisheit bringt es auf den Punkt. Da wir alle betriebsblind werden und daher gewisse Abläufe und Tugenden nicht mehr hinterfragen, ist es wichtig, sich regelmäßig auf die andere Seite zu stellen und die Praxis(-abläufe) aus der Perspektive des Patienten zu sichten. In der Grafik sehen Sie spaltenweise den Ablauf Ihres „Gastes“ – von der Terminfindung über die Behandlung bis zur Weiterempfehlung. Spielen Sie es einfach mal durch und seien Sie selbst Ihr nächster Neupatient – und stellen sich folgende Fragen:

Seien Sie doch mal Ihr eigener Patient

  • Praxis finden – Wie wird man auf Sie aufmerksam? Sind Sie online und offline gut auffindbar und bestmöglich präsentiert?

  • Termin bekommen – Wie leicht ist es, bei Ihnen einen Termin zu erhalten? Muss man dafür anrufen?

  • Beschilderung – Finde ich die Praxis gut? Gibt es Wegeleitsysteme und eine auffällige, repräsentative Außenwirkung?

  • Wartezimmer und Entertainment – Bieten Sie dem Patienten eine angenehme Wartezeit durch Verpflegung und Unterhaltung? Sind Sie im Kommunikationsaustausch, sollte es mal länger dauern?

  • Verabschiedung – Erhält der Neupatient entsprechende Infos (Broschüre/Flyer) und „Bauchpinselei“ in Form von Give-aways? Werden immer Folgetermine definiert?

  • Weiterempfehlung – Belohnen Sie Empfehler? Sorgen Sie für regelmäßige Präsenz im Kopf des Patienten?

Diese Liste könnte ich noch viel detaillierter aufschlüsseln und auch die Grafik noch um weitere Punkte ergänzen, aber so ist erst einmal gut nachvollziehbar, warum Sie zusätzlich zum Anspruch an eine bestmögliche Behandlung als „Gastwirt“ dem Gast eine rundum gelungene Erfahrung bieten sollten. Denken Sie immer daran, dass kaum ein Patient fachliche Qualifikationen bewerten kann, daher ist die komplette „journey“ für die Zufriedenheit so wichtig. Wenn Sie das geschafft haben, dankt es Ihnen der Patient mit Begeisterung – und diese zieht immer Empfehlungen nach sich.

Ein gutes QM kommt auch beim Patienten an

Da theoretisch alle Faktoren einer Praxis irgendwie auf den Patienten „einzahlen“, ist es wichtig zu wissen, welche Prioritäten man setzt und dass man sich bewusst ist, welche Vorteile man dadurch hat. Beispielsweise ist es wichtig, sich als guter Arbeitgeber zu positionieren, um an entsprechendes Personal zu kommen. Sind Sie ein guter Arbeitgeber? Das wissen die meisten nicht. Das gilt es in Erfahrung zu bringen – um im Zweifel auch ein guter Arbeitgeber zu werden. Dass sich dies positiv auf die Patienten auswirkt, weil sie in der Öffentlichkeit sehen, wie gut man sich ums eigene Team kümmert, vergisst man leicht.

Genauso verhält es sich mit Praxisabläufen wie QM oder auch Datenschutz. Wenn ich einen professionellen und wasserdichten Umgang und festgelegte Verhaltensweisen mit dem Patienten habe, fühlt er sich besser umsorgt. Liegt mir der Schutz seiner Daten am Herzen, fühlt sich der Patient wertgeschätzt. Daher ist es besonders in diesen Bereichen wichtig, möglichst effizient und digital zu arbeiten, um dieses Fundament bereits für seine „Gäste“ geschaffen zu haben. Auch wenn es bürokratische und daher nervenzerrende Themen sind – sie sorgen für optimierte Abläufe und dies wiederum für zufriedenere Patienten und Mitarbeiter.

Fazit

Werden Sie gedanklich Gastronom! Gehen Sie alle Kontaktpunkte des Patienten zu Ihnen durch, schreiben sie diese auf (gern mithilfe der Grafik) und optimieren Sie jeden Schritt. Der Neupatient wird es ihnen durch Loyalität danken, wenn sie es schaffen, die Servicekultur zu optimieren. Überlegen Sie zusätzlich, was Ihnen bei einem Arztbesuch wichtig ist und ob Sie diese Dinge selber so anbieten. Was banal klingt, habe ich schon häufig gegenteilig erlebt – und das ist ganz normal, da die meisten Menschen automatisch einen Tunnelblick bekommen. Haken Sie möglichst viele Punkte der „customer journey“ ab und gehen Sie mit möglichst digitalisierten Praxisabläufen in die Zukunft. Ihre „Wiederholungstäter“ werden es Ihnen danken!

In diesem Sinne ...
Ihr Christian Henrici

zusammen mit Marc Barthen,
Mitglied im Praxisflüsterer-Team

Henrici@opti-hc.de,www.opti-hc.de

Christian Henrici

Dipl. Kfm. Christian Henrici ist seit 2006 Gründer und Geschäftsführer der OPTI health consulting GmbH, die nach eigenen Angaben seit 2006 rund 3.000 Zahnarztpraxen in Deutschland beraten hat. Henrici ist Lehrbeauftragter und Referent für Controlling, Personal und Businessplanung. Als Autor erschien von ihm im Quintessenz-Verlag das Buch „Wer braucht schon gutes Personal? – Erfolgreich führen in der Zahnarztpraxis“. Christian Henrici schreibt Fachbeiträge zu den Themen Betriebswirtschaft, Organisation und Führung & Personal in der Zahnarztpraxis und seine regelmäßige Kolumne in den zm.

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